Ginas Bar - 1
Ginas Bar
Es war ein gewöhnlicher Abend in „Ginas Sinnesrausch“, einer Bar mitten in Berlins pulsierendem Herz. Die Mädchen präsentierten sich von ihren besten Seiten und die anwesende, überwiegend männliche Kundschaft zeigte sich im Gegenzug äußerst spendierfreudig. Fiona beobachtete einen älteren Herrn, der einen Stock brauchte, um sich auf den Beinen zu halten. Seine Hände konnte er allerdings immer noch gierig ausstrecken. Er hatte Vivienne am Wickel, eine französische Studentin und außerdem das jüngste Mitglied in Ginas Crew. Fiona hatte noch nie verstanden, warum sich junge, hübsche und obendrein so intelligente Mädchen wie Vivienne für die allabendliche Arbeit als Stripperin hergaben. „Weil es schnell viel Geld einbringt“, hatte die Französin ihr einmal verschwörerisch ins Ohr gehaucht und gleichzeitig empfohlen, es ebenfalls zu versuchen. Immerhin wäre sie doch sehr hübsch mit ihren goldenen Locken und der schlanken, wohlproportionierten Figur. Aber Fiona hatte nur lachend abgewinkt.
Bei der Erinnerung daran zeichnete sich auch jetzt ein Lächeln auf ihren Lippen ab, denn Vivienne war an jenem Abend sehr betrunken und ausgesprochen lustig gewesen.
„Träumst du schon wieder vor dich hin?“
Fiona zuckte zusammen. Sie hatte nicht bemerkt, wie ihre Tante Gina sich an ihre Seite geschlichen hatte.
„Und willst du mir erzählen, wer oder was dir gerade im Kopf herum spukt?“ Gina pflegte die furchtbare Angewohnheit, jedes ihrer Worte regelrecht vor sich hin zu säuseln. Sie nannte das „erotisches Timbre“ und meinte, es würde die Männer vollkommen verrückt machen.
Fiona zog unvermittelt den Kopf ein. Sie wusste nicht warum, aber sie fühlte sich auf eine geradezu lächerliche Weise ertappt. Wie konnte sie nur in einem Strip-Lokal an etwas anderes als nackte Haut denken?
„Nein, Tantchen, ich hab nur eine kurze Pause gemacht. Ich hatte heute einen anstrengenden Tag. Die ganzen Bewerbungsgespräche, du weißt schon… “
„Ach, Schätzchen.“ Gina kniff sie in die Wange, als wäre sie noch ein kleines Kind. „Und du weißt doch auch, dass du hier bei mir einen festen Job hast. Ich verstehe nicht, warum du immer noch auf der Suche nach etwas anderem bist. Du könntest deine Tätigkeit hier ausbauen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Ihr Blick ging in Richtung eines der Mädchen, das gerade dabei war, sich vor den hungrigen Augen der Gäste aus ihrem Krankenschwester-Kostüm zu schälen.
„Das ist lieb von dir, aber …“ Weiter kam Fiona nicht. Ganz plötzlich schloss sich die Hand ihrer Tante um ihren rechten Unterarm und drückte so energisch zu, dass Fiona am liebsten aufgeschrien hätte. Doch Gina stieß sie in die Seite und bedeutete ihr mit einem strengen Blick, ruhig zu sein.
„Was ist denn?“, zischte Fiona ärgerlich.
Im nächsten Moment wurde sie von dem Auftauchen eines Unbekannten beinahe umgeworfen. Wie aus dem Nichts war er erschienen und baute sich in beeindruckender Größe vor den beiden Frauen auf. Fiona klappte der Kiefer herunter, denn sein Anblick raubte ihr schier den Atem.
Ginas Fingernägel bohrten sich unterdessen viel zu heftig in ihr Fleisch, so dass sie die Hand mit aller Macht abzuschütteln versuchte. Vergebens.
„Tantchen“, flüstere sie dieser eindringlich ins Ohr, „du tust mir weh…“
Der fremde Mann starrte sie schweigend an. Er war äußerst attraktiv, das konnte Fiona nicht übersehen. Strähnen seines kurzen dunklen Haars fielen ihm in die Stirn und verliehen seinem hellen, markanten Gesicht einen verwegenen Ausdruck. Seine Lippen zeugten von Sinnlichkeit. Als sie sich nun zum Sprechen öffneten, stellte Fiona erschrocken fest, dass ihr Blick für einen unanständig langen Moment an ihnen hängen geblieben war.
„Du hast dich nicht an unsere Abmachung gehalten.“ Dieser Vorwurf galt Gina, die daraufhin einen nervösen Schritt zurück machte und sich offenbar hinter Fiona zu verstecken versuchte.
„Dominic“, begrüßte sie den Mann endlich. Mit einem Mal klang ihre Stimme gar nicht mehr erotisch, sondern eher ängstlich und irgendwie lächerlich quietschend. „Wie schön, dass du mal wieder vorbei schaust. Ich bin leider gerade sehr beschäftigt. Also, wenn es dir nichts ausmacht …“
„Es macht mir aber etwas aus“, unterbrach er sie.
Die beiden tauschten daraufhin offenbar nicht viel mehr als intensive Blicke, denn etwas anderes konnte Fiona nicht feststellen, außer dass sich Tante Gina immer
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