GK379 - Das Auge des Bösen
er sein Lebtag noch nie ein Feigling gewesen war, machte sich in diesem Moment ein unangenehmes Angstgefühl in ihm breit.
Unwillkürlich hatte Eggar den Eindruck, daß von diesem Fremden nur Schlechtes zu erwarten war. Obwohl der Unbekannte nicht danach aussah, wurde Kenneth Eggar das Gefühl nicht los, daß der Mann das Böse verkörperte.
***
Schweißtröpfchen glänzten auf Eggars Stirn.
Er wollte etwas sagen, doch seine Stimmbänder schienen eingerostet zu sein. Er ärgerte sich über sein Verhalten.
Verflixt noch mal, er war doch keiner, dem man so leicht Angst einjagen konnte. Wieso war dieses Furchtgefühl denn so stark?
Verdrossen räusperte er sich. »Wir schließen um Mitternacht«, sagte er rauh. »Ich muß Sie bitten, die Aussichtsterrasse zu verlassen.«
Der Mann lächelte. Überheblich und kalt. »Angenommen, ich möchte nicht gehen.«
»Sie müssen!« sagte Eggar scharf.
»Ich muß nichts müssen.«
»Sind Sie darauf aus, mir Schwierigkeiten zu machen?« fragte Eggar aggressiv.
»Ich möchte von Ihnen lediglich erfahren, was Sie unternehmen würden, wenn ich mich weigern wurde, die Plattform zu verlassen.«
»Nun, ich war mal ein ganz guter Boxer. Genügt Ihnen das als Antwort?«
»Sie würden eine empfindliche Niederlage einstecken, wenn Sie mich anfaßten.«
Eggar bleckte die Zähne. »Das glaube ich kaum. Meine aktive Zeit liegt noch nicht lange zurück. Ich hab’ noch nichts verlernt.«
»Ihre Fäuste würden mich kein einziges Mal treffen.«
»So schnell sind Sie?«
»Noch schneller.«
»Sie schneiden auf«, sagte Eggar verächtlich.
»Sie glauben mir nicht?«
»Ganz und gar nicht. Ich halte Sie für einen Sprücheklopfer.«
»Soll ich Sie vom Gegenteil überzeugen?«
»Mann, ich rate Ihnen, lassen Sie’s lieber nicht darauf ankommen. Verlassen Sie die Terrasse und gehen Sie nach Hause. Wir wollen doch friedlich bleiben.«
»Sie haben mich einen Lügner genannt.«
Eggar schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht.«
»Indirekt schon.«
»Na schön. Und was wollen Sie jetzt machen?«
»Ihnen beweisen, daß Sie nicht recht haben.«
Etwas war plötzlich anders. Der Blick des Unbekannten hielt Eggar nicht mehr auf Distanz. Der Fremde ließ Eggar an sich heran.
Kenneth Eggar ging auf den Mann zu. Er wand sich. »Hören Sie, was soll dieser Unfug? Was bezwecken Sie damit? Wenn ich Sie jetzt zusammennagle, kriege ich Ihretwegen einen Haufen Ärger. Vielleicht verliere ich sogar meinen Job. Ich habe nicht die Absicht, mich von Ihnen aus der Reserve locken zu lassen. Wenn Sie nicht gehen, werden sich die Bullen um Sie kümmern, und ich bin fein raus.«
Der Fremde lachte spöttisch. »Ach so ist das. Sie sind zu feige…«
Eggars Brauen zogen sich zusammen. »Niemand darf mich einen Feigling nennen, Mister!«
»Ich tu’s aber!«
Kenneth Eggar ballte die Hände zu Fäusten. »Vorsicht, Mann! Das Maß ist gleich voll!«
»Sie zittern ja vor Angst!« höhnte der Unbekannte.
Das war zuviel für Eggar. Er hatte sich lange genug zurückgehalten. Er hatte den Mann gewarnt. Nun konnte er sich nicht mehr länger beherrschen.
Ansatzlos schlug er zu.
Es sollte kein Kampf über fünfzehn Runden werden, deshalb versuchte Eggar den Gegner gleich mit dem ersten Treffer zur Vernunft zu bringen.
Er legte eine Menge Dampf in den Schlag und zielte mit seiner Rechten – die ihm einstmals im Ring viel Respekt verschafft hatte – auf den Punkt des unvernünftigen Kerls.
Doch der Schlag ging daneben.
Eggar konnte nicht begreifen, wie so etwas möglich war.
Der Mann war tatsächlich ungeheuer schnell. So schnell, daß ihn Eggar nicht einmal ausweichen gesehen hatte.
Beinahe hätte sich bei Kenneth Eggar der Verdacht aufgedrängt, daß es hier nicht mit rechten Dingen zuging.
Sein Gegner konterte nicht, obgleich die Möglichkeit dazu bestanden hätte. Er grinste nur hohntriefend und reizte Eggar damit noch mehr.
»Okay!« keuchte Kenneth Eggar. »Dann machen wir jetzt mal ernst!«
»Einverstanden«, sagte der Fremde.
»Nehmen Sie die Brille ab!« verlangte Eggar.
»Wünschen Sie sich das lieber nicht!« erwiderte der Mann mit einem seltsamen Unterton.
»Wieso nicht?«
»Mein Geheimnis.«
»Ich verdresche keinen Brillenträger.«
»Ich höre immer verdreschen«, spottete der Mann.
»Verdammt noch mal, nehmen Sie die Brille ab. Ich will nicht, daß Sie durch einen Unglücksfall Ihr Augenlicht verlieren!«
»Sie sollten sich lieber um sich selbst sorgen.«
»Mir passiert schon
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