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Glücklich die Glücklichen

Glücklich die Glücklichen

Titel: Glücklich die Glücklichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Reza
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Beatles-Frisur. Ich bat meinen Vater, sich einzuschalten. Inzwischen hatte ich noch eine Nachricht reingelegt, nur einen Satz, »Vergiss mich nicht ganz. Marguerite«. Das ganz schien mir ideal, um seine Ängste zu zerstreuen, falls er welche hatte. Eine kleine Erinnerung, in scherzhaftem Ton. Ich sagte zu meinem Vater, ich habe mir nichts anmerken lassen, aber du siehst ja, es tut sich nichts, und bald bin ich alt. Ich sagte zu meinem Vater, um 17 Uhr verlasse ich das Gymnasium, jetzt ist es neun Uhr vormittags, du hast acht Stunden Zeit, um Jean-Gabriel Vigarello eine charmante Antwort einzugeben, die ich dann in meinem Postfach oder auf meinem Handy vorfinde. Mein Vater hat keinen Finger gerührt. Aus dem Abstand betrachtet hat er recht. Er hielt nie viel von meinen absurden Vernarrtheiten. Er hat recht. Man sucht sich irgendein Gesicht aus, man schafft sich Rettungsbojen in der Zeit. Jeder möchte etwas zu erzählen haben. Früher stürzte ich mich in die Zukunft, ohne nachzudenken. Madame Compain war bestimmt auch so eine, die zu absurden Vernarrtheiten neigte. Wenn sie allein ins Hotel kam, hatte sie immer mehrere Koffer dabei. Jeden Abend sah man sie in einem anderen Kleid, mit einer anderen Halskette. Sie trug ihren Lippenstift bis auf die Zähne, das gehörte zu ihrer Eleganz. Sie ging von einem Tisch zum andern, trank ein Glas mit der einen Gruppe, dann mit der nächsten, und führte angeregte Gespräche, vor allem mit Männern. Damals war ich mit meinem Mann und den Kindern dort. Eine kleine Blase im Warmen, aus der man in die Welt hinausschaut. Madame Compain schwebte wie ein Nachtfalter umher. In allen Ecken, in die Licht drang, und sei es noch so schwach, zeigte sich Madame Compain mit ihren Flügeln aus Spitze. Seit meiner Kindheit stelle ich mir die Zeit bildlich vor. Ich sehe das Jahr als gleichschenkliges Trapez. Der Winter ist oben, eine gerade, stabile Linie. Herbst und Frühling hängen wie ein Rock daran. Und der Sommer war schon immer eine lange, flache Grundlinie. Heute habe ich den Eindruck, dass die Ecken sich rundgeschliffen haben, die Form ist nicht mehr stabil. Was sagt mir das ? Ich darf keine Madame Compain werden. Ich werde mal ernsthaft mit meinem Vater reden. Ich werde ihm sagen, dass er eine einzigartige Gelegenheit bekommt, sich zu offenbaren, und zwar zu meinem Vorteil. Ich werde ihn bitten, die Geometrie meines Lebens wiederherzustellen. Es handelt sich um etwas ganz Einfaches, leicht zu bewerkstelligen. Könntest du, setze ich an, mir jemanden über den Weg laufen lassen, der fröhlich ist, mit dem ich zusammen lachen könnte und der gern wandert ? Bestimmt kennst du jemanden, der seinen Schal flach übereinandergelegt in einem altmodischen Mantel trägt, der mich mit sicherem Arm stützt und der mich in den Schnee und den Wald mitnimmt, ohne dass wir uns verlaufen.

Odile Toscano
    Alles regt ihn auf. Meinungen, Dinge, Leute. Alles. Man kann nicht mehr aus dem Haus gehen, ohne dass es ein schlimmes Ende nimmt. Ich überrede ihn auszugehen, aber danach tut es mir fast immer leid. Wir verabschieden uns mit albernen Witzeleien, auf dem Treppenabsatz lachen wir noch, und im Fahrstuhl breitet sich sofort Kälte aus. Dieses Schweigen müsste man mal untersuchen, vor allem auf Autofahrten herrscht es, wenn man nachts nach Hause fährt, nachdem man sein Wohlergehen zur Schau gestellt hat, eine Mischung aus Mobilisierung und Selbstlüge. Ein Schweigen, das nicht einmal das Radio erträgt, denn wer würde in diesem Krieg zweier stummer Widersacher wagen, es einzuschalten ? Heute Abend, während ich mich ausziehe, lässt sich Robert wie immer viel Zeit im Kinderzimmer. Ich weiß, was er tut. Er kontrolliert ihren Atem. Er beugt sich über sie und überprüft in aller Ruhe, ob sie auch nicht tot sind. Dann sind wir beide im Bad. Keinerlei Kommunikation. Er putzt sich die Zähne, ich schminke mich ab. Er geht auf die Toilette. Und dann treffe ich ihn im Schlafzimmer auf dem Bett sitzend an; er ruft mit dem Blackberry seine Mails ab, er stellt seinen Wecker. Dann schlüpft er unter die Decke und macht sofort das Licht auf seiner Seite aus. Ich setze mich auf die andere Seite des Bettes, stelle meinen Wecker, creme mir die Hände ein, nehme eine Rohypnol, stelle mein Glas Wasser und mein Ohropax auf dem Nachttisch bereit. Ich ordne die Kissen, setze mir die Brille auf und mache es mir zum Lesen bequem. Kaum habe ich angefangen, sagt Robert in pseudo-​neutralem Ton, mach bitte das Licht

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