Gier
beleidigt hatte. »Mach ihn bloß nicht wütend«, hatte Ivan gesagt, »beobachte nur, lerne und tu, was er sagt.« Sugarfoot versuchte, Bauers Augen zu begegnen.
Plötzlich lächelte Bauer, seine Gesichtsmuskeln entspannten sich leicht und er sagte: »So. Sie sind also hier, um mir bei dem Problem Ihres Bruders zu helfen.«
Sugarfoot räusperte sich. »Ivan sagte, die Tante im Calamity Jane’s hat was abgegriffen.«
Bauer nickte. »Kommen Sie, setzen Sie sich einen Moment. Möchten Sie etwas trinken.«
Überrascht, sagte Sugarfoot: »Haben Sie Corona?«
»Corona?« fragte Bauer schwarzseherisch.
»Yeah, wissen Sie, das ist ein Bier.«
»Tut mir leid, nein.«
»Na gut, dann eben Foster’s, irgendwas«, sagte Sugarfoot.
Bauer rief: »Placida!«
Sugarfoot hörte Schritte. Er blickte den Flur entlang in den hinteren Teil des Hauses. Eine junge, dunkelhaarige Frau erschien. Sie wirkte bescheiden, unterwürfig und war außerordentlich wortkarg.
»Eine Flasche Bier für unseren Gast. Ich nehme ein Mineralwasser.«
Die Frau verschwand, und Sugarfoot ging mit Bauer in ein Wohnzimmer. Der Teppich hatte eine düstere Farbe, die Vorhänge waren dick. Eine massive Anrichte stand einer Gruppe schwarzer Ledersessel gegenüber. Es gab weder Bücher noch Bilder, nur ein Jagdmagazin auf einem niedrigen Glastisch.
Sugarfoot dachte über die Frau nach. Von Ivan wußte er, daß Bauer sie über einen Katalog heiratswilliger Frauen bestellt hatte. Sie war eher Dienstmädchen als Ehefrau. Bauer hatte sie hier mit der Option weggeschlossen, daß er sie jederzeit für ein paar Dollar zu ihrer Familie zurückschicken konnte. Ivan vermutete, daß Bauer sich wieder das Leben schuf, das er in Südafrika geführt hatte, ohne das Risiko, unsittlicher Handlungen bezichtigt zu werden. Sugarfoot konnte Ivan in diesem Punkt nicht mehr folgen: Das klang alles sehr kompliziert, wie etwas aus Sixty Minutes.
Er sah Bauer an. »Wie glauben Sie, werden Sie’s machen?«
»Was machen?« fragte Bauer.
»Der Frau Angst einjagen«, sagte Sugarfoot.
Bauer hob seine Hand. »Einen Moment.« Er sah zur Tür. »Stell die Getränke auf den Kaffeetisch. Du darfst in der Küche Radio hören.«
Mein Gott, dachte Sugarfoot. Die arme Sau.
Als Placida gegangen war, sagte Bauer: »Wir werden hingehen und mit ihr reden.«
Mehr sagte er nicht. Schnell trank Sugarfoot sein Bier, er wollte das hier hinter sich haben. Mit den Bauers dieser Welt sitzt man nicht unbedingt bei einem Bier und plaudert.
Er fand das alles etwas undurchsichtig. Er wußte, daß Bauer für das Syndikat in Sydney arbeitete, daß er seine Finger in verschiedenen Torten hatte – Drogen, Glücksspiel, Geldwäsche, Schuppen wie das Calamity Jane’s – aber es gelang ihm nicht herausbekommen, wie die Befehlsebenen aufeinanderfolgten. Bauer war irgendwie im Amt, aber man konnte nicht unbedingt behaupten, daß Ivan ein Mitglied seines Stabes war. Ivan hatte Geld bei ihnen investiert und managte einige ihrer Geschäfte. Die einzige Erklärung, die Ivan ihm gegeben hatte, war, daß in diesem Metier die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut, und man keine Fragen stellt.
Sugarfoot stellte sein Glas ab. Sofort sagte Bauer:, »Wir werden jetzt aufbrechen.«
Sie nahmen Sugarfoots Customline. Als sie sich durch die Straßen von St. Kilda schlängelten, ließ Sugarfoot ein paar Erklärungen ab, über den V8 Motor, die Restaurierungsarbeit, wohin man gehen mußte, um etwas verchromen zu lassen, aber Bauer ging nicht darauf ein.
Deshalb kam er wieder auf das Calamity Jane’s zu sprechen, versuchte, sich der Sache von der Seite zu nähern. »Da gab’s mal diesen Schwachkopf«, sagte er, »den ich mir vor ein paar Jahren vorgenommen habe, bevor ich mit Ivan gearbeitet habe. Jedenfalls hat er gedroht, zu den Bullen zu laufen. Ich sagte zu ihm: Erwähne meinen verdammten Namen, Kumpel, und du bist tot. Wenn du zur Polizei gehst, komme ich in dein Schlafzimmer und töte dich, während du schläfst. Damit zu leben, daß du zu Bett gehst und nicht weißt, ob du den Morgen erlebst, das macht einem angst. Ich komme, ich brenne dich und deine ganze Familie ab, ich, höchstpersönlich. Dich, sagte ich, deine Töchter, besonders deine Töchter und die Schlampe, mit der du verheiratet bist, jeden einzelnen von euch. Ich sagte, irgendwann mußt auch du schlafen, du kannst nicht zwölf Monate im Jahr wach bleiben. Denk darüber nach. Was ist dir wichtiger, deine Zahlungen aufrechtzuerhalten oder eines
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