Glitzerbarbie
war es auf Haiti? Aber eine einsame Insel ist immer gut.
»Zeig mal«, sage ich, und Marius gibt mir den Prospekt. Das hört sich ja wirklich klasse an.
»Das wäre doch was für übermorgen«, meint Marius. »Das Flugzeug geht erst abends um neun, und die Tour ist um vier zu Ende. Wir können bequem hier auschecken und unser Gepäck am Flughafen deponieren.« »Das machen wir!«
Ich bin begeistert. Marius ruft bei der Buchungstelefonnummer an. Und dann gehen wir schwimmen. Ganz brav im Pool, ohne Haidelphine.
Am nächsten Morgen checken wir früh aus, bringen unsere Koffer zum Flughafen und begeben uns zum Startpunkt der Tour. Ich bin sehr aufgeregt. Ein Schwarzer steht am Meeting-Point und sammelt die Leute ein. Neben uns steht ein frisch verliebtes Pärchen, das offensichtlich noch nie im Ausland war und die Weisheit nicht gepachtet hat. »Gibt’s da Giraffen?«, fragt die Frau und, nachdem sie verständnisloses Kopfschütteln geerntet hat: »Aber Tiger doch bestimmt?«
»So, kann losgeh’«, sagt der Schwarze und strahlt uns mit blendend weißen Zähnen an. Wir müssen erst mit einem Helikopter auf eine bewohnte kleine Insel fliegen, dann geht’s mit Booten weiter. Bei diesen handelt es sich um kleine Motorboote, für die man keinen Führerschein braucht. »Ich fahre«, ruft Marius euphorisch. Mir soll es recht sein. Würde ich fahren, würden wir sowieso nie am Ziel ankommen.
»Dauert Fahrt ungäfär ein Sdund, dann wir sind auf schön Insel, wo nog nie Mensch war«, erklärt uns der Schwarze, der Moses heißt. »Und immer sön hintär mir bleip!«, warnt er mit erhobenem Zeigefinger. »Wenn gipt Problem, du musst folgend Handzeisch mag … «
»Ja ja«, unterbricht ihn Marius, »nothing will happened!«
Es ist ein wunderschöner, strahlender Karibiktag. Wir eiern mit fünf Stundenkilometern hinter Moses her, der ein viel schnelleres Boot hat als wir und die anderen, was aber nicht schlimm ist, denn wir können ihn wegen der guten Sicht ja gar nicht aus den Augen verlieren.
Und dann schlägt das Wetter um. Nicht schleichend und so, dass man reagieren könnte, nein. Von einer Sekunde auf die andere wird der Himmel schwarz, ein furchtbares Unwetter zieht auf, und irgendwelche Vögel kreischen im Tiefflug herum.
»Marius!«, schreie ich entsetzt, »wo ist Moses?«
Marius steht am Steuer und ruft: »Keine Ahnung, ich kann ihn auch nicht mehr sehen!«
Im nächsten Moment bricht ein Sturm los, wie ich ihn noch nicht erlebt habe. Wellen schlagen krachend gegen das Boot, und der Motor setzt aus. Wir treiben wie eine Nussschale auf dem Karibischen Meer herum. Ich fange laut an zu heulen. Niemand und nichts ist zu sehen, außer Wasser und Fluggetier, das die Augen so weit aufgerissen hat, dass man sie für Teller halten könnte.
Ich schließe mit meinem Leben ab. Bitte, bitte, nicht ertrinken. Lieber soll mir ein Baum auf den Kopf fallen oder ein Mast. Aber da das hier kein Segelboot und auch kein Wald ist, habe ich keine Chance. Ich krieche auf allen vieren zu Marius nach vorn, und der umarmt mich fest. »Ich hab Angst«, sage ich. »Ich auch.« Marius zieht mich noch enger an sich. »Was auch passiert, wir bleiben zusammen, hörst du?«
Ich nicke. »Es wird schon alles gut gehen«, sage ich gespielt optimistisch, während sich das Boot wegen einer sehr großen Welle zur Seite neigt und mir die Gischt ins Gesicht schlägt. Der Wind dreht ununterbrochen von einer Richtung in die andere, es ist sinnlos, das Boot überhaupt noch lenken zu wollen. Dann kommt ein großer Brecher von hinten.
»Achtung!«, schreit Marius und zieht mich mit sich auf den Boden. Überall nur Wasser, Wasser, Wasser. »Das Boot kippt um!«
Ich kreische vor Angst. Wir werden ins Wasser katapultiert wie Streichhölzer. Ich gehe unter, komme aber relativ schnell wieder hoch. Da ist Marius. Er hat es irgendwie fertig gebracht, die Schwimmwesten, die sich direkt neben dem Steuer befanden, zu greifen, und hektisch versuche ich, mir eine anzuziehen, was mir auch irgendwann gelingt. Währenddessen treibt unser Motorboot in Schräglage einer hoffentlich besseren Zukunft entgegen, als wir sie vor uns haben.
»Gib mir deine Hand, Caro!« Das ist leichter gesagt als getan. Wenn diese Scheißwellen nicht wären. Hoffentlich gibt’s hier keine Haie. Wir treiben Hand in Hand im Meer herum. Wäre doch Richard hier! Er würde eben rasch zum Boot kraulen, es schnell reparieren und uns dann hier abholen. Um uns dann, während wir an Bord
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