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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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könnte dir gefallen?«
    »Aber wir … Sie …«
    »Ich bestell jetzt was zu essen. Lass uns beim Essen nur über Banalitäten reden, ja? Danach gehen wir nach oben. Ich kann dir ein, zwei Dinge zeigen, bei denen man die Lauscher austricksen kann . « Flüsternd setze ich nach: »Du musst jetzt lächeln!«
    »Ist das nicht allzu offensichtlich?« Inzwischen hat er die Arme gesenkt und locker um meine Taille gelegt. Ich zittere, denn in der letzten Woche habe ich mir genau das so sehr gewünscht … Nein, genug davon. Bis hierher und nicht weiter.
    »Nein, denn zur Überwachung normalen Verhaltens benutzen die primitive Geräte. Die hochsensiblen Apparate setzen sie nur ein, wenn wir uns seltsam benehmen. Also, benimm dich auf keinen Fall seltsam!«
    »Oh.« Als er einen Moment lang schockiert auf mich hinunterblickt, sehe ich zu ihm auf und küsse ihn. Er schmeckt nach Schweiß und schwach nach einem schalen Aroma, das an Staub und Büroarbeit denken lässt. Nach kurzem Zögern erwidert er meinen Kuss voller Leidenschaft. »Normal genug?«, erkundigt er sich.
    »Meine Güte! Aber zuerst essen wir.« Lachend ziehe ich mich zurück.
    Telefonisch bestelle ich eine Pizza und zwei Flaschen Wein. Während Sam ins Wohnzimmer geht, versuche ich, wieder zu Atem zu kommen. Jetzt geraten die Dinge so schnell in Bewegung, dass ich kaum noch damit klarkomme. Plötzlich muss ich mit jeder Menge widerstreitender Gefühle fertig werden. Und das zu einem Zeitpunkt, wo ich eigentlich nur einen weiteren unzufriedenen Insassen des Glashauses für unseren Feldzug rekrutieren wollte. Die Sache ist die: Sam und ich haben so viel hinter uns, dass in unserer Beziehung zueinander nichts einfach ist. Obwohl wir eigentlich gar nicht so viel zusammen unternommen haben, denn dazu fehlte uns die Zeit . Sam hat große Probleme mit dem Selbstbild, soweit es seinen Körper betrifft. Außerdem hätte ich - sie -, beeinflusst von der hinterhältigen Dr. Hanta, beinahe alles zwischen uns kaputt gemacht.
    Oh, späte Einsicht hilft einem wunderbar weiter, nicht wahr? Wenn ich genauer darüber nachdenke, muss ich allerdings sagen, dass Sams Unzufriedenheit und seine Passivität in unserer Beziehung ein ständiges Ärgernis dargestellt haben. Fast habe ich den Verdacht, dass erst meine scheinbare Kollaboration mit Hanta, Fiore und Yourdon ihn aus diesem Durchhängen gerissen hat.
    Als mir einfällt, was ich seinerzeit gedacht habe - ich kann ja auch kapitulieren -, empfinde ich Schuldgefühle. Ja, und im Gegenzug hätten sie mein Leben in eine wahre Hölle verwandelt, stimmt’s? War ich damals tatsächlich bereit gewesen, Leuten wie Fiore, Yourdon und Hanta völlige Kontrolle über mein Leben zu gewähren? Eigentlich glaube ich nicht, dass das in dieser Konsequenz in meiner Absicht lag, doch genau darauf lief es hinaus. Es kommt mir wie ein feiger Moment in meiner Vergangenheit vor, aber diese Feigheit war selbst gewählt, und ich fühle mich deswegen auf merkwürdige Weise besudelt. Denn eine solche Neigung zur Selbstaufgabe widerspricht meinem wahren Naturell leider gar nicht so sehr. Hanta hat Reeve/mich nicht von Grund auf verändert, sondern lediglich einiges in meinem Hirn neu gewichtet. Das Einzige, was das Böse für seinen Sieg benötigt, sind die guten Menschen, die gar nichts tun - um das Kind beim rechten Namen zu nennen. Und Sam hat diese Seite von mir zu sehen bekommen. Wie grässlich.
    Als der Schrank sich mit einem Läuten meldet, nehme ich die Pizzaschachtel und den Wein heraus. Auf dem Weg zum Wohnzimmer ziehe ich die Schuhe aus und schleudere sie in die Diele. »Sam?« Wieder mal hat er es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht und irgendeinen Sportkanal eingeschaltet. »Stell den Fernseher lauter«, sage ich, als er sich zu mir umdreht.
    Zwar sieht er mich mit hochgezogener Braue an, doch er tut es, während ich mich neben ihn setze. »Hier. Knoblauch, Tofu und ein frittiertes Hähnchensteak in Zitrone.« Ich klappe die Schachtel auf, hole ein Stück Pizza heraus und halte es ihm vor den Mund. »Willst du’s?«
    »Was soll das?«
    »Ich möchte dich füttern.« Ich lehne mich gegen ihn und halte ihm die Pizza so vor die Nase, dass er nicht herankommt. »Mach schon. Du bettelst doch geradezu darum, stimmt’s?«
    »Gaah.« Er beugt sich vor und beißt hinein. Ich versuche noch, meine Hand zurückzuziehen, bin aber so langsam, dass er sich ein Häppchen schnappen kann. Während ich lache und näher an ihn heranrutsche, merke ich, dass er

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