GK112 - Der Geist der Serengeti
Punkte.
Das waren Augen, die mich anstarrten.
Ich vernahm ein Hecheln dicht hinter mir und wirbelte blitzschnell herum.
Da hetzte ein Wolf auf mich zu.
Ich zog den Stecher meines Diamondback, den ich immer noch in der Hand hielt, blitzschnell durch.
Die Kugel traf das Raubtier mitten im Sprung.
Die Bestie stieß einen schaurigen Schrei aus und ließ von mir ab, obwohl das Projektil den Wolf ganz gewiss nicht verletzt hatte.
Mir war klar, dass es dem Tier mit diesem Angriff nicht Ernst gewesen war.
Allmählich begann es hier unten zu dämmern.
Als ich mich umsah, wünschte ich mir die Dunkelheit zurück. Was ich erblickte, trieb mir den Angstschweiß auf die Stirn.
Eine Armee von schrecklichen Fabelwesen kam von allen Seiten auf mich zu.
Ihre Absicht war unverkennbar.
Sie wollten mich mit ihren Klauen und langen Zähnen zerfetzen, zerfleischen, mich in Stücke reißen.
Einen Teil von ihnen hatte ich bereits gesehen, als ich durch Mikumis Fernglas geschaut hatte.
Da ich mit meinem Revolver gegen sie ohnedies nichts auszurichten vermochte, steckte ich ihn weg.
Sie trieben mich vor sich her, gingen immer schneller. Und im gleichen Tempo wich ich vor ihnen zurück.
Um mich herum wurde alles giftig grün.
Mir war klar, dass ich ihre Angriffe nicht abwehren konnte. Irgendwann würde ich erschöpft sein. Bald schon würde ich mich nicht mehr schnell genug verteidigen können.
Dann war es vorbei mit mir.
Sie hatten Zeit. Sie brauchten gar nicht viel zu tun. Sie mussten mich nur pausenlos beschäftigen.
Und wenn ich dann schlappmachte, konnten sie mühelos über mich herfallen, um mich zu zerfleischen.
Ich warf mich herum und begann zu rennen. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich lief. Ich rannte einfach, weil ich nicht mehr den Mut hatte, stehen zu bleiben.
Ich hoffte, dass die Ungeheuer mich niemals einholen würden. Gleichzeitig aber sah ich, wie sie aufholten.
Ich keuchte durch grüne Schwaden, die sich auf meine Lunge legten und mir das Atmen zur Qual machten. Ich fiel über Gesteinsbrocken, die ich nicht gesehen hatte, rappelte mich wieder auf, rannte weiter.
Die Meute war mir erschreckend dicht auf den Fersen.
Ein Sturm fauchte mir entgegen, presste sich gegen meinen Leib und wollte mich aufhalten.
Ich warf mich mitten in ihn hinein und rannte mit brennenden Lungen weiter.
Regen klatschte mir ins schweißnasse Gesicht. Die Tropfen waren groß und grün. Sie schmeckten bitter, rochen nach Blausäure.
Mich sprang eine mörderische Todesangst an.
Ich stolperte wieder, knallte auf den Boden, war zu groggy, um noch einmal hochzukommen. Erschöpft rollte ich mich auf den Rücken.
In diesem furchtbaren Moment gab ich mich zum ersten Mal in meinem Leben selbst auf.
Mir war egal, was diese unheimlichen Wesen nun mit mir anstellen würden.
Ich konnte nicht mehr.
Ich war am Ende meiner Kräfte angelangt. Ich hatte nichts mehr zu bieten, musste mich in mein unvermeidbares Schicksal fügen.
Ich hoffte nur, dass es schnell vorbeigehen möge.
Doch mir war klar, dass das nicht der Fall sein würde…
***
Sie kamen nicht. Das konnte ich nicht verstehen.
Ich lag da, bereit zu sterben. Aber sie griffen mich nicht an. Sie waren überhaupt nicht mehr vorhanden.
Ich hörte sie nicht und sah sie nicht. Ich war allein.
Allein mit meiner grässlichen Todesangst, die sich bis in mein Knochenmark hineingefressen hatte.
Es ist verdammt schlimm, zu wissen, dass man sterben muss.
Es ist ebenso schlimm, zu wissen, dass man nicht mehr die Kraft hat, sich zu verteidigen.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich jemals so elend gefühlt habe wie damals.
Ich wusste nicht, wie lange ich auf diesem grünen Boden lag. Ich konnte nicht begreifen, dass diese Bestien ihre Chance nicht wahrgenommen hatten. Sie hätten leichtes Spiel mit mir gehabt.
Warum hatten sie mich verschont? Wegen Ngassa? Gehörte ich ihm?
Vielleicht war es so. Aber wenn ich ihm gehörte, dann verstand ich nicht, warum er nicht kam, um seinen Sieg auszukosten.
Was wollte er mir damit beweisen, indem er mich zu neuen Kräften kommen ließ? Wollte er mir damit zeigen, wie überlegen er mir war?
Darauf schien er wirklich abzuzielen. Er griff mich nicht an, solange ich wehrlos auf dem Boden lag.
Das hatte nichts mit Fairness oder Edelmut zu tun. Das war eine reine Machtdemonstration dieser Kreatur aus einer anderen Welt.
Niemand kümmerte sich um mich.
Ich lag auf dem Boden, starrte nach oben und sammelte neue Kräfte.
Langsam erholte ich
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