Gildenhaus Thendara - 7
leidenschaftlichen Umarmung mit einem Mann, daß es beinahe wie ein Kampf wirkte. Beide waren vollständig bekleidet, aber aus ihren Bewegungen ließ sich unschwer schließen, was sich abspielte. Magda wandte sich verlegen ab und kehrte zu der Bank zurück, auf der immer noch ein paar Frauen saßen.
Camilla gähnte und bedeckte den Mund mit einer schmalen Hand. „Wir müssen zurück ins Gildenhaus”, sagte sie. „Die Monde gehen unter, und Keitha und du, Kind, ihr sollt bei Sonnenaufgang zu Hause sein” Sie lachte. „Ich darf ausbleiben, solange ich will - aber mittlerweile geht mein einziger Wunsch nach meinem bequemen Bett.”
Die Eigentümer des Weinlokals entfernten unauffällig alle Bänke, sobald sie leer wurden, und stapelten sie. Man sah, daß sie gern Feierabend gemacht hätten. Wenn Gardisten vom Tanz kamen und keine Sitzgelegenheit mehr fanden, schlenderten sie davon. Die Gruppe der Frauen teilte sich noch eine letzte Karaffe Wein. Rafaella kam zu Camilla, die mit Magda und Keitha am Tisch saß. Marisela wechselte ein paar Worte mit einem jungen Mann und gab ihm zum Schluß einen mütterlichen Kuß, so daß Magda vermutete, er sei ein Neffe oder so etwas. Rafaellas Gesicht glühte, ihr Haar war zerzaust, die Verschnürung ihrer Jacke stand offen. Sie beugte sich über Camilla und flüsterte ihr etwas zu, und Camilla klopfte ihr die Wange.
„Amüsiere dich, breda. Aber paß auf!”
Rafaella lächelte - Magda sah, daß auch sie ein bißchen betrunken war und ging Arm in Arm mit dem Mann von vorhin davon. Keithas Augen waren so groß wie Untertassen. Janetta lehnte sich von der nächsten Bank herüber und sagte: „So eine Frechheit! Ein derart unanständiges Verhalten bringt Schande über alle Entsagenden; es kommt noch so weit, daß man uns für Huren hält! Ich wollte, wir lebten in der guten alten Zeit, als keine Entsagende bei einem Mann liegen durfte, oder ihre Schwestern hätten sie hinausgeworfen”
„Oh, nicht so hitzig” Marisela kehrte an den Tisch zurück. „Damals wurden wir als Liebhaberinnen von Frauen beschimpft, als Verführerinnen ehrbarer Ehefrauen und Töchter. Es hieß, wir lockten Kinder von ihren Eltern weg, weil wir keine eigenen hätten. Es können nicht alle Frauen so leben wie du, Janetta, und niemand hat dich zur Bewahrerin von Rafis Gewissen bestellt” „Wenigstens könnte sie so etwas in anständiger Zurückgezogenheit tun und nicht vor der halben Stadt Thendara”, rügte Janetta. Marisela lachte und sah über den völlig verlassenen Platz hin.
„Ich glaube, man will uns beibringen, daß wir gehen sollen. Aber wir haben den Wein bezahlt, und was mich betrifft, so bleibe ich hier sitzen, bis er ausgetrunken ist.” Sie hob ihr Glas. „Du hast leicht reden, Janetta, du bist nie auf diese Weise versucht worden, und um der Liebe Evandas willen erspare mir deine nächste Predigt, in der du die Frau, die bei einem Mann liegt, eine Verräterin an ihren Schwestern nennst. Du hast sie mir schon zu oft gehalten, und sie leuchtet mir heute nicht mehr ein als beim ersten Mal. Mich kümmert es nicht, ob du oder sonstwer bei Männern, Frauen oder willigen cralmacs liegt, und deshalb brauche ich mir keine Diskussion darüber anzuhören, wenn ich schlafen oder in Ruhe meinen Wein austrinken will” Sie hob ihr Glas und nahm einen Schluck.
Auch ich stimme mit Janetta ebenso wenig überein wie früher, dachte Magda. Und trotzdem sitze ich hier mit einer Frau, die meine Liebhaberin ist und um deretwegen ich mich heute nacht einem Mann versagt habe. Doch als Rafaella mit einem Mann fortgehen wollte, hatte Camilla nur gelacht und ihr ein paar freundliche Worte gesagt. Und warum auch nicht? Magda griff nach ihrem eigenen Glas, als sie eine Stimme sagen hörte: „Margali.. ” Sie blickte hoch und in die Augen von Peter Haldane. Er trug darkovanische Kleidung. Bestimmt hätte niemand außer Magda in ihm den jungen Terraner erkannt, der heute nacht mit der Delegation aus dem HQ am Mittsommer-Ball in der Comyn-Burg teilgenommen hatte. Camilla sagte zu Magda: „Trink aus, Kind, ich bin gleich wieder da” Zusammen mit Marisela und Mutter Lauria wanderte sie zu der Latrine hinten im Garten des Weinlokals. Peter nahm gegenüber von Magda Platz. Sie hatte ihn noch nie so betrunken gesehen.
In der Sprache von Caer Donn meinte sie: „Piedro, ist das klug?” „Zum Teufel mit der Klugheit”, gab er zurück. „Ich habe um mein Leben gekämpft. Montray war wild entschlossen, mich mit dem im
Weitere Kostenlose Bücher