Glaub an das Glueck, Annabelle
Schluck Rioja und zwinkerte ihr dann amüsiert zu. „Aber genau so läuft das Spiel doch, Querida ! Ein wenig flirten, dreiste Fragen stellen, guten Wein trinken …“ Mit einem Ruck beugte er sich vor und suchte ihren Blick. „Sind Sie denn wirklich völlig immun gegenüber meiner verzweifelten Charmeoffensive?“
Und schon wieder fühlte sie brennende Röte in ihre Wangen steigen. „Das meinte ich nicht. Ich weiß sehr wohl, dass Sie davon überzeugt sind, kein weibliches Wesen könne Ihnen widerstehen. Aber was ist mit Ihnen? Ist Ihnen denn niemals eine Frau unter die Haut gegangen? Wenigstens ein bisschen?“
Plötzlich war sein Lächeln wie weggewischt. Stefano lehnte sich in seinem Stuhl zurück und schaute gedankenverloren zu dem verblichenen Wappen hinüber, das die gegenüberliegende Wand zierte. „Als Junge habe ich regelmäßig Pferde von diesem Anwesen gestohlen.“
Ah, er wechselte also das Thema! „Tatsächlich?“ Annabelle bekundete nur mäßiges Interesse. „Kaum zu glauben.“
„Okay, nicht wirklich“, korrigierte Stefano sich. „Mir taten die Tiere einfach leid, weil ihre Besitzer sie ignorierten, anstatt sie regelmäßig zu bewegen. Wenn mein Vater gerade nicht hinschaute, bin ich auf ihnen ausgeritten. Eines Tages wurde ich von einem Gast erwischt, als ich ohne Sattel seinen Hengst ritt. Er war Trainer eines famosen Teams, das Schau-Springturniere veranstaltete. Anstatt mich zu denunzieren, bot er mir einen Platz in seiner Truppe an. Ich war kaum achtzehn und sagte Nein, weil ich mich nicht von meiner Familie trennen wollte. Bis …“
Als er abbrach, schaute sie ihn fragend an.
„Bis mich die blonde Tochter des Trainers in einer Art und Weise überredete, der ich nichts entgegenzusetzen hatte.“
Ein feiner Stich in der Herzgegend ließ sie überrascht den Atem anhalten. Lieber Himmel! Sie war doch wohl nicht eifersüchtig auf ein blondes Mädchen, das Stefano Cortez in seinen Teenagertagen beeindruckt hatte? Das wäre ja absurd!
„Und? Was ist dann passiert?“
Gleichmütig hob er die Schultern. „Das Letzte, was ich von ihr gehört habe, ist, dass sie mit einem reichen Mann aus Mexico City verheiratet ist. Aber vor langer Zeit hat sie mir ziemlich viel bedeutet. Ich war einfach zu jung, um es besser zu wissen und habe mich zum Narren gemacht, bis ich herausfand, wie sie wirklich war.“
„Und wie war sie wirklich?“
„Die falsche Sorte Frau.“ Er machte eine Pause. „War es das, was Sie wissen wollten?“
Sie schwieg einen Moment und befeuchtete ihre trockenen Lippen mit der Zungenspitze. „Heute sprechen Sie voller Verachtung von der Tochter Ihres Trainers. Aber damals haben die beiden Sie doch aus Ihrer Armut befreit und Ihnen den Weg zu einer Karriere als Springreiter geebnet.“
„Auf eine gewisse Weise haben sie das tatsächlich getan“, gab er widerstrebend zu. „Das Geld aus meiner recht kurzen Karriere hat immerhin gereicht, um mir vor sechzehn Jahren den Kauf dieses Anwesens zu ermöglichen.“
„Dann verstehe ich nicht, warum Sie mitten in der Equestrian-Show vor dem Hindernis abgestiegen und nie mehr zum Springreiten zurückgekehrt sind.“
„Ich hatte meine Gründe.“
„Aber …“
„Ich habe Ihre Frage beantwortet, jetzt bin ich an der Reihe.“
Sofort verschloss sich Annabelles Miene. „Was wollen Sie wissen?“
„Warum sind Sie allein?“
Geschockt starrte sie in seine dunklen Augen. „Wie meinen Sie das?“
„Haben berühmte Fotografen nicht für gewöhnlich einen Tross von Assistenten bei sich?“
Ah, darauf spielt er also an und nicht auf die Einsamkeit, die mein Leben seit annähernd zwanzig Jahren zu einer Hölle macht …
„Meine Assistentin ist letzte Woche Mutter geworden. Sie und ihr Mann leben in Cornwall. Bis ich jemanden gefunden habe, der sie ersetzen kann, arbeite ich allein.“
„ Que lástima! Was für ein unglücklicher Umstand, aber wenigstens sind Sie es nicht, die plötzlich angebunden ist und ihre Arbeit aufgeben muss. Kein plärrendes Baby, das Sie nachts nicht schlafen lässt, kein verunkrauteter Cottage-Garten, der Ihnen tagsüber die Kräfte raubt, kein Ehemann, für den Sie täglich kochen, bügeln und die Socken waschen müssen. Oh, nein, eine Künstlerin wie Sie ist besser dran, wenn sie frei und ungebunden bleibt.“ Mit spöttischer Geste hielt er ihr sein Weinglas entgegen. „Auf die Freiheit!“
Annabelles Hals schmerzte, als sie heiser den Toast erwiderte. „Auf die Freiheit.“
Sie
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