Gildenhaus Thendara
drückte sie leicht. Ihre Stimme war immer noch streng und ermahnend, aber sie lächelte Magda heimlich zu, als sie sagte: „Nun, das ist wahr; bei mir fing es so an, daß ich mich weigerte, mich als Frau zu akzeptieren. Weiblichkeit war mir so abscheulich, so hassenswert gemacht worden, daß ich mich lieber verstümmeln lassen als eine Frau sein wollte. Eines Tages wirst du vielleicht erfahren, warum. Es ist jetzt nicht wichtig. Wichtig ist, daß ich hier, im Gildenhaus gelernt habe, von mir als einer Frau zu denken und stolz darauf zu sein - mich an meiner Weiblichkeit zu freuen, obwohl in diesem meinem Emmasca-Körper wenig an Weiblichem übriggeblieben ist.”
Sie hielt immer noch Magdas Hand. Verlegen entzog Magda sie ihr. Camilla wandte sich Doria zu und fragte: „Was hältst du für den Unterschied zwischen Mann und Frau?”
Doria, fest entschlossen, sich nicht wieder ins Bockshorn jagen zu lassen, erklärte herausfordernd: „Ich sage, es gibt überhaupt keinen Unterschied!” Diese Antwort rief einen Sturm an Geschrei und Gelächter hervor, dazu ein paar obszöne Bemerkungen, von denen so ungefähr die höflichste lautete: „Wann hast du dein erstes Kind gezeugt, Doria?”
„Gerade eben habt ihr behauptet, der körperliche Unterschied sei unwichtig”, protestierte Doria. „Camilla hat Margali in Stücke gerissen, weil Margali behauptete, der Unterschied sei körperlicher Natur, und wenn das nicht so ist…”
„Weder ich noch Camilla haben gesagt, der körperliche Unterschied sei unwichtig”, fiel Mutter Lauria ein, „und es müßte jemand schon viel dümmer sein als du, um zu glauben, daß es keinen Unterschied gibt. Er ist da, und er ist nicht unbedeutend. Keitha, hast du eine Idee?”
Keitha sagte langsam: „Der Unterschied könnte ja darin liegen, wie sie denken. Wie sie - und wir - zu denken gelehrt werden. Männer denken von Frauen als Eigentum, und Frauen denken…” Sie runzelte die Stirn und stieß hervor, als habe sie gerade etwas entdeckt: „Ich weiß nicht, was Frauen denken. Ich weiß nicht einmal, was ich denke.”
Mutter Lauria lächelte. „Du bist der Lösung sehr nahe gekommen. Vielleicht ist der wichtigste Unterschied zwischen Männern und Frauen die Art, wie die Gesellschaft über sie denkt, die unterschiedlichen Dinge, die von ihnen erwartet werden. Aber eine umfassende Antwort gibt es nicht. Du und Margali und auch Doria, ihr habt jeder einen Teil der Wahrheit vorgetragen” Steif stellte sie sich auf die Füße. „Ich glaube, für heute abend ist es genug. Und die Glocke in der Halle hat schon verkündet, daß die Schwesternschaft fertig ist. Ich habe den Mädchen in der Küche gesagt, sie sollen uns Kekse und etwas zu trinken bringen. Aber dafür wollen wir ins Musikzimmer gehen - es wird hier tatsächlich ein bißchen frisch.” Ein bißchen frisch - Magda sah darin ein Meisterstück an Untertreibung. Ihre Finger waren blaugefroren, und die Kälte des Steinbodens war trotz der dicken Matte durch ihre Beine und Hinterbacken gekrochen. Die Decke fest um sich schlingend, erhob sie sich und ging den anderen nach. Sie hatte Hunger nach dem Abendessen, das sie nicht hinunterbekommen hatte. Die Kekse waren knusprig und lecker und mit Nüssen und getrockneten Früchten verziert. Magda aß mehrere und trank einen großen Krug von dem heißen gewürzten Apfelwein leer, der für die Frauen gebracht worden war, die keinen Wein mochten. Ihr Kopf war noch voll von der Diskussion. Natürlich war das eine ganz einfache Therapie, die die Menschen zwang zu denken, zu protestieren, alte gedankliche Gewohnheiten aufzubrechen. Doch sie hoffte sehr, nicht alle Sitzungen würden so sein. Sie fühlte sich außerordentlich unbehaglich; ihre Gedanken kreisten immer noch um die gestellten Fragen und die vielen Antworten, die sie hervorgerufen hatten. Warum hatte sie sich entschlossen, eine Amazone zu werden? Was ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen? Wieder und wieder formulierte sie im Geist Antworten neu, die sie hätte geben können, und das, vermutete sie, war der Grund für die Diskussion. Sie hörte eine der Frauen zu einer anderen sagen: „Es ist eine intelligente Gruppe”, worauf die zweite skeptisch zurückgab: „Da bin ich mir nicht so sicher”
„Oh, sie werden lernen”, meinte die erste. „Das haben wir alle getan” Magda ging zu Doria, deren Augen immer noch rot waren. Das Mädchen fragte „Ich habe mich lächerlich gemacht, nicht wahr?”
„Das war ja ihre
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