GK337 - Die Saat der Hölle
Ich legte die Serviette neben den Teller und erhob mich.
Mit einer fließenden Handbewegung fischte ich den Hörer aus der Gabel. »Ballard«, meldete ich mich.
»Tony, hier ist Peckinpah.«
»Guten Morgen, Partner.«
»Ich fürchte, es ist kein guter Morgen«, seufzte der Industrielle.
Mein Körper straffte sich unwillkürlich. »Ist etwas passiert?«
»Können Sie sofort in mein Büro kommen?«
»Natürlich. In zwanzig Minuten bin ich da«, versprach ich und legte auf. Vicky schaute mich fragend an. »Das war Peckinpah«, sagte ich.
»Ich hab’s mitgekriegt. Was macht ihm Kummer?«
»Keine Ahnung. Er hat mich nur gebeten, sofort in sein Büro zu kommen.«
Ich holte meinen Trenchcoat. Vicky fragte mich, ob sie ihre Verabredung mit dem Hollywood-Produzenten absagen solle. Ich sagte nein. Was auch immer an Üblem der Tag bringen sollte, es sollte nicht auch Vicky Bonney treffen. Mir war es lieber, wenn sie in nichts verstrickt wurde, das mir Grund gab, mich um sie zu sorgen.
Ich eilte in die Garage.
Wenig später war ich mit meinem weißen Peugeot 504 TI zu Tucker Peckinpah unterwegs. Sein Anruf hatte mich leicht beunruhigt.
Ein Raucher hätte sich in dieser Situation eine Zigarette angezündet. Da ich aber Nichtraucher bin, wickelte ich ein Lakritzbonbon aus dem Papier und schob es mir zwischen die Zähne.
Achtzehn Minuten nach Peckinpahs Anruf betrat ich das riesige Büro des Industriellen.
Der rundliche Mann mit dem stark gelichteten Haar machte ein Gesicht, das mir nicht gefiel.
Er nahm die fast unvermeidliche Zigarre aus dem Mund. Böse Zungen behaupteten, daß er mit dem Ding auf die Welt gekommen war.
Er bot mir Platz an und dankte mir dafür, daß ich so schnell gekommen war.
»Was haben Sie auf dem Herzen?« erkundigte ich mich.
»Im IPC Building geht es nicht mit rechten Dingen zu, Tony.«
»Was ist geschehen?«
»Der Nachtportier wurde heute morgen in einem der Erdgeschoßräume ohnmächtig aufgefunden. Man brachte ihn ins Krankenhaus, und er redete wirres Zeug, als er zu sich kam.«
»Was zum Beispiel?« wollte ich wissen.
»Er sprach von einem Tiger. Der Lichtschalter habe sich in einen Tigerkopf verwandelt, behauptete er. Er sagte, er wäre von dem Raubtier gebissen worden, doch sein Arm wies nicht die geringste Verletzung auf. Dennoch hatte er arge Schmerzen.«
»Wie heißt der Mann?« fragte ich.
»John O’Hara. Äußerst zuverlässig. Kein Trinker.«
»Dann wird es sich bei dem, was er erlebt hat, um keine Wahnvorstellung gehandelt haben.«
»Bestimmt nicht, Tony.«
»Das heißt für mich im Klartext: Dämonische Kräfte hatten dabei ihre Hand im Spiel.«
Tucker Peckinpah seufzte gequält. »Das befürchte ich auch. Es kommt noch etwas hinzu, Tony.«
»Schießen Sie los.«
»Zwei Fensterputzer entdeckten im dreizehnten Stock ein glühendes Augenpaar, das unglaublich rasch größer wurde und schließlich auf sie zuraste. Sie behaupten, die Augen wären gegen die Fensterscheibe geprallt und zerplatzt.«
»Wann hatten sie dieses Erlebnis?«
»Gestern nachmittag.«
»Warum haben sie es nicht gemeldet?« wollte ich wissen.
»Sie befürchteten, ausgelacht zu werden, dachten, es würde ihnen niemand glauben. Erst als sie von John O’Haras Erlebnis erfuhren, meldeten sie auch das ihre.«
Ich kniff die Augen zusammen. Teufel, was lief da? Aus welchem Grund war es zu diesen unheimlichen Vorkommnissen gekommen?
Was bezweckten die Mächte der Finsternis damit? Hatten sie etwas gegen das IPC Building? Wollten sie es für sich beanspruchen?
»In welchem Krankenhaus liegt John O’Hara?« erkundigte ich mich.
»In keinem mehr. Er hat darauf bestanden, daß man ihn entläßt. Nun ist er zu Hause.«
»Kennen Sie seine Adresse?«
Tucker Peckinpah nickte. »Ich habe sie mir für Sie geben lassen, denn ich wollte Sie bitten, sich mit dem Mann zu unterhalten.«
Ich erhob mich. »Her mit der Adresse, Partner.«
Der Industrielle händigte mir einen Zettel aus. Ich warf einen Blick darauf und schob ihn dann in die Außentasche meines Trenchcoats.
Peckinpah zog nervös an seiner Zigarre. Er blickte mich besorgt an. »Glauben Sie, daß die Eröffnung des IPC Building gefährdet ist, Tony?«
»Das kann ich im Moment noch nicht sagen. Ich hoffe aber nicht. Jedenfalls werde ich alles in meiner Macht Stehende unternehmen, damit das internationale Pressezentrum Ihr Eigentum bleibt.«
»Ich danke Ihnen.«
»Ist nicht nötig, Partner. Dafür bin ich ja schließlich da.«
***
John
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