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Glücklich die Glücklichen

Glücklich die Glücklichen

Titel: Glücklich die Glücklichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Reza
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Hand, so nett von Ihnen, dass Sie gekommen sind, Raoul. Der Mann nimmt seine Brille ab und sagt, ich bin zutiefst betroffen. Jeannette lässt seine Hand nicht los. Sie schüttelt sie mit kleinen ruckartigen Bewegungen. Etwas peinlich berührt lässt er sie gewähren. Sie sagt, Raoul Barnèche. Er hat mit Ernest immer Gin-Rommé gespielt. Es stimmt, er hat was von Robert Mitchum. Ein Grübchen am Kinn, aufgedunsene Augen und eine rebellische Tolle. Jeannette ist ganz rosig. Er lächelt. Auf dem Vorplatz des Krematoriums, unter dem einheitlich blauen Himmel, klammert sich meine Schwiegermutter, während Familie, Freunde und Honoratioren auf sie warten, an diesen Mann, von dem ich noch nie etwas gehört habe. Ich spüre Bewegung ringsum. Die Türen des Saals zwischen den Säulen tun sich auf. Ich suche meine Mutter, die sich in Luft aufgelöst hat. Ich entdecke sie bei den Hutners am Fuß der Treppe. Odile tritt zu uns. Sie umarmt Jacob herzlich, wie lange hab ich dich schon nicht mehr gesehen, bist du wieder größer geworden ? Mit langsamer, dünner Stimme und starkem Québecer Akzent sagt Jacob, Odile, weißt du, ich habe ja auch meinen Vater verloren, das war natürlich eine schwere Zeit, aber er hat einen Platz tief in meinem Herzen. Er legt seine beiden Hände übereinander auf die Brust und fügt hinzu, ich weiß, dass er dort drinnen bei mir ist. Odile wirft mir einen entsetzten Blick zu. Ich reagiere mit einem beruhigenden Wimpernschlag. Mit den Lippen forme ich stumm einen Ersatz für »Ich erklär’s dir später«. Ich nehme Lionel, dessen Gesicht versteinert ist, am Arm, meine Mutter auf die andere Seite. Sie will gerade einen Kommentar abgeben, während wir die Steinstufen hochgehen, und durch Druck auf den Arm lege ich ihr Zurückhaltung nahe. Der Saal füllt sich in aller Stille. Ich bringe meine Mutter und die Hutners zu ihren Plätzen und spiele meine Rolle als Hausherr zwischen den Bankreihen. Ich begrüße die Familienangehörigen, Ernests bretonische Vettern, André Taneux, einen seiner Kommilitonen an der École Nationale d’Administration, der Erster Präsident des Rechnungshofs war, den Boss meines Medienkonzerns (dessen lächerlichen Dreitagebart Odile gut findet), Unbekannte, den Büroleiter des Finanzministers, den Chef der Generalinspektion für Finanzen, frühere Kollegen aus der Generalinspektion, die sich spontan vorstellen. Darius Ardashir macht mich mit dem Vorstandsvorsitzenden des Dritten Zirkels bekannt. Ich stoße wieder auf Odile, inmitten der Angestellten der Wurmster-Bank. Sie hat sich ihre kleine Frau-Anwältin-Toscano-Frisur gemacht. Sie ist tapfer. Sie murmelt mir ins Ohr: Jacob ? ! ... Ich habe keine Zeit zu antworten, weil der Zeremonienmeister uns auffordert, in die erste Reihe zu kommen, wo Marguerite, die Kinder und Jeannette sitzen. Die Anwesenden erheben sich. Ernests Sarg kommt in das Schiff der Kapelle. Die Träger setzen ihn auf Böcke am Fuß der Stufen, die zum Katafalk hinaufführen. Der Bestatter hat sich ans Pult gestellt. Hinter ihm, über dem doppelten Treppenlauf, der das Podium umgibt, ist eine gemalte Stadt zu sehen, halb Jerusalem, halb Babel, übersät von biblischen Pappeln, in eine oberkitschige blaue Dämmerung voller Sterne getaucht. Der Bestatter ruft zu einer Schweigeminute auf. Ich stelle mir Ernest vor, wie er in seinem taillierten Lanvin-Anzug aus den Sechzigern, den Jeannette ausgewählt hat, da drinliegt. Auch ich, sage ich mir, werde eines Tages in der Totenkiste ersticken, mutterseelenallein. Odile genauso. Und die Kinder. Und alle Anwesenden, mit oder ohne Dienstgrad, mehr oder weniger alt, mehr oder weniger glücklich, damit beschäftigt, ihren Rang unter den Lebenden aufrechtzuerhalten. Ernest trug diesen Anzug jahrelang. Auch als er völlig außer Mode war, auch als sein Bauch ihm den taillierten Zweireiher hätte verbieten sollen. Einmal, als er aus Brüssel zurückfuhr, bei Tempo hundertachtzig und selbst am Steuer, hatte Ernest eine Tüte Chips mit Barbecue-Geschmack, ein Hühnchensandwich und einen Nougatriegel gegessen. Nicht mal fünf Minuten später war er zu einer Aga-Kröte mutiert, erwürgt von seinem Lanvin-Anzug und dem Sicherheitsgurt. Er fuhr ein Peugeot-Kabrio, und als er in Paris ankam, hatte eine Taube auf ihn geschissen. Ich suche die Hutners. Sie haben sich an das Ende einer Reihe umgesetzt, direkt vor die Condamines. Jacob sitzt ganz außen. Bescheiden und zurückhaltend, denke ich, wie ein Mensch, der keine

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