GK311 - Die Todesengel
umgebracht.
Was ihn jetzt noch aufrecht erhielt, waren die unsichtbaren Fäden des Bösen, mit denen er gegängelt wurde. Er hatte keinen eigenen Willen mehr, konnte nicht mehr tun, was er wollte, handelte nur noch nach Octopus’ Anweisungen.
Er war zur gefährlichen Marionette eines Dämons geworden, der für London eine große Bedrohung darstellte.
Mit finsterer Miene saß Melvyn Spaak in seinem Wagen. Nur noch zwei Querstraßen, dann war er zu Hause.
Er fuhr den Wagen nicht in die Garage, denn er hatte in Kürze noch einen weiteren Besuch zu machen.
Einen Besuch bei Octopus!
Der Arzt stieg aus dem Fahrzeug und eilte unter das Vordach über dem Eingang seines Hauses. Er holte die Schlüssel aus seiner Tasche und sperrte auf. Hastig begab er sich in sein Arbeitszimmer.
Sein Zeigefinger strich über die elfenbeinfarbene Telefonkladde. Er öffnete sie beim Buchstaben R.
Als dritter Name stand da: Ron Rennie - und daneben die Telefonnummer.
Melvyn Spaak wählte sie sogleich. Am anderen Ende wurde nach dem vierten Läuten abgenommen.
»Ja, Bitte?« Die Stimme einer Frau.
»Hallo, Martha«, sagte Spaak heiser. »Kann ich Ron kurz haben?«
»Geht es dir gut, Mel?« erkundigte sich Rennies Frau.
»Ich kann nicht klagen.«
»Das hört man gern. Wann läßt du dich mal wieder bei uns sehen? Du machst dich in letzter Zeit sehr rar, das muß ich schon sagen.«
»Tut mir leid, aber die Praxis…«
»Du solltest dich nicht zu Tode arbeiten, Mel. Keiner deiner Patienten dankt dir das.«
»Da hast du vollkommen recht. Ich werde versuchen, künftighin wieder etwas kürzerzutreten. Kann ich jetzt mit Ron sprechen?«
»Er steht bereits neben mir. Ciao, Mel.«
»Ciao, Martha.«
Der Hörer wechselte in Ron Rennies Hand. »Na, Mel, hast du schon Lampenfieber vor deiner ersten Rallye, die du mit mir bestreitest?«
»Wegen der Rallye rufe ich dich an…«
Ron Rennie lachte. »Mach dir keine Sorgen, Junge, wir werden das Kind schon schaukeln.«
»Ron, es tut mir furchtbar leid, aber ich kann an dieser Rallye nicht teilnehmen. Es steht um einen meiner Patienten ziemlich schlecht. Ich kann den Mann doch nicht seinem Schicksal überlassen und meinen Spaß an ’ner Rallye haben, das verstehst du doch, nicht wahr?«
»Natürlich«, sagte Ron Rennie enttäuscht. »Der Beruf hat selbstverständlich Vorrang. Verdammt, warum bist du nicht Rechtsanwalt und sonst was Vernünftiges geworden, wo du nach acht Stunden Arbeit Schluß machst und nach deinem Hut greifst!«
»Tut mir leid, Ron. Auch Ärzte muß es geben.«
Rennie seufzte. »Okay. Dann werde ich gleich mal Ritchie Cavette, diesen Miesling, anrufen und ihm sagen, daß der Platz des Kopiloten mal wieder für ihn frei ist. Er wird sich freuen. Und ich habe ihn einmal mehr am Hals.«
»Ich danke dir für dein Verständnis«, sagte Spaak. »Vielleicht klappt’s ein andermal.«
»Ja, vielleicht.«
Sie legten gleichzeitig auf.
Es klopfte an die Tür.
»Ja!« rief Melvyn Spaak ungehalten. Seine Haushälterin trat ein.
Sie war vierzig, neigte zur Korpulenz und trug ein kariertes Schürzenkleid. Ihr Name war Norma Wheeler. Sie blieb in der Tür stehen.
»Was gibt’s?« fragte Spaak schroff.
»Mr. Baxter hat angerufen. Vor ungefähr fünf Minuten. Seine Frau hat wieder einen dieser schrecklichen Anfälle. Mr. Baxter weiß sich nicht zu helfen. Er bittet Sie, so rasch wie möglich zu ihm zu kommen.«
Spaak winkte ab. »Ich habe keine Zeit.«
Seine Haushälterin schaute ihn erschrocken an. »Aber Mrs. Baxter stirbt vielleicht, wenn Sie sich nicht um sie kümmern, Doktor. Ist es nicht Ihre ärztliche Pflicht…«
»Haben Sie die Absicht, mich an meine Pflichten zu erinnern, Miß Wheeler?« brauste Melvyn Spaak auf. »Sind Sie der Meinung, daß ich nicht mehr selbst weiß, was ich zu tun habe?«
»Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur…«
»Was nehmen Sie sich eigentlich heraus!« schrie Spaak. »Was denken Sie denn, wer Sie sind?«
»Was ist denn bloß in Sie gefahren, Doktor? Ich wollte doch nur…«
»Sie sind in diesem Hause angestellt, um mir die Wirtschaft zu führen und nichts sonst!«
»Heißt das, daß ich zu nichts mehr eine eigene Meinung haben darf?« brauste nun auch Norma Wheeler auf. »Wo sind wir denn hier? Das ist ja wie im tiefsten Rußland!«
»Wenn es Ihnen nicht paßt, können Sie gern gehen!«
»Das werde ich. Gleich morgen.«
»Nein! Nicht morgen, sondern heute noch!« brüllte Melvyn Spaak.
»Heute no…? Draußen schüttet es wie
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