GK0025 - Das Leichenhaus der Lady L.
Erst jetzt bemerkte er, daß er nicht eines der Girls vor sich hatte.
»Ja, aber was wollen Sie denn hier, junger Mann?«
Frank holte noch dreimal tief Luft, ehe er antworten konnte.
»Mr. Elkham, Sie müssen die Polizei alarmieren. Linda Carrigan… Sie ist – sie ist tot.«
Bob Elkham war ein älterer gutmütiger Mann mit Stirnglatze und einem Kranz rostroter Haare herum. Er tat nie etwas übereilt. So auch jetzt nicht.
»Nun kommen Sie erst mal rein, junger Mann.«
»Aber Linda…«
»Ja, ja, schon gut. Kommen Sie.«
Frank Gibson blieb nichts anderes übrig.
Der Hausmeister führte den aufgeregten jungen Mann in sein mit Plüschmöbeln ausstaffiertes Junggesellenwohnzimmer. Erst jetzt, bei Licht, sah er, was mit Frank Gibson los war.
»Aber Sie sind – Sie sind ja voller Blut.«
Frank hob in einer verzweifelten Gebärde beide Hände. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Linda, mein Girl, sie ist ermordet worden. Ermordet, verstehen Sie? Viehisch umgebracht!« Die letzten Worte schrie er dem Hausmeister ins Gesicht.
Bob Elkham war kalkweiß geworden. »Wir müssen die Polizei anrufen. Wo hat man denn Ihre Freundin umgebracht?«
»Auf dem kleinen Waldweg, der dann in den Hauptweg mündet.«
Der Hausmeister hielt schon den Hörer des Telefons in der Hand. Er hatte die Privatnummer von Konstabler Sandford gewählt. Erst nach einiger Zeit wurde abgehoben. Eine verschlafene Stimme meldete sich.
»Ich bin’s, Bob«, sagte der Hausmeister. »Hier ist gerade ein junger Mann angekommen, der behauptet, seine Freundin wäre ermordet worden.« Es folgte die Tatortangabe.
Bob Elkham lauschte ein paar Sekunden. Dann wandte er sich an Frank.
»Wie heißen Sie?«
»Frank Gibson.«
Bob Elkham sagte es dem Konstabler. Danach hörte er wieder einige Zeit zu.
Schließlich sagte er: »Nein, du mußt sofort kommen. Ich glaube nicht, daß der Junge spinnt. Er ist übrigens ganz voller Blut. Wann, sagst du, bist du da?«
»In 20 Minuten«, quäkte es aus dem Hörer.
»Gut. Wir werden uns am Tatort treffen.«
Bob Elkham legte den Hörer wieder auf die Gabel. »Sie haben gehört, was ich mit dem Konstabler vereinbart habe?«
Frank Gibson nickte.
»Schön, dann wollen wir mal. Warten Sie, ich hole nur noch meine Jacke und ein Gewehr. Man kann nie wissen.«
Der Hausmeister verschwand in einem Nebenzimmer. Nach einer halben Minute war er wieder da.
Die beiden Männer verließen das Internat.
Frank Gibson hatte es natürlich eilig. Das Tempo konnte der Hausmeister nicht mithalten.
»Nicht so schnell, junger Mann. Ein alter Mann wie ich ist doch kein D-Zug.«
»Entschuldigen Sie.«
Bob Elkham winkte ab.
Jetzt gingen die Männer nebeneinander her. Der Hausmeister hatte das Gewehr geschultert. Es war eine alte Jagdflinte.
»Sie sprach von einer weißen Frau, bevor sie starb«, sagte Frank Gibson plötzlich.
»Was?« Der Hausmeister blieb stehen.
»Ja, Linda sprach von einer weißen Frau.«
»Um Gottes willen.« Unwillkürlich schlug der Hausmeister ein Kreuz. »Die Lady Laduga, sie ist wiedergekommen.«
»Wer?« fragte Frank Gibson.
»Die Lady Laduga. Oder die weiße Frau. Sie wohnt in dem Leichenhaus. Sie ist schon über 300 Jahre tot, doch ihr ruheloser Geist lebt weiter. Sie wird wieder morden. Das war erst der Anfang.«
»Ich verstehe nicht, Mister…?«
»Haben Sie noch nie von der unheimlichen Mordserie gehört? Damals, 1965?«
»Nein.«
»Fünf Menschen wurden bestialisch umgebracht. Scotland Yard konnte den Täter nie fassen. Aber ich sage Ihnen, junger Mann, damals war es auch die weiße Frau gewesen. Ich lebte zu der Zeit noch unten im Dorf. Wir haben den Beamten alles erzählt, doch sie wollten uns nicht glauben. Ich gehe keinen Schritt mehr weiter.«
Frank Gibson war nachdenklich geworden. »Seien Sie kein Feigling«, sagte er zu dem Hausmeister. »Wir sind schließlich zu zweit. Und außerdem haben Sie ein Gewehr.«
»Das hilft gegen Geister auch nicht. Die weiße Frau ist unverwundbar.«
»Wo, sagten Sie, wohnt die weiße Frau oder Lady Laduga, wie man sie nennt?«
»In ihrem Leichenhaus. Ihr Mann hat sie dort damals lebendig eingemauert. Ehe er den letzten Stein eingefügt hatte, sprach sie noch einen grauenhaften Fluch aus. Dieser Fluch hat die Jahrhunderte überdauert.«
»Aber das sind doch Märchen.« Frank Gibson versuchte seiner Stimme einen belustigten Klang zu geben. Doch es gelang nicht so ganz.
»Es sind keine Märchen, junger Mann.«
»Gut, dann sind es eben keine. Gehen wir
Weitere Kostenlose Bücher