GK0031 - Sakuro, der Dämon
Stock.
John Sinclair schellte vergebens. Dr. Slater war nicht zu Hause.
Eine Nachbarin teilte dem Inspektor schließlich mit, daß der Wissenschaftler schon seit einer Woche in Spanien Urlaub machte.
John bedankte sich für die Auskunft und fuhr hinaus nach Putney, um Wendell Carson zu besuchen. Die Adressen der Männer hatte er sich von seiner Dienststelle geben lassen.
John parkte seinen Bentley vor einem abbruchreifen Zweifamilienhaus, ging durch den kleinen Vorgarten und wollte gerade schellen, als die Haustür geöffnet wurde.
Eine etwa 45jährige Frau mit weißblonder Perücke und grellgeschminktem Mund trat dem Inspektor entgegen. »Suchen Sie was?« fragte sie mißtrauisch.
John Sinclair lächelte gewinnend. »Ich möchte gern zu Mr. Wendell Carson, wenn’s recht ist.«
Die Frau blieb mißtrauisch. »Wer sind Sie überhaupt?«
»Mein Name ist Sinclair, Scotland Yard.« John ließ seine Marke aufblitzen. »Polizei? Und dann noch Scotland Yard? Ja, was hat Carson denn ausgefressen?«
»Gar nichts. Es ist eine reine Routineangelegenheit. Sind Sie mit Mr. Carson verwandt, Madam?«
»Nee. Ich bin die Wirtin hier. Aber Mr. Carson ist nicht da.«
»Ist er weggegangen?«
»Weiß ich nicht. Er kam gestern abend nach Hause, und heute morgen – ich mache ihm nämlich immer das Frühstück – war er weg. Ich weiß auch nicht, wohin. Hab’ ihn gar nicht gehen gehört. Sein Zimmer sieht auch ziemlich unaufgeräumt aus. Ist sonst gar nicht seine Art.«
John Sinclair wurde hellhörig. Sollte Wendell Carson das gleiche widerfahren sein wie Kenneth Branden?
»Darf ich mir das Zimmer mal ansehen?« fragte John. »Warum nicht. Kommen Sie mit.«
Die Wirtin führte John in das Haus und ging vor ihm eine altersschwache Treppe hoch. Sie öffnete die Zimmertür und sagte: »Hier wohnt er.«
John betrat den Raum. Er war klein und mit allerlei fremden Masken und Gegenständen vollgestopft.
»Heute morgen brannte sogar noch seine Schreibtischlampe«, sagte die Wirtin. »Hoffentlich ist ihm nichts passiert. Man liest ja immer soviel.«
John sah sich sorgfältig in dem Raum um, doch er konnte nichts finden, was auf Wendell Carsons Verschwinden hingedeutet hätte.
»Das Zimmer ist richtig unheimlich. Diese Masken und so. Finden Sie nicht auch?« fragte die Wirtin. John nickte.
Ein seltsamer Geruch war ihm in die Nase gedrungen. Süßlich, so wie Leichengeruch. Die Wirtin schien nichts bemerkt zu haben, denn sie plapperte munter weiter. John hörte gar nicht hin. Nach einigen Minuten verabschiedete er sich wieder, ohne auch nur die Spur eines Hinweises gefunden zu haben. Er gab der Wirtin noch seine Telefonnummer. »Wenn Mr. Carson zurückkommt, rufen Sie mich bitte an.«
»Werde ich machen, Inspektor.«
»Vielen Dank.«
John setzte sich wieder in seinen Bentley und dachte nach. Das war jetzt das zweite Mitglied der Expedition, das so plötzlich verschwunden war. Welches Geheimnis steckte dahinter? Sakuro. Dieser Name fiel ihm wieder ein. Sir Gerald hatte ihn erwähnt. Und auch in Dr. Brandons Bericht war davon geschrieben worden. Wer war dieser Sakuro? Ein Dämon? Wenn ja, woher kam er? Fragen über Fragen, auf die John Sinclair eine Antwort finden mußte. Der nächste Mann auf seiner Liste hieß Gregory Seaborg. Dieser Mann war für John im Augenblick unerreichbar, denn eine Anschrift hatte er nicht hinterlassen. Wahrscheinlich lebte er, wie viele Studenten, irgendwo in Soho in einer Kommune. Um ihn dort zu finden, brauchte man bald eine ganze Kompanie von Polizisten.
Aber irgendwo mußte es eine Spur geben. Dr. Brandon! Sicher. Damit hatte alles begonnen. Hier wollte John den Faden aufnehmen. Aber Dr. Brandon wohnte, das wußte John auch, fast 200 Meilen von London weg. Der Inspektor blickte auf seine Uhr. Schon Nachmittag. Wenn er sich beeilte, konnte er es bis zum Abend schaffen. Doch vorher wollte er noch an seiner Wohnung vorbeifahren.
John gab Gas. Er brauchte über eine halbe Stunde, bis er seine Bleibe erreicht hatte. Als er aus dem Wagen stieg schälte sich ein blondes Mädchen aus einem Sportflitzer. Das langbeinige Geschöpf kam direkt auf John zu. »Mr. Sinclair?« fragte das Girl.
»In Lebensgröße.«
»Ich hätte Sie gern gesprochen. Mein Name ist Sheila Hopkins.«
***
Falls John überrascht war, so zeigte er es wenigstens nicht.
»Aber sicher können Sie mich sprechen«, erwiderte er. »Kommen Sie mit in meine Wohnung. Dort redet es sich besser.«
»Danke, Mr. Sinclair.«
John und Sheila
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