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GLÄSERN (German Edition)

GLÄSERN (German Edition)

Titel: GLÄSERN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rona Walter
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are a dreamer, come in.
    If you are a dreamer, a wisher, a liar,
    A Hoper, a Prayer, a Magic Bean Buyer,
    If you´re a Pretender, come sit by my fire.
    For we have some flax-golden tales to spin.
    Come in. Come in.«

    (Shel Silverstein)

Nennen Sie mich ruhig Frederick. Ich bin Valet im Hause Amaranth, verborgen hinter einem der düstersten Wälder im Westen Schottlands. Als Valet habe ich natürlich Befehlsgewalt über alle Servants, die sich im Manor tummeln und die mal mehr, mal weniger sinnvoll für den Haushalt sind. Aber ich fungiere diesmal nicht nur als Bediensteter meiner geschätzten Lady.
    Zwar ist es meine Pflicht, als Ihr Erzähler zu unterhalten, und eine Geschichte ist zuallererst eine Geschichte, also fiktiver Natur. Doch nicht immer ist die Realität so explizit, wie wir es gerne hätten, und unsere Gesellschaft dümpelt durch Unwahrheiten, die sie selbst nicht als solche zu erkennen vermag. Vielleicht entscheidet derjenige, der später meine Aufzeichnungen liest, dass ich unter einer besonders ausgefallenen Art der Geisteskrankheit leide. Falls dem so ist, bedaure ich das. Zutiefst. Denn Wahrheit liegt in jeder meiner Zeilen. Wo wäre denn ansonsten der Sinn meiner Erzählung?
    Ich selbst habe vor, die Ereignisse der zurückliegenden Monate möglichst wahrheitsgetreu wiederzugeben. Allerdings werde ich, sofern mir schlicht eine Begebenheit aufgrund etwaiger Nebensächlichkeiten (wie meiner ausgedehnten morgendlichen Toilette oder dem weniger gelegentlich als häufigen Pint in geselligem Umfeld) entgeht, Kurzweil walten lassen. Jedoch weigere ich mich, etwas zu erfinden oder gar zu lügen.
    Ich überlasse Sie nun sich selbst und Ihrem für Sie angemessenen Quantum an Realismus. Nun denn …

… meine Augen und besonders meine Ohren habe ich in den letzten Monaten mit penibler Genauigkeit und unter der Anordnung, nur ja keinen Augenblick persönlichen Bedürfnissen (wie jenen oben genannten) zu frönen, unserem neuen, nun … Freund gewidmet. Zahlreiches Straßenpack wäre ganz versessen auf diese Art der einfachen Bespitzelung, um vergoldeten Tand oder anderen wertlosen Kram zu erhalten. Dennoch bin ich immer skeptisch, was die Stimmigkeit der Berichte meiner unzulänglichen Spione betrifft; werden sie doch allzu häufig Opfer ihrer kläglichen Gefühle oder verzerrten Interpretationen. Zudem wird das Volk aus dem Dorf dort unten eher den Teufel tun, als sich dem Wald auch nur auf einen Fuß zu nähern. Somit begleiten meine gute Freundin Giniver und ich persönlich den Hausfreund, um sich mit ihm – und seinem abscheulich verwanzten Reisesack – auf den Weg zu machen, der vor ihm liegt.

Ein nasser Besucher und ein Gespräch unter 10 Augen

    Nachdem er keuchend und schwitzend den langen und – zugegeben – recht steilen Trampelpfad durch den ›Wilden Wald‹, wie dieser gern genannt wird, hinauf zum Anwesen meiner Herrin wankte, ließ er den schweren Türklopfer einmal demonstrativ gegen das Holz fallen. Ebenso wie ich vor zu vielen Jahren, hatte er den langen Weg auf sich genommen, um der Herrin aufzuwarten. Nur besaß ich seinerzeit ungleich weniger Gepäck – nämlich gar keines.
    Der anhaltende Sprühregen hatte ihn längst völlig durchnässt und die dünnen Haarsträhnen und sein etwas zu langer tintenschwarzer Bart klebten ihm an Schädel und Hals wie glitschige Algen. Zudem ließ ihn der schneidende Wind erzittern wie ein altes Marktweib; bepackt war er ebenfalls wie eines. Ich wartete noch einen Augenblick ab, bis er zwei weitere Male den diabolisch grinsenden kupfernen Gargoyle an der Tür bediente und leise in seinem ordinären, harten und abstoßenden walisischen Dialekt fluchte. Ich blickte zu Jezabel hinauf, die ihre blauschwarzen Schwingen leicht gespreizt hatte und nun mit dem kleinen Köpfchen nickte. Der Rabe hatte bereits vor Stunden Position im Foyer bezogen, da wir den Gast schon beizeiten erwarteten. Ich setzte mein sorgfältig erlerntes Lächeln auf, das dem eines untertänigen Bediensteten schon sehr nahe kam, und öffnete langsam und mit gewisser Dramatik das Eingangsportal.
    »Lord Sandford wohl. Willkommen auf Amaranth Manor. Wir hatten Sie noch vor Einbruch der Nacht erwartet. Zum Dinner, um genau zu sein.«
    Ich blickte mit erhobenen Brauen auf die zierliche Taschenuhr, die ich um die Knöpfe meiner Weste geschlungen trug. Ein nettes Geschenk meiner Herrin, die einst einem der älteren Manservants gehörte, der letzten Winter das Zeitliche gesegnet hatte.
    Lord

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