Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
Vom Netzwerk:
hatten.
    Plötzlich spürte er, dass er nicht alleine war. Er hatte weder etwas gehört noch konnte er seine eigene Hand vor Augen sehen.
    Die Dunkelheit war so vollkommen, wie sie ein augenloses Lebewesen empfinden musste. Dies hatte seine anderen Sinne aufs Äußerste geschärft, und er fühlte jemanden oder etwas, das dicht hinter ihm stand.
    Es musste ein Kollege aus seinem Team sein. Er wollte etwas flüstern und sich zu erkennen geben, doch ein Gefühl, das er nicht näher erklären konnte, hielt ihn davon ab. Nun beugte sich jemand ganz dicht zu ihm.
    Lange Barthaare streiften raschelnd seine Jacke und eine Stimme, die er schon einmal gehört hatte, raunte ihm etwas ins Ohr. Er musste sich zu der kleinen, ausgemergelten Gestalt hinunterbeugen. Nur mit Mühe verstand er die Worte, die in einer uralten, fremden Sprache an sein Ohr drangen, und deren Bedeutung er dennoch auf seltsame Weise begriff.
    „Es ist hier, es ist hier“.
    Der Greis wiederholte es immer wieder bis Sven nickte und der Druide ihm seine knorrige Hand auf die Schulter legte. Er drückte sie mit einer Kraft, die er dem alten Mann nicht zugetraut hatte, dann verschwand er lautlos. Wo waren seine Kollegen? Eigentlich hätte er längst einem von ihnen begegnen müssen.
    Dann begriff er das Unfassbare. Sie waren an diesem Ort, doch nicht zu dieser Zeit. Er war alleine wie am Odilienberg, an einem Ort, an dem verschiedene, weit auseinanderliegende Zeitpunkte nebeneinander existierten.
    Ihm wurde schwindelig und doch spürte er, dass es die einzige Erklärung war.
    Er knipste die Taschenlampe an, denn niemand würde das Licht sehen. Die Zeit, in die er gerade eingetreten war, kannte noch keine Kameras.
    Aber der Tunnel! Vor zweitausend Jahren, zur Zeit der Druiden, war da, wo jetzt seine Füße standen, massiver Fels. Er leuchtete nach unten, doch er sah nur einen gähnenden Abgrund, über dem er schwebte und der in einem kreisenden Strudel das Licht aufsog.
    Er musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren, sonst würde er verrückt werden. Sven richtete die Taschenlampe wieder nach vorne. Der Lichtstrahl verlor sich auch dort in der Dunkelheit. Da war ein Gang, der senkrecht vom Eisenbahntunnel abzweigte und tiefer in den Berg führte. Er ging in den Schacht hinein und plötzlich hatte er die Orientierung verloren. Er wusste nicht mehr wo oben und unten war, und ihm wurde übel wie in einem Aufzug, der plötzlich in die Tiefe raste.
    Dann war die Übelkeit vorbei. Er ging weiter und sah ein schwaches Licht vor sich. Er schaltete die Lampe aus. Nun hörte er gedämpft Stimmen. Der Gang wurde von schwachen Glühbirnen erhellt, die nackt von Kabeln an der Decke des Stollens baumelten. Vor ihm musste eine große Höhle liegen. Er schaute auf seine Armbanduhr, die er dank der phosphoreszierenden Ziffern gut ablesen konnte. Es war Punkt fünf Uhr, was genau dem Zeitpunkt entsprach, als er das Auto auf dem Parkplatz abgestellt hatte. Verrückt. In einer Stunde würde im Land der Maya der Tag 4ahau, und damit der letzte Tag des Äonenkalenders anbrechen.
    Er zog seine Waffe aus dem Holster, doch es war ihm klar, dass er alleine war gegen vielleicht hundert fanatische Saturnbrüder, die keine Rücksicht auf ihr eigenes Leben nehmen würden, um das zu tun, worauf sie so lange gewartet hatten.
    Er musste inzwischen wieder in seiner Zeit sein. Also könnte er umdrehen und Verstärkung aus dem Tunnel holen. Er hatte keine Angst, doch es wäre fahrlässig, das Leben der beiden Geiseln zu gefährden, indem er eine John-Wayne-Nummer abzog. Er sicherte seine Waffe und schlich den Weg zurück, den er gekommen war. Nach einer Minute stieß er gegen eine massive Felswand. Es gab keine Möglichkeit sich zu verlaufen, wo also waren die Schienen der Schwarzwaldbahn?
    Er war in seine Gegenwart zurückgekehrt und in dieser war der Zugang versperrt. Natürlich. Deshalb hatten sie die Saturnbrüder und Christopher auch nicht gefunden. Aber es musste eine gut getarnte Türe nach draußen geben, einen Mechanismus, der diese öffnete, doch so sehr er auch suchte, das Dämmerlicht reichte nicht aus, um den Ausgang zu finden.
    Er musste es alleine schaffen, also schlich er zurück, bog, bevor er den Eingang in die große Höhle erreichte nach rechts ab und fand eine fensterartige Öffnung, durch die er das Geschehen unbemerkt beobachten konnte.
    Christopher lag gefesselt auf dem Boden. Ein gewaltiges Holzkreuz lag neben ihm und konnte offensichtlich mit einer schweren Kette unter

Weitere Kostenlose Bücher