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Glitzerbarbie

Glitzerbarbie

Titel: Glitzerbarbie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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die aber zum Großteil nicht an der Wassergymnastik teilnehmen, sondern sich mit Olivenöl eincremen, sich ihre Dior-Sonnenbrillen aufsetzen und den ersten Gin Tonic des Tages zu sich nehmen. Um dann von ihrem sicheren Liegestuhl aus das Geschehen im Wasser verfolgen zu können. Außer mir machen noch sieben andere Frauen mit. Eine ist so fett wie ich, eine ist noch fetter, und alle anderen sind dünn wie Streichhölzer. Aus Lautsprechern ertönt Discomusik. Auf Astrids Kommando müssen wir alle gleichzeitig ins Wasser springen. Meine Befürchtung, dass der Pool danach nicht mehr mit Wasser gefüllt ist, bewahrheitet sich zum Glück nicht.
    »Los, los«, ruft Astrid euphorisch und springt aus dem Wasser und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen wie ein Hampelmann. Gute Güte, ist das anstrengend. Und das in der Mittagshitze!
Zum Glück sehe ich Marius nicht, er ist wohl in den Schatten gegangen. Zu viel Sonne ist ja auch Gift für die Haut.
    Dann müssen wir zu allem Unglück auch noch Übungen zu zweit machen. Die sehen so aus, dass eine Frau die andere Huckepack nehmen muss oder man auf die verschränkten Hände der anderen klettern muss, um sich dann ins Wasser werfen zu lassen. Es ist entsetzlich peinlich, weil ich auch noch einen
    Bauchklatscher hinlege. Aber die Krönung findet zwei Minuten später statt. Ich muss mich vor eine Frau (die ganz dicke) stellen, und sie soll mir unter die Arme greifen und mich aus dem Wasser schleudern. Dummerweise hat sie einen Reißverschluss an ihrem Badeanzug, und dummerweise reißt sie meinen Anzug damit von oben bis unten auf, sodass ich mit auseinander klaffendem Badeanzug aus dem Pool torpediert werde und alle Ivana Trumps ihre Sonnenbrillen abnehmen. Das Nächste, was ich sehe, ist Marius. Er verdreht die Augen und schüttelt den Kopf.
    Für mich ist die Wassergymnastik dann vorbei.
     
    Marius ist ununterbrochen am Meckern. Über alles. Wie ein Rentner regt er sich darüber auf, dass er zehn Minuten auf einen Kellner warten muss, der ihm einen Cuba Libre mixt.
    Diese Eigenschaft ist mir völlig neu an ihm.
    »Unmöglich, dass es hier nicht genügend Sonnenliegen für alle gibt«, meint er irgendwann. »Morgen früh stelle ich mir den Wecker auf sechs und lege Handtücher auf zwei Liegen!«
    Hilf Himmel. Sind wir Pauschaltouristen aus dem Ruhrpott? Als er aber dann noch anfängt, sich mit einem Mann aus Winsen an der Luhe darüber zu unterhalten, dass der Urlaub heutzutage auch nicht mehr das ist, was er mal war, und man für sein Geld überhaupt nichts mehr geboten bekommt, werde ich nervös. Was sind denn das für Charakterzüge? Zum Glück liest er dann in seinem Buch weiter und sagt nichts mehr.
    Am Nachmittag wird mir trotz ruhigen Seegangs schlecht. Ich lege mich in die Kabine, was aber auch nichts nützt. Bitte jetzt nicht krank werden, ich freu mich doch so auf Kuba und Grenada und überhaupt alles. »Das ist bestimmt nur eine Magenverstimmung«, meint Marius, »abends geht es dir wieder besser.«
    Es geht mir aber auch abends nicht besser. Abends muss ich mich das erste Mal übergeben. Der Bordarzt kommt und diagnostiziert eine Fischvergiftung, was ihm ein Rätsel ist, weil sonst kein Gast, der Fisch gegessen hat, über Übelkeit geklagt hat. »Aber alle paar Jahre kommt das mal vor«, sagt Doktor Weiland, »da schleicht sich irgendein Fisch ein, der nicht mehr ganz gut ist, aber wie gesagt, der letzte Fall liegt Jahre zurück.« Klar, dass es mich treffen muss. Hätte der nicht mehr ganz gute Fisch sich nicht ein anderes Opfer aussuchen können?
     
    Um es kurz zu machen: Ich übergebe mich fünf Tage lang. Fünf ganze Tage. Und sehe danach aus wie der Ersatzjesus von Oberammergau: ausgemergelt, hager, blass, mit eingefallenen Wangen und strähnigen Haaren, denn ich bin zu schwach, um in die Duschkabine zu steigen. Marius kümmert sich rührend um mich, aber das hilft mir auch nicht weiter. Ich liege die ganze Zeit da und heule. Noch nicht mal ein Taschenbuch halten kann ich. Ist denn das zu fassen? Da bin ich das erste Mal in meinem Leben in der Karibik, aus dem Bullauge unserer Kabine kann man die schönsten Strände, Palmen und Kokosnüsse sehen, und ich liege hier, bereit zum Sterben. Warum meint es das Leben bloß so schlecht mit mir, warum, warum, warum? Meistens schlafe ich dann über diesem Gemütszustand ein, was auch sicher besser ist.
    Am sechsten Tag geht es mir endlich einigermaßen gut, und ich traue mich das erste Mal, weiter als zwei Meter

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