Gildenhaus Thendara
nichts zu verraten, und das tun sie auch nicht”
Auf dem Weg die Treppe hinunter in den Waffensaal kam Camilla und schob ihren Arm unter den Magdas. „Ich hatte angenommen, Jaelle habe dich nach Neskaya gebracht. Wie kommst du hierher? Wie ich hörte, hat Jaelle eine oder zwei Nächte hier geschlafen, aber ich hatte keine Gelegenheit, mit ihr zu sprechen. Allerdings habe ich die Narbe auf ihrer Wange gesehen. Was ist passiert?”
„Sie und ich wurden von Räubern angegriffen”, antwortete Magda. „Wir haben den Winter auf Burg Ardais verbracht; Jaelle war zu krank zum Reisen. Dann sind wir hierher nach Thendara gekommen…”
„Nun, es ist nicht verwunderlich, daß sie ihre Eidestochter in ihrem eigenen Haus haben möchte”, meinte Camilla. Sie zog Magda hinter sich her in den Waffensaal, wo Frauen die Matten zu einem engen Kreis zusammentrugen. Camilla warf Magda eine Decke zu.
„Dir ist trotz deines Schals kalt, das sehe ich. Wickele dich hierin ein”, sagte sie.
Mutter Lauria ergriff das Wort: „Meine Schwestern, ihr alle habt die Neuen unter uns bereits gesehen. Es ist viele Jahre her, daß wir gleich drei auf einmal zur Ausbildung hier hatten. Ihr alle kennt Doria; Rafaella hat getan, was jede von uns eines Tages zu tun hofft: Sie hat eine erwachsene Tochter auf den Eid vorbereitet. Jetzt sollt ihr auch Margali n’ha Ysabet kennenlernen, die letzten Winter den Eid vor Jaelle n’ha Melora ablegte, und Keitha n’ha Casilda, die es hier im Haus vor vier Tagen vor Camilla n’ha Kyria tat. Camilla, du bist Eidesmutter der einen und Eidesschwester einer anderen von diesen dreien; willst du heute abend die erste Fragerunde leiten?”
„Gern”, sagte Camilla. „Doria, du hast den Eid noch nicht abgelegt, obwohl du dein ganzes Leben unter uns verbracht hast. Warum willst du eine Entsagende werden?”
Doria lächelte und erklärte selbstsicher: „Weil ich unter euch aufgewachsen bin und das hier mein Zuhause ist. Auch wird sich meine Pflegemutter darüber freuen.”
Rafaella fiel schnell ein: „Das ist kein guter Grund, Doria. Habe ich jemals als Bedingung für meine Liebe von dir verlangt, du sollst eine Amazone werden?”
Doria blinzelte verwirrt, antwortete jedoch: „Nein, aber ich wußte, es war dein Wunsch…”
„Was war dein Grund?” drängte Camilla. „Deiner, nicht Rafis” „Weil - also wirklich, weil - ich mein ganzes Leben hier verbracht habe und gern eine von euch sein möchte - nicht nur ein Pflegekind, sondern eine wirkliche Amazone…”
Irmelin fragte: „Hattest du Angst, wenn du den Eid nicht ablegtest, hättest du keinen Ort, an den du gehen könntest?”
„Das ist nicht fair!” rief Doria mit bebender Stimme. Trotzdem bestand Irmelin auf einer Antwort. „Sag es mir. Wenn wir uns weigerten, dir den Eid abzunehmen, was würdest du dann tun?”
„Das brächtet ihr doch nicht fertig, oder?” protestierte Doria. „Ich habe schon immer hier gelebt, ich habe immer damit gerechnet, daß ich den Eid ablegen würde, sobald ich fünfzehn geworden sei…” Sie blickte entsetzt und verängstigt drein.
„Du sollst uns sagen”, bohrte Irmelin weiter, „was du dann tun würdest. Wohin würdest du gehen?”
„Wahrscheinlich - ich weiß nicht - zurück zu meiner Geburts
mutter, glaube ich, wenn sie mich haben will - ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!” schrie Doria und brach in Tränen aus. Camilla zuckte die Schultern und nahm sich Keitha aufs Korn.
„Du. Warum bist du hergekommen, Keitha?”
„Weil mein Mann mich geschlagen und schlecht behandelt hat und ich das nicht länger ertrug - und ich hatte gehört, hier könne eine Frau Zuflucht finden…”
„Wie lange bist du verheiratet gewesen?” Magda erkannte die Sprecherin als die hochschwangere Byrna.
„Sieben Jahre!’
„Und hatte dein Mann dich zuvor schon geschlagen?”
„J-ja”, stammelte Keitha.
Byrna verzog das Gesicht. „Wenn du das zuvor ertragen hattest, warum entschlössest du dich plötzlich, es nicht länger hinzunehmen? Warum hast du, statt wegzulaufen, nicht versucht, dein Leben so einzurichten, daß du seine Mißhandlungen nicht mehr zu fürchten brauchtest?”
„Ich… ich habe es versucht…”
„Und als deine weiblichen Listen sein Herz nicht erweichen konnten, bist du davongerannt, weil du als Ehefrau versagt hattest?” fragte eine Frau, deren Namen Magda nicht kannte. „Glaubst du, wir seien ein Zufluchtsort für jede Frau, die mit ihrem Mann nicht fertigwird?”
Keitha hob
Weitere Kostenlose Bücher