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GK283 - In den Katakomben von Wien

GK283 - In den Katakomben von Wien

Titel: GK283 - In den Katakomben von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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endgültig vorbei sein.
    Istvan Takay blickte sich rasch um. Niemand war mehr da, der ihn beobachten konnte. Der Ungar trat an das vergitterte Fenster. Seine rechte Hand glitt in die Tasche und brachte ein glitzerndes, funkelndes Ding zum Vorschein.
    Ein magischer Kristall war es, in dem ungeahnte, ja, unheilvolle Kräfte wohnten. Kräfte, deren Größe nicht einmal Takay selbst abschätzen konnte. Der Ungar hatte intensive Ahnenforschung betrieben, als er ein Haus in Wien geerbt hatte.
    Das war nun schon fünf Jahre her.
    Seither hatte er versucht, seinen Familienstammbaum zurückzuverfolgen. Er hatte viele Wochen, ja, Monate, in der Nationalbibliothek verbracht, hatte alte Dokumente und Schriften studiert, war auf einige Tagebücher gestoßen, die ihm jeweils den nächsten Schritt in die unbekannte Vergangenheit ermöglichten – und schließlich war er auf jenen magischen Kristall gestoßen, der im Keller des geerbten Hauses eingemauert gewesen war.
    Seine weitere Forschung ergab, daß einer seiner Ahnen sich unter den Pesttoten befunden hatte, und er hatte begriffen, daß er mit dem gefundenen magischen Kristall die Möglichkeit hatte, sich mit seinem Ahnen in Verbindung zu setzen.
    Und nicht nur das.
    Er konnte Arik Speer, seinen Vorfahren, sogar zum Leben erwecken. Die Kraft dazu befand sich in jenem magischen Kristall, den Istvan Takay soeben hervorgeholt hatte.
    Takays Herz schlug schneller. Er war aufgeregt. Er hörte die Stimme des Führers. Sie hallte gespenstisch dumpf durch die Katakomben. Takays Blick glitt nervös über die vielen staubgrauen Knochen.
    Er betrachtete die zahlreichen Totenfratzen. Welche davon gehörte Arik Speer? Der Ungar versuchte, sich auf seinen magischen Kristall zu konzentrieren. Er schaltete völlig ab.
    Er stieg mit seinem Geist auf eine magische Frequenz und hoffte, auf diese Weise eine Verbindung mit dem Geist des Pesttoten herstellen zu können. Seine Lippen bewegten sich kaum, als er leise murmelte: »Speer! Arik Speer! Hörst du mich?«
    Nichts.
    »Speer! Arik Speer! Ich bin sicher, daß du dich unter diesen zweitausend Skeletten befindest! Antworte mir, ich bitte dich darum!«
    Es knirschte und knisterte im Totenhaufen.
    Istvan Takay riß erfreut die Augen auf. Sein Blick glänzte wie im Fieber. Er suchte den Schädel seines Ahnen. Doch noch sah ein Totenkopf wie der andere aus.
    »Speer?« fragte Takay gespannt.
    »Wer bist du?« fragte plötzlich eine Stimme. Dumpf. Hohl. Wie aus einem tiefen, engen Schacht. Leicht hallend. Unheimlich.
    »Mein Name ist Istvan Takay.«
    »Warum störst du meinen Frieden?« fragte der Pesttote ungehalten.
    »Ich bin ein Nachfahre von dir, Arik Speer.« Das Herz des Ungarn schlug nun hoch oben im Hals. Er war erfreut. Er hatte es geschafft, den Geist des Toten zu aktivieren.
    Ohne den magischen Kristall wäre ihm das niemals gelungen.
    »Was willst du von mir, Istvan Takay?« fragte der Geist.
    »Ich möchte dir helfen.«
    »Ich bin tot.«
    »Das macht nichts. In diesem Kristall, den ich in meiner Hand halte, wohnen die Kräfte der Hölle. Damit kann ich dich zum Leben erwecken. Ich kenne deine Geschichte, Arik Speer. Du hättest damals nicht an der Pest zugrunde gehen müssen, wenn Bruno Katzler dich nicht gezwungen hätte, in Wien zu bleiben.«
    Der Tote knurrte.
    Takay fletschte die Zähne. »Du mußt voll Haß sein, Arik Speer. Vielleicht hegst du auch Rachegelüste. Nun, ich könnte dir zu deiner Rache verhelfen. Auch Bruno Katzler hat Nachfahren: Bernd und Olga Katzler. Du könntest ihnen heimzahlen, was dir ihr Vorfahre angetan hat.«
    Stille.
    Takay betrachtete unsicher die Totenschädel. »Hast du mich verstanden, Arik Speer?«
    »Natürlich habe ich dich verstanden«, sagte der Geist ungehalten. »Stör mich jetzt nicht. Ich möchte nachdenken!«
    Der Ungar nickte und schwieg. Er betrachtete den magischen Kristall in seiner Hand. Das Ding war hühnereigroß und sandte einen trüben Schein aus. Eine spürbare Kälte ging davon aus.
    Sie durchströmte Takays Hand und den Arm, reichte bis zur Schulter hinauf und sogar noch weiter: bis zu Takays Herz. Er wußte nicht, daß die höllische Kraft, die sich in jenem Kristall befand, sich mehr und mehr seiner Seele bemächtigte.
    Das geschah ohne sein Wissen. Er konnte es nicht spüren und nicht ahnen. Dennoch wurde er, seit der Kristall in seinem Besitz war, mehr und mehr ein Teil der Hölle.
    Ungeduldig nagte Takay an seiner Unterlippe. »Nun?« fragte er schließlich. Er konnte nicht

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