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Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Pflicht ihnen gegenüber sprach. Aber sie hatte ein merkwürdiges Gefühl dabei, als spreche Cholayna nicht nur in Worten, sondern kommuniziere auf einer höheren Ebene mit ihr. Sie wußte plötzlich Dinge, die Cholayna ihr nicht erzählt hatte, sich niemals im Traum einfallen ließe, ihr zu erzählen, Dinge, deren sich Cholayna selbst nicht vollständig bewußt war, und es entsetzte Magda, soviel über ein menschliches Wesen zu wissen. Ihr Geist steht weit offen, dachte sie - ohne sich ganz klar darüber zu sein, was sie damit meinte -, und meiner auch. Sie spürte die Müdigkeit in dem langen, schmalen Gesicht und dem mageren Körper, den Schmerz, den die fremde Sonne hervorrief, den Eindruck, es sei hier sehr dunkel, die Sehnsucht nach der Wärme und Helligkeit ihrer eigenen Welt. Cholayna lebte auf Darkover in einem unheimlichen Halbdunkel. Magda erkannte, daß Cholayna potentiell eine Liebhaberin von Frauen war, ebenso oder in stärkerem Ausmaß als Camilla, aber sie hatte ihr Leben auf Welten verbracht, die es nicht in ihr Bewußtsein hatten hochsteigen lassen. Es war der Grund, warum sie sich der Ausbildung jüngerer Frauen gewidmet hatte, wobei sie die vage Hoffnung hegte, eines Tages werde eine von ihnen ihr geben, was sie nicht zu formulieren vermochte, etwas Wärme, die sie mit der Wärme ihrer Heimatsonne identifizierte, die ihr schon so lange vorenthalten wurde. Und obwohl ihr das alles durchaus nicht klar war, erkannte Magda es. Ihre Kopfhaut zog sich zusammen, und eisige Finger strichen einer nach dem anderen über ihr Rückgrat. Sie konnte nicht erraten, was das zu bedeuten hatte. Es war wie in der Nacht, als sie in Jaelles Armen aufwachte und die andere Frau sie, vielleicht durch die zwischen ihnen flutenden übersinnlichen Wahrnehmungen bewegen, geküßt hatte. Nur ließ es sich diesmal nicht als verirrter sexueller Impuls abtun; es ging tiefer als das. War es eine geistige
Angelegenheit? Magda war nicht wohl bei solchen Gedanken, und sie hatte den Verdacht, daß Cholayna sich von ihnen abgestoßen fühlen würde. Aber das Gefühl war vorhanden, und sie konnte es weder identifizieren noch kontrollieren. Es zu verjagen, war für sie ebenso unvorstellbar, wie sie Camilla geohrfeigt hätte, als sie ihr ihre Liebe anbot. Magda senkte den Kopf, damit Cholayna die Tränen in ihren Augen nicht sah, und räumte schwerfällig ein: „Nun, das will ich tun, natürlich will ich keine unerledigten Aufgaben zurücklassen. Mutter Lauria wartet auf uns” Mutter Lauria hatte bereits für Frühstück gesorgt, und man hatte ihr einen Teller mit Brotscheiben, noch dampfend vom Ofen, kalte Stücke des ganz mit Rosinen durchsetzten Festtagskuchens, der vom Vortag übriggeblieben war, und einen großem Krug mit dem heißen Getränk aus geröstetem Korn gebracht, das die Amazonen anstelle von Wein oder Bier tranken. Auch eine Schüssel mit hartgekochten Eiern und eine mit weichem Quarkkäse standen da. Von einer Einsicht getrieben, die ihr bis zum heutigen Morgen fremd gewesen war, sagte Magda schnell: „Die Eier wirst du nicht essen mögen, Cholayna, weil sie einmal Leben gehabt haben, aber alles andere kannst du ohne Bedenken zu dir nehmen”
„Danke, daß du mich gewarnt hast, Magda”, sagte Cholayna gelassen. „Ich erwarte nicht, daß die Welt nach meiner Bequemlichkeit eingerichtet wird, und vielleicht bin ich ein bißchen zu abhängig von synthetischer Nahrung geworden. Die Skrupel der Alphaner mögen ohnedies töricht sein. Ein weiser Mann hat einmal gesagt, uns beschmutzt nicht das, was in unsern Mund hineingeht, sondern das, was aus ihm herauskommt, Lügen und Grausamkeit und Haß…” Sie bediente sich mit Käse und nahm ein Stück Kuchen, und Magda sah, daß sie es nachdenklich im Mund herumwälzte. „So eine Redensart gibt es bei Eurem Volk?” fragte Mutter Lauria. „Bei uns sind Frauen, die Wert darauf legen, nur Getreide und Früchte zu essen, und doch hat hier ein weiser Mann gesagt, daß alles, was diese Welt mit uns teilt, Leben besitzt, sogar die Steine. Auch frißt ein Wesen das andere, bis zuletzt die niedrigste Stufe des Lebens zur Nahrung dient. Wir sollten deshalb mit Ehrfurcht genießen, was uns beschert wird, und dabei nicht vergessen, daß Leben geopfert wurde, damit wir leben können, und daß wir wiederum eines Tages den Würmern zur Speise werden. Ach ja, und ein anderer
Weiser hat geschrieben, daß der Morgen nach dem Fest aus jedem Trunkenbold einen Philosophen macht!”
Sie lachte

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