Gildenhaus Thendara
schlecht. Deshalb, sagte sie wütend zu sich selbst, hat es auf Terra eine Industrielle Revolution gegeben. Irgendwem muß es bis obenhin gestanden haben, Ställe auszumisten!
Ihre Kollegin bei dieser Arbeit war Rafaella, die Partnerin Jaelles in ihrem Reiseberatungsgeschäft. Magda hatte gehofft, sie freundlich zu finden. Aber Rafaella hatte ihr wenig zu sagen gehabt. Am Ende des Tages war Magda todmüde. Sie hatte nie zuvor manuelle Arbeit getan und war froh, sich Staub und Schmutz abwaschen zu können. Doch obwohl sie sich die Haare wusch, fürchtete sie, immer noch nach Stall zu riechen. Der Geruch der Seife war nach den parfümierten Kosmetika der terranischen Zone auch nicht der feinste.
Magda hielt sich lange in dem heißen Becken auf und versuchte, sich die Müdigkeit abzuspülen, bis eine Gruppe sehr junger Mädchen, darunter Doria, hereinkam und eine Menge fröhlichen Lärm veranstaltete. Sie rannten nackt umher, kletterten in die Wannen hinein und wieder hinaus und zankten sich im Spaß um die Seife. Der Krach vertrieb Magda aus dem Baderaum, und erst später gestand sie sich ein, daß sie neidisch auf das Vergnügen gewesen war, den die Mädchen miteinander hatten. So hungrig sie nach der Arbeit im Stall war, bekam sie das Essen jetzt doch kaum hinunter. Es war eine Art Fleisch, oder wahrscheinlicher Innereien, mit grob gemahlenem Mehl gekocht. Dazu gab es eine stark gewürzte Soße. Das Brot war dunkel, grob und ungesäuert. Das gekochte Obst in Honig hätte kalt ganz gut geschmeckt. Leider wurde es warm serviert. Magda war an darkovanische Speisen gewöhnt und mochte die meisten, aber durch einen unglücklichen Zufall war ihr alles neu, was heute auf den Tisch kam, und es schmeckte ihr nichts davon. Sie knabberte an einem Butterbrot, schob das Fleisch auf ihrem Teller herum und sehnte sich wütend und hoffnungslos nach einer guten Tasse Kaffee. Auf der Akademie hatte sie sich darin üben müssen, alle Arten von fremdartiger Nahrung ohne Protest oder sichtbaren Abscheu zu sich zu nehmen, und für gewöhnlich gelang ihr das auch, aber heute abend fühlte sie sich erschöpft und im Stich gelassen. Konnte sie das wirklich ein halbes Jahr aushallen, zwischen diesen fremden Frauen und unter diesen ungemütlichen Bedingungen?
Sie hatte den Platz neben Doria bekommen. Ihr gegenüber saß Camilla, die ältere emmasca, die Zeugin ihres Eides gewesen war, und neben dieser Keitha, die Neue. Keitha sah heute besser aus und hatte etwas Farbe in den Wangen. Ihr glänzendes Haar, das für die Eidesleistung kunstlos abgehackt worden war, hatte man inzwischen ordentlich geschnitten. Ihre Amazonenkleidung war schäbig und abgetragen; wahrscheinlich stammte sie aus der gleichen Flickenkiste wie Magdas eigene. Keitha wirkte scheu und verloren und aß wenig.
Camillas hageres Gesicht trug den Ausdruck freundlicher Besorgtheit. „Aber du ißt ja gar nichts, Margali - magst du das Kaldaunen-Stew nicht?” „Oh, das ist es?” Magda schob sich noch eine Gabelvoll in den Mund und wünschte, sie hätte es nicht getan. „Es ist sehr gut”, log sie. „Aber ich habe heute abend keinen großen Hunger.” Sie nahm sich eine weitere Scheibe Brot und strich Butter darauf. Das Brot ließ sich wenigstens herunterbekommen, und mit dem warmen gekochten Obst schmeckte es nicht allzu schlecht.
Mutter Lauria klopfte Schweigen gebietend an ihr Glas. „Heute abend ist Schulungssitzung. Die Teilnahme ist Pflicht für alle neuen Schwestern und alle, die noch keine drei Jahre vereidigt sind. Willkommen ist natürlich jede. Die Schwesternschaft trifft sich heute abend im Musikzimmer, deshalb findet die Schulungssitzung im Waffensaal statt”
Ein hörbares Stöhnen war die Antwort. „Vergeßt nur nicht, zusätzliche Schals mitzubringen”, knurrte jemand. „Da unten ist es eiskalt!” „Wir legen die Matten zum Daraufsetzen aus”, versprach Rafaella. „Und ein bißchen Kälte wird euch nicht schaden. Sie hält euch munter, so daß ihr nicht einschlafen werdet, wie es andernfalls nach einem reichlichen Abendessen geschehen könnte”
Beim Verlassen des Speisesaals erkundigte Magda sich im Flüsterton bei Doria: „Was ist die Schwesternschaft?”
„Das ist eine Geheimgesellschaft”, antwortete Doria ebenso leise. „Sie verbindet die Gildenhäuser miteinander, das ist alles, was ich wirklich darüber weiß, und die meisten Frauen, die dazugehören, sind Heilerinnen oder Hebammen. Auch Marisela ist Mitglied. Sie sind darauf vereidigt,
Weitere Kostenlose Bücher