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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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Heinz Ludwig Arnold
    WILFLINGER ERINNERUNGEN
    I. Lektüren
    » Berger, Sie schlafen, Berger, Sie träumen, Berger, Sie sind nicht bei der Sache , war da der ewige Reim. Auch meine Eltern, die auf dem Lande wohnten, hatten bereits einige der bekannten Briefe erhalten, deren unangenehmer Inhalt mit den Worten Ihr Sohn Herbert … begann.« Diese Sätze auf der ersten Seite von Ernst Jüngers Erzählung »Afrikanische Spiele«, die ich in einer »Einmaligen Ausgabe der Deutschen Hausbücherei« aus dem Jahre 1936 im Bücherschrank meines Vaters fand, waren die ersten Sätze von Ernst Jünger, die ich 1957 las, und sie nahmen mich sofort für diesen Schriftsteller ein. Meine Eltern wohnten zwar nicht auf dem Lande, sondern in Karlsruhe, und sie bekamen auch keine blauen Briefe der Schule ins Haus – aber auch ich suchte damals, 1956 / 1957, Sehnsuchtsorte jenseits der Schule, in der ich mich nicht wohl fühlte. Und da auch das strenge Elternhaus diesen Freiheitsraum nicht bot, den ich ersehnte, suchte ich zwar nicht, wie Ernst Jünger, den »verlorenen Garten irgendwo im oberen Stromgeflecht des Niles oder des Kongo«, auch brach ich nicht, wie er, tatsächlich aus und auf ins warme Afrika, wo er sich abenteuerlustig und wohl auch etwas kampfesdurstig anwerben ließ für die Fremdenlegion (aus der ihn sein Vater freilich nach sechs Wochen wieder auslöste) – nein, ich brach bloß auf in die imaginierten Welten von Büchern, nicht nur in die der nordamerikanischen Savannen und orientalischen Wüsten Karl Mays und von Coopers Huronensee, sondern ich begab mich auch auf Hermann Hesses »Morgenlandfahrt« und eben, durch seine »Afrikanischen Spiele«, in die literarische Welt des Jüngerschen Werks.
    Diese Welt sollte mich für Jahre gefangenhalten, und durch meine Wanderungen in ihr, meinen Umgang mit ihr sollte ich schließlich ganz in das Universum der Literatur geraten, das dann mein Lebensraum für immer wurde.
    Das zweite Buch Ernst Jüngers, das im Bücherschrank meines Vaters hinter Glas ungelesen aufbewahrt wurde, war, diesmal in einer Ausgabe des Europäischen Buchklubs, der utopische Roman »Heliopolis. Rückblick auf eine Stadt«. Hier konnte man sich nicht in warme afrikanische Abenteuerorte imaginieren, sondern in die kühlen Räume der Zukunft. Heute mag man zwar lächeln über das spärliche Science-fiction-Equipment dieser kalt gleißenden Sonnenstadt – der »Phonophor« aus diesem Roman, eine literarische Erfindung Jüngers, hat es immerhin in die Internetenzyklopädie Wikipedia geschafft: Danach ist dieser »Allsprecher« ein »fiktives technisches Gerät in den Zunkunftsromanen von Ernst Jünger«, »einem heutigen Mobiltelefon ähnlich« und mit Internet-Eigenschaften begabt. »Bei Ernst Jünger treten die Phonophore auch an Stelle der Personalausweise und Pässe. (…) Außerdem kann man am Phonophor den gesellschaftlichen Rang seines Trägers erkennen. Die Phonophore dienen auch als Wahlmaschinen, mit ihnen werden bei Abstimmungen die Stimmen abgegeben. (Die Fragen stellen allerdings in »Heliopolis« die Behörden bzw. die Mächtigen.) Schließlich stellt der Phonophor auch ein GPS -System dar und ermöglicht Bankgeschäfte durchzuführen, ist unter anderem also auch Kreditkarte. Eine Kehrseite des Phonophors ist, ähnlich wie bei heutigen Mobiltelefonen, dass sie im Vergleich zu herkömmlichen Telefonen leichter abgehört werden können und der Polizei die Ortung der sprechenden Personen ermöglichen.«
    Ich denke, es hätte Ernst Jünger gefallen, wenn er sich in Wikipedia als so weitsichtig und der Zukunft so umfassend voraus wiedergefunden hätte.
    Mich faszinierte in »Heliopolis« aber weniger dieses technische Zukunftsinstrument – solcherlei war in Hans Dominiks Zukunftsromanen, die ich damals auch gelesen habe, viel spannender beschrieben – als vor allem das Kapitel »Ortners Erzählung«, in dem die Geschichte eines auf den Hund gekommenen Mannes geschildert wird, dem nach der Begegnung mit einem geheimnisvollen Unbekannten durch eine Augenoperation im wahrsten Sinne die Augen geöffnet werden für alles verborgene Wirken in der Welt: So entgeht er gleich nach dem Eingriff einem Unfall, den er vorausahnt, und wird im Verlauf der Geschichte zum reichsten Unternehmer der Welt, weil er alle finanziellen Transaktionen durchschauen und bestimmen kann – aber er wird mit dieser Begabung nicht glücklich, sein Leben wird langweilig, ohne Risiko, ohne Geheimnis: »Wer mag noch Rätsel

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