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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Ich-guck-nicht-fern-Phase hatte, überschlug gerade, wie viele Eulen Karens Mutter gesammelt hatte: »Eulen, Eulen, Eulen - es gibt hier, kein einziges eulenfreies Fleckchen mehr. Sogar über der Telefonnische im Flur hängt eine kleine Makramee-Eule. Wenn man dreißig davon hätte, könnte man daraus so einen Makramee-Overall machen, wie Ann Margret ihn in Tommy trug, bevor sie sich in dem Baked-Beans-Berg wälzte.«
    »Wendy, was redest du denn da?« fragte Pam aus der Küche. »Warum hat Mrs. McNeil einen Eulentick? Was stellen Eulen für sie dar? Welche dunklen Geheimnisse lauern in ihnen? Welches Bedürfnis befriedigen sie in ihr?“
    »Das sind Pillenverstecke«, sagte Hamilton. »In der Messingeule auf dem Kaminsims stecken zweihundert vergammelte Milltowns.«
    Ich entschuldigte mich und ging, um nach Karen zu sehen. Dabei hörte ich Wendy im Zuge ihrer Zählaktion »Sechsundachtzig« brüllen. Ich sah, daß Karen weiß wie Milch geworden war. Ihr Kopf war von Kissen gestützt, die grünen Augen starrten leer an die Decke.
    Mein Gehirn setzte aus. Meine Arme und Beine kribbelten, als sprössen Federn daraus; mein Mund wurde trocken, als wäre er voller Stroh. »Sie ... atmet... nicht!« schrie ich. »Sie atmet nicht!« Die Clique im Wohnzimmer war verwirrt, mit einem »Wa ...?« kamen alle herüber.
    Pam sagte: »Scheiße. O verdammt. O Gott. Wendy? Du bist doch Schwimmerin. Mach Mund-zu-Mund-Beatmung.« Wendy ließ sich zu Karen aufs Bett fallen und beatmete sie, während Hamilton vom Flurtelefon aus den Notarztwagen rief. Pam sagte: »Oh nein, noch ein Jared«, worauf Hamilton einen Wutanfall bekam und brüllte: »Denk so was bloß nicht. Wage es nicht, auch nur daran zu denken, so was zu denken.« Jared. O Gott. Das hier könnte für immer sein. Es könnte weit über das Reale hinausgehen. Meine Augen wurden feucht, und mein Hals tat weh. Wir standen herum, waren verzweifelt, kamen uns beängstigend nutzlos vor, murmelten immer wieder Scheiße und wiegten hilflos die Köpfe. Die halbkugelförmige Plastiklampe auf ihrem Nachttisch war an und warf ein schäbiges gelbes Licht auf uns und das Bild an Karens Wand - eine alternde Fototapete vom Mond mit der Erde im Hintergrund. Ich sah ihre Schwimm-Medaillen und eine Snoopy-Trophäe mit der Inschrift Die beste Tochter der Welt. Überall Lippen- und Pflegestifte; zwei Hemden, die für diesen Tag verworfen worden waren, lagen auf einer Kommode; ein Bierhumpen voller Pennies; High-School-Jahrbücher; ein Synonymlexikon und Haarbürsten. Die Sanitäter fegten mit der Trage zur Haustür herein. Karens schlaffer Körper wurde hinaufgehoben wie ein Klumpen Knetmasse. Der Fahrer fragte: »Hat sie was getrunken?« Wodka, sagten wir. »Irgendwelche Medikamente oder Drogen?« Pam, Wendy und Hamilton wußten nichts von dem Valium, aber ich. »Zwei Beruhigungspillen. Ich glaube, es war Valium.«
    »Eine Überdosis vielleicht?«
    »Nein.« Ich hatte sie nur die zwei nehmen sehen.
    »Pot?«
    »Nein. Schnuppern Sie an ihr, wenn Sie es nicht glauben.« Ein Tubus wurde in Karens Hals gesteckt. »Die Eltern?«
    »Sind nach Birch Bay gefahren.“
    »Wie lange atmet sie schon nicht?«
    »Schwer zu sagen. Ein paar Minuten? Vor einer halben Stunde war sie noch hellwach.“
    »Sind Sie ihr Freund?“
    »Ja.«
    »Sie können mit uns mitfahren.«
    Wir schössen in den Flur hinaus, dann auf den Plattenweg und weiter in die Auffahrt. Meine Eltern kamen von unserem Haus aus auf uns zu, auf ihren Gesichtern pulsierten bunt die Lichter des Krankenwagens. Die Panik in ihren Augen ließ nur wenig nach, als sie sahen, daß nicht ich auf der Trage lag.
    »Hamilton, klär sie auf«, sagte ich. »Wir müssen los.« Dann waren Karen und ich im Krankenwagen und rasten zum Lions Gate Hospital. Ich warf einen letzten Blick durch die Rückfenster auf das Viertel, in dem Karen und ich und Hamilton und Linus und Pammie aufgewachsen waren - kühl und trocken und still wie eine Gruft.
    Der orangefarbene Chevy LUV von Karens Dad, bleihaltige Benzindämpfe ..., zwei Pillen ..., geschnittene Hecken. Unser Krankenwagen fuhr die Rabbit Lane bis zum Stevens Drive hoch und dann auf die Autobahn zum Krankenhaus, und woher sollte ich wissen, daß jetzt eine andere Zeit herrschte?

  4
Alles ist fake
    Die erste Woche von Karens Koma war die schlimmste. Damals konnten wir noch nicht wissen, daß sich an dem Bild, das Karen in jener kalten Dezembernacht in ihrem Zimmer an der Rabbit Lane abgab, für so lange Zeit

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