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Gilbert, Elizabeth

Gilbert, Elizabeth

Titel: Gilbert, Elizabeth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Love Pray Eat
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Fortbildungsinstitute
ein (anderweitig auch als Abendschule für geschiedene
Frauen bekannt).
    Aber ich liebte es. Jedes Wort war ein tschilpender Spatz,
ein Zauberkunststück, eine Trüffel für mich. Nach dem Kurs stiefelte ich durch
den Regen nach Hause, ließ mir ein heißes Bad ein, lag im Schaum und las mir
laut aus meinem italienischen Wörterbuch vor, lenkte mich ab von meinem Scheidungsstress
und meinem Herzschmerz. Die Wörter ließen mich entzückt auflachen. Mein Handy
begann ich il mio telefonino (»mein klitzekleines Telefon«) zu
nennen. Ich entwickelte mich zu einem dieser nervigen Zeitgenossen, die
ständig Ciao! sagen. Nur war ich besonders
nervig, da ich stets erklärte, woher das Wort Ciao eigentlich
kam. (Falls es Sie interessiert: Es ist die Verkürzung einer Wendung, die die
mittelalterlichen Venezianer als galanten Gruß gebrauchten: Sono il
tuo schiavo! Was so viel heißt wie: »Ich bin dein Sklave!«) Wenn ich
diese Worte nur ausspreche, fühle ich mich schon sexy und glücklich. Ich solle
mir deswegen aber keine Sorgen machen, meinte meine Scheidungsanwältin; sie
habe eine Mandantin (koreanischer Herkunft) gehabt, die nach einer Scheidung
ihren Namen italianisieren ließ, nur um sich wieder sexy und glücklich zu
fühlen.
    Vielleicht zog ich ja doch noch nach
Italien ...
     
    7
     
    Die andere wichtige Sache, die sich in meinem Leben tat,
war das neu entdeckte Abenteuer spiritueller Disziplin. Unterstützt und
begünstigt durch die Begegnung mit einem leibhaftigen indischen Guru - eine
Begegnung, für die ich David stets zu Dank verpflichtet sein werde. Mit meinem Guru
war ich schon bekannt geworden, als ich David zum ersten Mal besuchte.
Irgendwie verliebte ich mich in beide gleichzeitig. Ich marschierte in Davids
Wohnung, sah auf seiner Kommode das Bild einer strahlend schönen Inderin
stehen und fragte: »Wer ist das?«
    »Das ist meine geistige Führerin«, erwiderte er.
    Für einen kurzen Moment setzte mein Herz aus, stolperte
dann voll über sich selbst und landete auf dem Bauch. Dann rappelte es sich
wieder auf, atmete tief durch und verkündete: Ich will
eine geistige Führerin. Und ich meine damit buchstäblich,
dass es mein Herz war, das das gesagt hat, indem es
durch meinen Mund sprach. Ich spürte diese merkwürdige Gespaltenheit in mir,
mein Geist trat für einen Augenblick aus meinem Körper heraus, wirbelte herum,
um erstaunt mein Herz anzusehen und stumm zu fragen: Ist das
wahr?
    Ja, erwiderte mein Herz. £5 ist wahr. Dann fragte mein Geist mein Herz
ein wenig sarkastisch: Seit wann?
    Aber ich kannte die Antwort schon - seit jener Nacht auf
dem Badezimmerfußboden.
    Mein Gott, wie sehr ich mir eine spirituelle Führerin
wünschte! Sofort malte ich mir aus, wie es wohl wäre, eine zu haben. Ich
stellte mir vor, dass diese strahlend schöne Inderin ein paar Abende pro Woche
zu mir käme und wir zusammensitzen und Tee trinken und über das Göttliche sprechen
würden, und sie gäbe mir Bücher zu lesen und würde mir erklären, was die
seltsamen Gefühle zu bedeuten hatten, die ich während des Meditierens verspürte
...
    Diese Fantasien waren im Nu weggefegt, als David mir von
dem internationalen Renommee dieser Frau erzählte, von ihren unzähligen
Schülern - von denen viele sie noch nie in ihrem Leben von Angesicht zu
Angesicht gesehen hatten. Aber, sagte er, jeden Dienstag träfen sich hier in
New York die Anhänger der Meisterin, um gemeinsam zu meditieren und zu chanten.
»Wenn du bei der Vorstellung, mit mehreren Hundert Leuten in einem Raum zu
sitzen, die Gottes Namen auf Sanskrit chanten, nicht zu sehr ausflippst«, meinte
David, »kannst du ja mal mitkommen.«
    Ich begleitete ihn am darauf folgenden Dienstagabend. Weit
entfernt davon, wegen dieser völlig normal wirkenden Leute, die da Gott singend
lobpreisten, auszuflippen, spürte ich vielmehr, wie sich meine Seele im Gefolge
dieses Chantens in die Höhe schwang. Als ich an diesem Abend nach Hause ging,
war mir, als würde die Luft durch mich hindurchstreichen, als wäre ich ein
sauberes Leintuch, das auf einer Wäscheleine flattert. Fortan ging ich jeden
Dienstag zum Chanten. Dann meditierte ich allmorgendlich über das uralte
Sanskritmantra, das die Meisterin all ihren Schülern aufgibt (das königliche Om Namab
Shivah, was so viel heißt wie: »Ich ehre die Gottheit, die in mir
wohnt«). Und als Nächstes fuhr ich zu den Ashrams, die sie im Norden des
Bundesstaats New York betreibt. Dort hörte ich die

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