Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gildenhaus Thendara

Gildenhaus Thendara

Titel: Gildenhaus Thendara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
Geschichten wurden über seinen Einfluß erzählt. Doch die Wirkung auf sie war bestimmt nicht so stark, daß sie Alessandro Li die Kleider abriß. Über die Vorstellung mußte sie lachen, und sie war froh, daß sie etwas zu lachen hatte. Sie machte sich an den Abstieg ins Tal. Wieder meinte sie, hinter sich einen Reiter zu sehen. Peter ist tot. Sie haben jemanden geschickt, seine Mörderin zu fangen und vor Gericht zu bringen. Der
    Kireseth-Geruch war jetzt sehr aufdringlich, und sie merkte, daß ihr Kopf zu schwimmen begann. Vielleicht war da gar kein Reiter auf ihrer Fährte gewesen, vielleicht hatte eine Halluzination sie genarrt. Und jetzt bildete sie sich auch noch ein, Magdas Stimme zu hören, die ihren Namen rief! Jaelle! Breda! Aber die Stimme erklang nur in ihren Gedanken. Magda war, der Göttin sei Dank, sicher im Gildenhaus. Für Jaelle war es ein Trost, daß es ihr, wenn sie auch alles andere zerstört hatte, diesmal gelungen war, Magda nicht in ihre Probleme und in den Mord an Peter hineinzuziehen. Das alles wäre nicht passiert, wenn ich mich nicht dummerweise auf eine Schlägerei mit Peter eingelassen hätte. Ich hätte ihn ignorieren und meine Pflicht wie eine Amazone erfüllen sollen, die sich keine Sorgen um irgendeinen Mann, irgendeinen Liebhaber macht. Dann wäre ich gemeinsam mit Li aufgebrochen und müßte ihm nicht auf diesem gottverlassenen Weg hinterherlaufen!
Ihre Gedanken verwirrten sich. Sie mußte unbedingt etwas gegen den Kireseth-Geruch tun. Also nahm sie ihr Halstuch ab, tauchte es in den Bach, der neben dem Weg herlief, und band es sich vor das Gesicht, damit es wenigstens einen Teil der Pollen ausfilterte. Das war unbequem, sie hatte Mühe beim Atmen, aber nach etwa einer halben Stunde bedeckte eine feine Schicht aus gelben Körnchen den Stoff. Und wie mochte es Li ergehen? Hatte irgendwer sich die Mühe gemacht, ihn vor dem Kireseth im Gebirge zu warnen? In welcher Verfassung war er jetzt?
Ein Rabbithorn kam quer über den Weg gerannt, sprang hoch in die Luft und landete zwischen den Beinen ihres Pferdes. Ein Rabbithorn! Normalerweise hätte es sich im Unterholz versteckt und sich gar nicht erst hinausgewagt - aber Jaelle konnte nicht darüber nachdenken, weil sie zuviel mit ihrem ausschlagenden und sich bäumenden Pferd zu tun hatte. Viel fehlte nicht, und sie wäre abgefallen. Während sie das in Panik geratene Tier beruhigte, sah sie aus dem Augenwinkel das Rabbithorn, das an allem schuld war, ruhig am Wegrand sitzen. Das war nicht zu begreifen. Sie hatte noch nie ein wildes Tier sich so benehmen sehen.
Es mußte an dem Blütenstaub liegen. Vielleicht war es kein echter Geisterwind, aber es war genug von dem Zeug in der Luft, daß die Tiere darauf reagierten. Das Rabbithorn war verschwunden. Wie lange hatte sie unbeweglich im Sattel gesessen und in den Himmel
gestarrt? Ihre Gesichtsmaske war voll von gelben Pollen. Jaelle nahm sie ab und feuchtete sie von neuem an. Was mochte der Kireseth-Staub ihrem Pferd angetan haben? Und übrigens, wie reagierte wohl Lis Pferd darauf? Sie wußte nicht einmal, ob er ein Tier gekauft hatte, das sich in den Bergen auskannte, oder eins, das beim ersten Hauch von dem Zeug durchging! Der Weg gabelte sich. Ihr Pferd blieb stehen und senkte den Kopf, um das grüne Gras abzurupfen, das in dem Dreieck zwischen den Wegen wuchs. Jaelle stieg ab und hielt Ausschau nach Spuren im Schlamm. Welcher Richtung war Li gefolgt?
Sie hatte sich so oft gegen den Geist ihres Eides vergangen. Wenigstens diese Pflicht wollte sie erfüllen. Sie hatte die persönliche Verantwortung für Aleki übernommen, und seine Sicherheit hatte für sie Vorrang. Ob der Kireseth-Staub ihrem Kind schadete? Angestrengt versuchte sie, sich die Vorträge der Hebammen im Gildenhaus ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie hatten vor bestimmten Medizinen und Kräutern gewarnt, die das Kind im Mutterleib gefährdeten, aber sie war so überzeugt gewesen, daß sie nie ein Kind haben würde, daß sie nur mit halbem Ohr zugehört hatte. Sie betrachtete die beiden Wege. Der eine führte über die Gipfel im Süden nach Edelweiß, wenn auch nicht auf der direkten Route. Da draußen gab es Bauernhöfe und zwei oder drei kleine Dörfer und eine Walkmühle, zu der die Heimarbeiter die gewebten Stoffe brachten. Diese Leute lebten auf kleinen Berghöfen, spannen und webten grobes Tuch aus der Wolle ihrer eigenen Tiere und färbten sie mit Pflanzenpräparaten in den überlieferten Karomustern. Auf dem

Weitere Kostenlose Bücher