Gildenhaus Thendara
und was sie verlangen?”
Magda war froh, daß der Vorschlag von Jaelle statt von ihr gekommen war, obwohl sie bei dem Gedanken daran, daß eine Agentin des Imperiums hier im Gildenhaus rekrutierte, lächeln mußte. Nun, warum nicht? Es gab hier Frauen, die von der terranischen Ausbildung profitieren würden. Zum Beispiel konnte sie sich Rafaella gut als Kapitänin eines Sternenschiffs vorstellen.
„Ich werde darüber nachdenken, und das ist alles, was ich im Augenblick dazu sagen kann”, erwiderte Mutter Lauria. „Einen Besuch würde ich dort wirklich gern machen. Und jetzt muß ich euch beide ins Bett schicken” Auf dem Flur wandte Jaelle sich schüchtern an Magda. „Es macht dir doch nichts aus? Rafaella nahm als selbstverständlich an, daß ich als deine Eidesmutter es vorziehen würde, in deinem Zimmer zu schlafen…” „Von mir aus geht das in Ordnung” Magda dachte an die vielen Nächte, die sie und Jaelle unterwegs miteinander verbracht hatten. Als sie in ihrem Zimmer allein waren, erkundigte sie sich: „Und Peter? Geht es ihm gut?” „O ja, ausgezeichnet” Jaelle war in ein brütendes Schweigen verfallen, das Magda ungern störte. Sie suchte ein Nachthemd für Jaelle heraus; es war viel zu lang, und Jaelle wirkte darin wie ein Kind in den Sachen seiner Mutter. Sie setzte sich auf den Bettrand und sagte: „Das erinnert mich an den Tag, als ich hierherkam. Es gab keine Kinder im Haus, und Kindra fand nichts, was mir paßte. Ich habe nähen gelernt, indem ich alles für meine Größe kleiner machte”
„Wie alt warst du damals, Jaelle?”
„Oh, elf… dreizehn… so ungefähr. Ich weiß es nicht mehr genau” „Wo bist du geboren?” fragte Magda. Jaelle runzelte die Stirn und antwortete kurz: „Shainsa. So hat man es mir wenigstens erzählt; ich selbst erinnere mich an gar nichts mehr. Deine Terraner haben mich bereits bedrängt, ich soll ihnen erlauben, daß sie mich mit einer ihrer Maschinen hypnotisieren, damit ich ihnen alles erzähle, was ich im Kopf habe. Aber ich will mich nicht erinnern - darum habe ich es ja vergessen”
„Ich weiß nicht einmal, wo Shainsa liegt. Ist das nicht eine der Trockenstädte?”
„Ja. In der Wüste jenseits von Carthon”, antwortete Jaelle widerwillig. „Ich hatte vor dem Abendessen keine Zeit mehr zum Baden. Jetzt will ich sehen, ob ich eine freie Wanne finde”
Sie machte sich auf den Weg ins Gemeinschaftsbad, und Magda, die trotz ihres langen warmen Nachtgewands fröstelte, kroch ins Bett und unter die zusätzlichen Decken, die sie organisiert hatte. Ihre Füße waren wie Eis; sie steckte sie abwechselnd hinter die Kniekehlen und fragte sich, warum die Heißwasser-Wärmflasche auf Darkover nie erfunden worden sei. Vielleicht könnte ich eine Wohltäterin der Menschheit werden und sie einführen, überlegte sie verschwommen. Warum brauchte Jaelle so lange? War sie in der Wanne eingeschlafen? Magda wachte nicht auf, als Jaelle im Dunkeln hereinkam und über sie weg an die Wandseite des Bettes kroch. Eingelullt von den vertrauten nächtlichen Geräuschen des Hauses und dem Duft der mit Süßgras gestopften Matratze sank Jaelle in den tiefsten Schlaf seit ihrem Einzug in die terranische Zone.
Magda träumte. Sie war unten im Waffensaal - oder war es der große Ballsaal auf Ardais, wo sie zu Mittwinter getanzt hatte? Lady Rohana hatte kurzgeschnittenes Haar wie eine Amazone, und Peter
war auch da, aber sie mußten über den Scaravel-Paß, bevor es zu schneien begann, und er bestürmte sie immerzu, sie solle den Ballsaal mit ihm verlassen. Aber jetzt gehörte Peter zu Jaelle, und er hätte nicht versuchen dürfen, sie zu überreden. Schließlich trat sie mit ihm auf den Balkon hinaus, und der Balkon war zu dem Damm geworden, der zu der Räuberfestung Sain Scarp führte, und Rumal di Scarp war dort. Deshalb zog Magda ihr Messer und verteidigte die Stufen vor dem Haus gegen ihn. Ihr Schwert bewegte sich wie aus eigenem Willen, es schützte Peter vor seinem Angriff, und sie focht weiter und weiter, ohne auf die Geste zu achten, mit der Rumal di Scarp sich ergab, obwohl sie wußte, daß sie ihre Ehre als Amazone befleckte. Sie hieb und stach, bis er in einer Blutlache tot zu ihren Füßen lag. Der Schnee, der durch den Paß getrieben wurde, verwandelte sich in einen stechenden Sandsturm, und im Schatten eines großen Felsens sah sie die Blutlache, die die Wüste im Licht der aufgehenden Sonne rot färbte, und sie schrie und schrie…
Mit einem Ruck wachte sie
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