Glaub an das Glueck, Annabelle
sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. „Von der Eisprinzessin zur verwöhnten Prinzessin auf der Erbse“, murmelte sie voller Selbstironie und konnte sogar über ihren albernen Vergleich lächeln. Doch das verging ihr schlagartig, als die Tür in der nächsten Sekunde wieder aufflog und Stefano noch einmal seinen Kopf ins Zimmer steckte.
„Was ich noch vergessen habe …“ Sein breites, herausforderndes Lächeln ließ ihr Herz höher schlagen, ob aus Angst oder zitternder Erwartung wusste Annabelle allerdings nicht. „Damit du dich nicht langweilst und womöglich doch wieder Fluchtpläne schmiedest“, plauderte er drauflos, während er quer durchs Zimmer ging, ihr Notebook samt Drucker und Kameratasche einsammelte und alles auf dem Nachttisch abstellte. „Hier, Arbeit lenkt dich doch am besten ab, oder?“
Annabelle konnte nur staunen und stumm nicken.
„Wenn du mich allerdings nach Tipps fragst, wie ich einen ganzen Tag im Bett verbringen würde …“
„Tu ich nicht!“, unterbrach sie ihn hastig.
Er lachte und beugte sich ganz tief zu ihr hinab. Als sein Gesicht dicht vor ihrem war, schloss Annabelle instinktiv die Augen. Da nichts geschah, hob sie vorsichtig die Lider und begegnete einem so hungrigen, brennenden Blick, dass es ihr den Atem verschlug.
„Fast hätte ich vergessen, dass du ja gar nicht von mir geküsst werden willst“, raunte er heiser, „aber eines kannst du mir zumindest nicht verwehren, Querida . Nämlich, dass ich die ganze Nacht über von dir träumen werde.“ Seine Stimme war wie ein Streicheln. „Und in meinen Träumen lässt du mich Dinge mit dir tun …“
„Das würde ich dir nie erlauben, und du würdest es nicht wagen!“ Erst verspätet kam ihr der Gedanke, dass man ihre vehemente Reaktion auch falsch interpretieren konnte.
Doch Stefano lächelte nur und richtete sich ganz langsam wieder auf. „Frühstück kommt sofort, Miss Wolfe. “
Flach auf dem Rücken liegend, den schmerzenden Knöchel hochgelegt und mit Eis gekühlt, starrte Annabelle brütend auf die geschlossene Tür. Ihre Lippen brannten immer noch von Stefanos unglaublichem Kuss, und ihre Wangen glühten vor Scham, weil es ihr einfach nicht gelingen wollte, das aufwühlende Erlebnis am Fluss aus ihrem Kopf zu verbannen.
Halt! Stopp! Das muss sofort aufhören!
Um sich abzulenken, griff Annabelle nach ihrem Laptop und öffnete ihren E-Mail Account. Arbeit war schon immer das Allheilmittel für jede Art von Seelenschmerz gewesen. Neben Einladungen zu diversen Partys in London hatte sie Informationen vom Geography - World-Magazine bekommen, die ihren geplanten Trip nach Patagonien und Tierra del Fuego betrafen.
Als sie eine Nachricht von Mollie Parker entdeckte, blinzelte Annabelle überrascht. Mollies Vater war früher Gärtner in Wolfe Manor gewesen und sie selbst eine der wenigen Gefährten ihrer Kinderzeit, zu denen sie heute noch Kontakt hatte. Voller Neugier öffnete sie die Mail.
Frisch zurück aus Italien, fühle ich mich wie ein neuer Mensch. Abgesehen von der Tatsache, dass ich gerade beschlossen hatte, meinen Job als Gärtnerin zugunsten einer Karriere als Garten- und Landschaftsarchitektin aufzugeben, als dein Bruder Jacob mich gebeten hat, dass ich Wolfe Manor zu meiner ‚Chefsache‘ mache. Ich erspare dir die Details, aber du kannst dir wahrscheinlich selbst ausmalen, dass er mir keine Wahl gelassen hat. Nach so vielen Jahren ist es schon ein wenig seltsam, ihn plötzlich jeden Tag zu sehen. Was mich besonders beeindruckt, ist, dass er sich wie ein Besessener auf die Renovierung eures Familienanwesens stürzt …
Wolfe Manor hatte bereits kurz vor dem Verfall gestanden, als Annabelle nach London gegangen war, um Fotografie zu studieren. Doch jetzt war Jacob nach fast zwanzig Jahren Abwesenheit nach England zurückgekehrt.
Jacob …
Sie lehnte sich in die Kissen zurück und schloss die Augen. Wenn er sie damals nicht vor der Brutalität ihres Vaters beschützt hätte, würde sie heute nicht mehr leben. Daran hegte sie nicht den leisesten Zweifel. Eines Tages würde sie ihm dafür danken. Doch nach so vielen Jahren des Schweigens konnte sie die Vorstellung, noch einmal über den grauenhaften Abend zu sprechen, kaum ertragen.
Das letzte Mal, als sie versucht hatte, mit Jacob darüber zu reden, hatte er Wolfe Manor ohne ein Wort verlassen und war für annähernd zwei Jahrzehnte in einem unbekannten Exil verschwunden.
Sie war es gewesen, die ihn damals mit ihren Krokodilstränen
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