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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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Bedienstetenstolz hielten mich davon ab, an Ort und Stelle umzukippen. Hass loderte in mir auf, für meine Kollegen, die ich erst nach meiner Ankunft hatte inspizieren können, und nicht, wie es meiner Aufgabe entsprach, bevor überhaupt ein Gespräch und eine eventuelle Einstellung folgten. Illoyales Pack hatte Amaranth übernommen und mich in meiner Position nicht nur übergangen, sondern auch meine Lady hatte es nicht für nötig befunden, sich von mir beschützen zu lassen. Ich versuchte, in ihre Augen zu sehen, doch sie ignorierte mich. Vielleicht sah sie ihr Ende als gekommen, als unausweichlich; und als Erlösung von einem Leben, welches sie ohnehin nie umarmt hatte.
    Mit hassvollem Blick hob die Lady ihren Fuß, damit ihr der Servant ihren feinen Schuh abstreifen konnte. Sorgsam stellte er ihn ab und griff mit dem Handschuh nach einem der eisernen Stilettos. Niemals werde ich das grausame ziehende Geräusch vergessen, als der bloße Fuß der Lady auf die Stacheln fuhr und die Haut in sie hinein sank. Ebenso das widerwärtige Zischen, das daraufhin folgte – feine Haut, umschlossen von glühendem Eisen. Meine Herrin krümmte vor Schmerz den Rücken, erlaubte sich jedoch keinen Laut. Ihr Atem zitterte, sie schloss die Augen und hob den anderen Fuß leicht an. Der Servant zerrte den anderen Schuh fort, und als sie nicht sogleich in den zweiten Stiletto stieg, schob er ihren Fuß gewaltsam hinein. Ihr schrilles Kreischen zerriss die Abendstille, sodass die widerwärtigen Mitglieder der Familie sich die Ohren zuhielten. Ich musste meine Augen mit beiden Händen bedecken; alles war hier falsch. Zwischen meinen Fingern hindurch sah ich, wie sich die helle Porzellanhaut an ihren schmalen Füßen blähte. Dicke Blasen wölbten sich über den Rand hervor und die nun verbrannte Haut rollte sich wie kohlendes Papier über das Eisen.
    Die Musik hob zu einem langsamen Tanz an, jemand stieß die Lady auf das Parkett. Sie kreischte mit sich überschlagender Stimme und begann, wie in Trance und mit den Augen einer Wahnsinnigen, zu tanzen. Inständig wünschte ich mich fort, weit fort von diesem kranken Irrsinn, den gierigen Blicken der Meute, dem Gestank meiner gemarterten Herrin Fleisch, ihrem Anblick, das verkohlende Fleisch an ihren Füßen, der mir den Schweiß auf den ganzen Körper trieb und mein Herz knirschen und knacken ließ. Ich fasste mir an die Brust und ich schwöre, mein Herz brach, als ich in Eirwyns Antlitz blickte, welches erwartungsvoll der makabren Tanzvorstellung zugewandt war. Dann stürzte die Lady schwer und die Musik verstummte. Als Einziger trat ich hervor, kniete mich, der Ohnmacht näher denn je, neben sie. Ich legte den Kopf schief und besah mir ihr Gesicht, das einem friedlichen Totengesicht so fern war, wie ich der Vergebung. Ihr ehemals feiner Mund stand offen, die Lippen hatte sie in ihrer Pein aufgebissen. Zwischen geschwollenen Augenlidern glomm schwaches Rot durch den Schleier. Die Wangen waren fleckig und rot, Schweiß bedeckte ihren ganzen Körper. Hilflos begann ich, mit meinem Tuch über ihre Stirn zu streichen. Ein schwaches Röcheln kam über ihre Lippen.
    »Sie ist noch am Leben!«, rief Eirwyn begeistert aus.
    Ich hob den Kopf. Schon einmal hatte ich diesen Blick gesehen, und es war noch keinen Tag her. Es war schrecklich und schön zugleich, wie sie ihre Mutter fasziniert, beinahe träumerisch, betrachtete; wie einen netten Schmetterling, dem man genüsslich die Flügel ausreißen wollte. Mein Entsetzen ignorierte sie, ja, sie hielt meinen Blick sogar noch mit lachenden Augen in dem ihren fest. Kieran ging neben der ohnmächtigen Lady in die Hocke, hielt sein Gesicht nahe an das meiner Brotherrin. Er schüttelte leicht den Kopf. »Sicher?«
    Eirwyn nickte eifrig, mit zwischen die Zähne gezogener Unterlippe, wie ein kleines Mädchen, das man fragt, ob es eine extragroße Portion seiner Lieblingsmehrspeise zum Nachtisch möchte. Fahrig deutete sie auf ihre Mutter.
    »Sieh doch!«
    Kieran drehte ihr Gesicht zu sich. Es zeigte keine Regung. Langsam rann ein dünner dunkelroter Blutfaden aus ihrem Mund.
    »Was meinst du wohl damit?«, fragte der Jäger belustigt.
    Ich zwang mich, meine Erstarrung etwas zu lösen und das furchtbare Gefühl, dass alles hier ganz und gar falsch war, abzustreifen.
    »Die Bezeichnung 'noch am Leben' ist wohl unmissverständlich«, stieß ich einigermaßen hörbar heraus und brachte all meine verbliebene Kraft auf, ihn nicht sogleich niederzuschlagen und

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