Glauben Sie noch an die Liebe
ausgeht, es reicht schon ein kleines bisschen Glut. Und ich habe erfahren, dass es mit der Liebe sehr ähnlich ist: Die Liebe zwischen den Menschen ist ja nicht etwas, das immer gleich bleibt. Auch die Liebe kommt in Wellen, und man muss an ihr arbeiten. Man muss sie hüten wie ein ganz sensibles Blümchen: Wenn man es zu stark gießt, zerstört man es. Bekommt es zu wenig Wasser, verdorrt es.
In dem Wort »Leidenschaft« steckt »Leiden«. Mussten Sie dieses Leiden manchmal in Kauf nehmen?
Die Liebe ist so schön, dass sich jedes Leiden dafür lohnt.
Sie sprachen vorhin den großen Altersunterschied zu Ihrem Mann an. Haben Sie in ihm ein Stück weit eine Vaterfigur gesehen?
Ich würde schon sagen, dass ich in meinem Mann eine Vaterfigur gefunden habe. Mein Mann und mein Vater waren fast gleich alt. Allerdings habe ich mich für meinen Vater nicht so zuständig gefühlt wie für meinen Mann. Ich wollte dafür sorgen, dass mein Mann die nötige Geborgenheit und Liebe bekam und sich wieder mit der Kirche und dem religiösen Leben versöhnte, das mit seinem bisherigen Lebensentwurf nicht zu vereinbaren war.
Ihr Vater hatte mit einer ähnlichen inneren Zerrissenheit zu kämpfen. Obwohl er praktizierender Katholik war, lebte er nicht die Werte, die er der Familie predigte. Er hat Ihre Mutter lange Zeit mit einer anderen Frau betrogen und sie am Ende verlassen. Hat Sie das an Ihrem Glauben zweifeln lassen?
Zweifel hatte ich vor allem an der Urteilsfähigkeit meines Vaters. Natürlich war ich auch tief enttäuscht von ihm, aber diese Erfahrung hat in mir keine Glaubenskrise ausgelöst. Daraus habe ich fürs Leben gelernt, dass auch die schönsten Grundsätze, die hehrsten Ziele einen Menschen nicht davor bewahren, in Versuchung zu geraten und einen Fehler zu machen. Das ganze Leben besteht ja aus Fehlern. Man fällt hin, man steht wieder auf, man fällt wieder hin, und man steht wieder auf. Was ich auch gelernt habe, ist, dass dieses Hinfallen oder das Sündigen ein Teil des katholischen Glaubens ist, Teil des Menschen selbst. Dadurch habe ich gelernt, meinem Vater zu verzeihen.
Wie ist Ihnen das genau gelungen?
Er hat uns sehr orthodox erzogen. Dass er den größten Teil seines Lebens versucht hat, gemäß diesen Werten und gemäß den Geboten der Kirche zu leben, ist etwas Positives. Dass es ihm nicht gelungen ist, dies bis zum Schluss durchzuziehen, ist bedauerlich, aber Teil des Lebens. Wichtig ist nur, dass man sich des Unrechts bewusst ist. Und das hat mein Vater geschafft. Er wusste, dass er etwas Unrechtes tat. Deshalb ging er sonntags zwar immer in die Messe, aber durfte als geschiedener Mann nicht mehr zur Kommunion. Meine Schwester aus der zweiten Ehe meines Vaters hat mir erzählt, dass er häufig, wenn er mit ihr in die Kirche ging, ganz hinten stand und weinte. Das hat sie traumatisiert. Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass gerade dieses Unrechtsbewusstsein das Tolle war an unserem Vater. Denn wirklich schlimm ist es erst, wenn man aus einem Laster eine Tugend macht. Das hat mein Vater eben nicht getan. Er hat gesehen: »Das habe ich falsch gemacht, aber ich kann nicht anders. Die Umstände haben mich dazu gezwungen, die neue Frau anzunehmen und mit ihr zu leben. Das ist so, doch ich weiß, es ist verkehrt.« Mich hat das mit ihm versöhnt.
Hat Ihnen diese Erfahrung auch geholfen, sich mit Ihrem Mann zu versöhnen?
Ja, ich denke schon. Auch mein Mann war im Kern ein gläubiger Mensch, und er wusste, dass sein Lebensentwurf nicht richtig war. Er war nur nicht stark genug, dies zu ändern.
1990 stirbt Johannes von Thurn und Taxis bei einer Herztransplantation. Er hinterlässt nur auf den ersten Blick ein gut bestelltes Haus, St. Emmeram und 27 000 Hektar Wald. Doch in den letzten Jahren vor seinem Tod hat der Fürst versucht, seinen Betrieb zu modernisieren. Dafür hat er eine Reihe von smarten Jungmanagern mit Harvard-Diplom eingestellt, die dafür sorgen sollen, dass der Name Thurn und Taxis nicht nur für Land- und Forstwirtschaft steht, sondern für internationale Finanz- und Immobiliengeschäfte. Die Manager raten dem Fürsten zur Scheidung, seinen Besitz soll er in ein Stiftungsmodell umwandeln. Gloria von Thurn und Taxis verhindert ihre Entmachtung, indem sie Nicolas Hayek als Berater nach Regensburg holt. Dem Gründer der Uhrenmarke Swatch gelingt es, nachzuweisen, dass die Manager einen Schuldenberg in Höhe von zweihundertfünfzig Millionen Euro angehäuft haben. Der Fürst feuert die
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