Gildenhaus Thendara
und gab einen Krug mit Eingemachtem an Magda weiter, die sich etwas auf ihr Brot strich und wünschte, sie könne ihre Empfindungen einfach mit einem Kater erklären.
„Nun, wir müssen uns entscheiden”, meinte Lauria entschlossen und leerte ihren Becher mit Tee. „Ich bin der Meinung, Marisela sollte die erste sein” „Dem stimme ich zu, und ich zweifele nicht daran, daß sie die Terraner ebenso viel lehren wird, wie sie von ihnen lernt”, antwortete Cholayna. „Kann sie denn hier entbehrt werden?”
„Wahrscheinlich nicht, und trotzdem muß sie diese Chance bekommen”, sagte Mutter Lauria. „Keitha kann ihre Arbeit übernehmen und später zu den Terranern gehen. Ich hätte gern Janetta dabei - Margali, bist du wirklich so schläfrig? Soll ich dich ins Bett zurückschicken?”
„O nein”, sagte Magda schnell. Sie hatte für einen Augenblick den Eindruck gehabt, Marisela stehe in einer Ecke des Büros und höre ihren Überlegungen zu, und gleichzeitig wußte sie, daß Marisela oben in ihrem Bett lag und sich halb im Schlaf fragte, wie lange sie diese köstliche Ruhe noch genießen könne, bevor irgendwer auf der Suche nach einer Hebamme kam und sie weckte. Sie war nicht allein im Bett, und Magda zog sich zurück, weil sie gar nicht wissen wollte, wer bei ihr war. Hastig erklärte sie: „Janetta ist zu starr in ihren Ansichten. Ich glaube nicht, daß sie sich den terranischen Sitten anpassen könnte”
„Sie ist intelligenter, als du annimmst”, gab Mutter Lauria zu bedenken. „Hier hat sie wenig, was eine Herausforderung für ihren Verstand darstellt. Ich hatte gehofft, sie nach Arilinn schicken zu können, aber aus ihr würde nie eine Hebamme werden, dafür hat sie mit Frauen zu wenig Mitgefühl. Sie selbst will keine Kinder haben, weil sie die Präliminarien verabscheut. Und eine andere Möglichkeit, etwas zu lernen, gibt es nicht für sie. Nevarsin bildet keine Heiler-Priesterinnen aus. Sie ist außerordentlich klug, zu klug für die meisten Tätigkeiten, die normalen Frauen, auch Amazonen, offenstehen. Sie hat kein Interesse für den Soldatenberuf und auch nicht die nötige körperliche Kraft. Ich glaube, daß sie Euch von großem Nutzen sein würde, und was sie lernt, wäre wiederum von hohem Wert für uns” Magda war immer noch skeptisch, und Mutter Lauria fuhr fort: „Du kennst Jannis Geschichte nicht. Sie stammt aus einem Dorf, wo ihre Mutter als Witwe mit sieben Kindern zurückblieb. Da sie keine andere Fähigkeit besaß, um die Kinder zu ernähren, wurde sie eine Hure. Sie zwang Janetta zu ihrem Gewerbe, noch ehe das Mädchen zwölf war. Ein oder zwei Jahre lang war Janni zu jung und zu schüchtern, um sich zu widersetzen. Dann lief sie fort und kam zu uns”
Camilla hatte es einmal gesagt; jede Entsagende hatte ihre eigene Geschichte, und jede Geschichte war eine Tragödie. Womit habe ich meinen Platz unter ihnen verdient?
„Dann ist da eine junge Frau namens Gwennis”, sagte Mutter Lauria. „Sie ist im Augenblick in Nevarsin und kopiert Schriftrollen, die im Besitz der Brüder sind - kennst du sie nicht, Margali?”
„Ich kenne sie nicht gut genug, um sie zur Ausbildung bei den Terranern empfehlen zu können”, antwortete Magda, „aber sie ist meine Eidesschwester - sie gehörte zu der von Jaelle angeführten Gruppe” „Ich halte sie für eine gute Wahl”, betonte Mutter Lauria, „allein schon wegen der Tatsache, daß sie sich zu der Arbeit in Nevarsin freiwillig gemeldet hat. Und vielleicht Byrna; sie hat einen forschenden Verstand ganz zu schweigen davon, daß sie sich immer noch grämt, weil sie ihr Kind weggeben mußte, und es wäre für sie ein Segen, wenn sie etwas Neues zum Nachdenken bekäme. Cholayna… ” - sie benutzte den Namen der terranischen Frau zögernd - „… habt Ihr eine Vorstellung davon, wie alt diese Frauen etwa sein sollten?”
„Darauf kommt es eigentlich nicht an”, sagte Cholayna. „Vielleicht sollten sie nicht zu jung sein. Bei Euch, so habe ich gehört, wird jungen Menschen früher Verantwortung übertragen als bei uns. Doch wenn die Imperiumsleute sie als bloße Kinder betrachten, werden sie sie vielleicht nicht ernst genug nehmen. Also sagen wir, nicht jünger als zwanzig” „So alt?” wunderte sich Mutter Lauria. Magda fiel ein, daß Irmelin zu den größten Leseratten im Haus gehörte. Die meisten ihrer Mußestunden verbrachte sie mit Lesen, und manchmal schrieb sie auch etwas für Mutter Lauria. Deshalb schlug Magda sie vor.
„Ich
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