Gier
entspannen. Ein Kerl wie ich weiß ganz gerne, mit wem er zusammenarbeitet.«
Wyatt sprach ruhig, die Worte klangen flach und kalt. »Laß mich im Stich, und ich bringe dich um. Du würdest das gleiche mit mir tun. Das ist alles, was wir über einander wissen müssen.«
Pedersen musterte Wyatt, nickte wissend. Es war seine Art zu sagen, daß er Wyatt aber nicht in allem zustimmte.
Wyatt schwang sich auf den Fahrersitz. »Wir haben noch viel zu tun.«
Pedersen schloß die Garagentür hinter ihnen, stieg auf den Beifahrersitz und setzte sich dicht an die Tür. Wortlos faltete er den Stadtplan auseinander und begann, alternative Routen zwischen Finns Kanzlei und ihrem Unterschlupf auszuarbeiten.
Wyatt sagte: »Wenn möglich, vermeide große Kreuzungen, Rechtskurven, Zebrastreifen, Straßenarbeiten.«
Pedersen sah nicht auf. »Ich mache das nicht zum ersten Mal.«
»Mach dir Notizen und einen Zeitplan, für jeden Streckenabschnitt, die Dauer von Ampelphasen, alles.«
Pedersen zog seinen Ärmel hoch, eine Timex wurde an seinem breiten Handgelenk sichtbar. Er schrieb die Zeit auf, zehn Uhr.
Der Verkehr war mittel bis stark. Wyatt fuhr die St. Kilda Road entlang, bog dann in die Toorak Road. Er kreuzte die Punt Road und die Chapel Street, bog rechts in die Seitenstraße, die zum Quiller Place führte und parkte vor der Einmündung.
»Wir können eine der beiden Hauptstraßen nehmen«, sagte Pedersen. »Entweder fahren wir den Weg zurück, den wir gekommen sind, oder über die Commercial Road. Auf beiden Strecken gibt es Ampeln und Straßenbahnen. Um auf die Commerical zu kommen, müßten wir rechts abbiegen, und wenn wir auf der St. Kilda Road zurückfahren, auch.«
»Nebenstraßen?«
Pedersen sah auf die Karte. »Die meisten sind Einbahnstraßen. Wir müssen die richtigen heraussuchen.«
Wyatt mochte Nebenstraßen nicht. Das bedeutete Stop-Schilder, Kreisverkehr, Buckel zur Geschwindigkeitsreduzierung, Leute, die aus Auffahrten zurücksetzten. Er sagte: »Wir versuchen zuerst die Hauptstraßen.«
Während der nächsten zwei Stunden nahmen sie zweimal die Zeiten auf den Hauptstraßen, zuerst mit verhaltener Geschwindigkeit, dann gaben sie Gas. Wyatt berechnete Ampeln, Straßenbahnen, Lücken im Verkehr im voraus. Pedersen las die Karte, hielt nach Streifenwagen Ausschau – und nach Sugarfoot Younger.
Die Straßenbahnen machten ihnen mit dem ewigen Aus- und Einsteigen der Fahrgäste einen Strich durch die Rechnung. Frustriert beobachteten sie, wie sich kleine Autos daran vorbeimogelten, während ihr großer Van nutzlos im Leerlauf stand und darauf wartete, daß die Straßenbahnen weiterfuhren. In der Toorak Road manövrierten Matronen in Pelzmänteln ihre Rolls-Royce und es gab Lieferwagen, die in zweiter Reihe vor den Boutiquen parkten. In der Chapel Street huben Straßenarbeiter Gräben aus.
»Wir haben keine andere Wahl«, sagte Wyatt. »Es müssen Nebenstraßen sein.«
Pedersen sah auf die Karte, und sie versuchten es noch einmal. Gegen Mittag hatten sie ihre Route. Es war ein Kompromiß, sie benutzten die Hauptstraßen und ein System von engen Wohnstraßen. Nach drei Durchläufen hatte Wyatt die Dauer der Fahrt auf zwölf Minuten reduziert. Pedersen, der so lange schlecht gelaunt gewesen war, grinste plötzlich. »Trockenen Fußes zu Hause, bevor sie auch nur den Alarm anschalten.«
Wyatt zog die Handbremse. »Zwölf Uhr fünfzehn. Zeit für deine Schicht.«
Das Grinsen verschwand. »Immer auf Achse, Wyatt, stimmt’s?«
Achtundzwanzig
Am Freitag wechselten sie wieder die Schichten. Wyatt nahm die erste und sah zu, wie das Geld ankam.
Zwei Männer brachten es in einer Aktentasche, am späten Vormittag, so wie Anna gesagt hatte. Vom Fahrersitz eines gemieteten Datsuns beobachtete er, wie sie in einem dreckbespritzten weißen Falcon ankamen, zwei Männer in Tweedjacketts, gelbe Bauhelme auf der hinteren Ablage. Sie blieben fünf Minuten, und als sie herauskamen, hatten sie einen genervten Gesichtsausdruck.
Hobba beschattete bis zwei Uhr, Pedersen bis vier, diesmal zu Fuß. Um fünf vor vier kamen Wyatt und Hobba im Van. Pedersen kletterte nach hinten und zog einen Overall an. Er berichtete ihnen, daß Finn gerade von seiner Kaffeepause zurückgekehrt war. Und er hatte einen Klienten hineingehen sehen.
Um vier Uhr zwölf schlugen sie zu.
Jeder, der auf dem Bürgersteig vorbeigegangen war, mochte einen weißen Firmenwagen gesehen haben, der in die Auffahrt des Quiller Place Nr. 5 gefahren war. Drei
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