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Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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seinen Arm um meine Schulter geschlungen hat. »Du. Bist. Unerträglich«, sagt er kauend.
    »Manipulativ«, schlage ich vor. »Und nervend.«
    »Alles soeben Genannte?«
    »Ja, alles, aber wechselweise.« Ich lasse ihn noch ein Stück abbeißen, entscheide mich jedoch dagegen, ihm das ganze Stück zu überlassen, und esse den Rest selbst.
    »Jedes Mal, wenn ich glaube, dich zu verstehen, wirfst du die Regeln über den Haufen«, klagt er. »Gib mir noch ein …«
    »Ist nicht meine Schuld. Schließlich hab ich die Regeln ja nicht gemacht.«
    »Wer dann?«
    Ich deute zur Zimmerdecke hinauf und bewege den Finger hin und her. »Erinnerst du dich noch an unser Schwätzchen in der Bücherei?« Als ich Janis am vergangenen Dienstag in der Bücherei aufsuchte, rief sie Sam an und bat ihn vorbeizuschauen. Er war sehr verblüfft, mich in der Gestalt von Fiore zu sehen, und noch verblüffter, als wir ihm den Keller und das A-Tor zeigten. »Weißt du noch, wie ich aussah?« Er nickt unsicher. »Janis und ich haben inzwischen alles wieder auf die Reihe gebracht. Haben die leichten Meinungsverschiedenheiten beilegen können. Und jetzt fühle ich mich sehr viel besser und neige nicht mehr so zum Aufgeben.«
    Sein Arm legt sich fester um meine Schultern. Warm, tröstend, präsent. »Und woran liegt das?«
    Ich hole tief Luft und biete ihm noch ein Stück Pizza an. Besser ich halte ihn kurz, denn wenn er so weitermacht, wird er die ganze Pizza allein aufessen. »So will man doch nicht leben.«
    »Aber ich …«
    »Du etwa?«
    Er sieht mich an. »Als ich dir in der vergangenen Woche zugesehen habe …« Er schüttelt den Kopf. » Liebend gern würde ich mich hier auf diese Weise einrichten, wenn ich es könnte.« Erneut schüttelt er den Kopf, um seinem ironischen Ton Nachdruck zu verleihen. »Welche Alternative bleibt uns denn?«
    »Wir sollen nicht darüber reden, wo wir früher waren.« Ich mache eine kurze Pause, weil ich ein Stück Pizza kaue. »Und wir können nicht zurück.« Ich schieße ihm einen warnenden Blick zu. »Aber wir können uns hier drinnen besser einrichten, wenn wir unsere Prioritäten verlagern.« Wird er’s kapieren?
    Sam seufzt. »Wenn wir das nur tun könnten.« Er blickt auf seinen Schoß.
    »Ich kann dir eine neue Priorität anbieten.« Mein Herz klopft schneller.
    »Ach ja?«
    »Ja.« Ich lege die Pizzaschachtel auf den Tisch und schmiege mich an ihn. »Wir können gleich hier damit anfangen. Du musst mich nur auf die Arme nehmen und nach oben tragen, ins Badezimmer.«
    »Ins Badezimmer ?«
    »Genau.« Als ich ihn nochmals küsse, bin ich mir plötzlich nicht mehr sicher, ob das wirklich eine so gute Idee ist. »Dort gehen wir zusammen unter die Dusche, waschen uns gegenseitig und reden. Wir können ja nicht einfach so ins Bett steigen, wenn wir noch nach Büroarbeit riechen, oder?«
    »Duschen …«
    Die lakonischen Bemerkungen zählen nicht gerade zu seinen attraktivsten Eigenheiten. Durch einen Kuss hindere ich ihn am Weiterreden. Ich zittere dabei und bin bestürzt darüber, wie heftig ich auf ihn reagiere.
    »Jetzt sofort.«

    Allerdings läuft es nicht nach Plan, obwohl dieser Plan mir so simpel vorkam: Hol Sam wieder an Bord. Doch die praktische Umsetzung - ein echtes Gespräch mit ihm zu führen - ist längst nicht so einfach, wenn ständig die Gefahr gegeben ist, dass uns jemand belauscht. Allerdings besteht eine gute Chance, nicht aufzufliegen, wenn man die verdächtigen Aktivitäten als etwas tarnt, das sowieso von einem erwartet wird, und nur die dummen Abhör-Roboter online sind. Diese Roboter können kaum mehr leisten, als auf Schlüsselworte zu achten. Und die herrschende Clique ist so knapp mit menschlichem Personal, dass sie nicht alles, was wir sagen, ständig überwachen kann.
    Wenn man so will, bin ich naiv gewesen. Ich dachte, man könne die Überwachung ziemlich gut austricksen, würde einer von uns so tun, als wolle er den anderen verführen - schließlich sind wir ein verheiratetes Paar. Also schleppt der eine Teil dieses Paars den anderen in die Dusche ab, die viele Vorteile hat: jede Menge wunderbares weißes Rauschen, das die Audio-Überwachung vor Rätsel stellt, einen Wasservorhang, der es schwer macht, von den Lippen zu lesen, und einen guten Vorwand, eng beieinander zu stehen.
    Aber ich habe dabei nicht berücksichtigt, dass meine Haut prickelt und ich im Intimbereich Lust und Wärme empfinde, wenn ich Sam zu nahe komme. Insbesondere habe ich außer Acht gelassen, dass Sam

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