Glücklich die Glücklichen
du ? – Von Rémi Grobe. – Kunst, Immobilien, ich weiß nicht so genau. – Ein Typ, der überall seine Finger drin hat. Ein Gauner also. Ist er nicht verheiratet ? – Geschieden. – Gefällt er dir ? Aus dem Flur ist ein Rutschen zu hören und ein dünnes Stimmchen: Maman ? – Was hat er denn ?, fragt Robert, als wüsste ich das, und in diesem sofort besorgten Tonfall, der mich nervt. – Wir sind hier, Antoine, sage ich, Papa und ich, im Bad. Antoine erscheint im Pyjama, halb in Tränen. – Ich hab Doudine verloren. – Schon wieder, sag ich, willst du Doudine jetzt jede Nacht verlieren ? Um zwei Uhr morgens kümmern wir uns nicht um Doudine, da machen wir heia, Antoine ! Antoines Gesicht verkrumpelt sich quasi in Zeitlupe. Wenn er sein Gesicht so verkrumpelt, lassen sich die Tränen nicht mehr aufhalten. Robert sagt, was schnauzt du den armen Jungen so an ? – Ich schnauz ihn gar nicht an, sag ich, und dann, mit meinem gesamten Maß an Selbstbeherrschung – aber ich begreife nicht, warum wir diese Doudine nicht anbinden. Die braucht doch nachts bloß angebunden zu werden ! Ich schnauz dich nicht an, mein Schatz, aber es ist jetzt viel zu spät, sich um Doudine zu kümmern. Komm, jetzt geht’s wieder ins Bett. Wir setzen uns Richtung Jungszimmer in Bewegung. Antoine wimmert Doudiiiiine , Robert und ich bewegen uns im Gänsemarsch durch den Flur. Wir betreten das Zimmer. Simon schläft. Ich bitte Antoine, still zu sein, damit er seinen Bruder nicht aufweckt. Robert flüstert, wir finden sie wieder, mein kleiner Biber. – Bindest du sie an ?, jammert Antoine, ohne die geringsten Anstalten, seine Stimme zu senken. – Ich binde sie nicht an, mein kleiner Biber, sagt Robert. Ich knipse die Nachttischlampe an und sage, warum denn nicht ? Wir können sie doch abends so anbinden, dass es ganz angenehm für sie ist. Sie wird nichts merken, und du hast eine kleine Schnur, an der du ziehen kannst ... Antoine fängt an, wie eine Sirene zu heulen. Wenige Kinder verfügen über eine dermaßen strapaziöse Klagetonart. – Pschschscht !, sage ich. – Was ist denn los ?, sagt Simon. – Na bitte ! Jetzt hast du deinen Bruder geweckt, bravo ! – Was macht ihr ? – Wir haben Doudine verloren, sagt Robert. Simon sieht uns mit halb geschlossenen Augen an, als wären wir schwachsinnig. Er hat recht. Ich bücke mich, um unter dem Bettgestell nachzuschauen. Ich fahre mit der Hand so ziemlich überall herum, denn man sieht nicht viel. Robert durchwühlt die Steppdecke. Mit dem Kopf unter dem Bett murmele ich, ich begreife nicht, warum du mitten in der Nacht nicht schläfst ! Das ist doch nicht normal. Mit neun Jahren schläft man. Plötzlich ertaste ich sie, sie ist zwischen dem Lattenrost und der Matratze eingeklemmt. Ich hab sie, ich hab sie. Da ist sie ! Nervtötend, diese Doudine ... Antoine presst sich das Stofftier an den Mund. – Hopp, ins Bett ! Antoine legt sich hin. Ich gebe ihm ein Küsschen. Simon rollt sich in seine Decke ein und wendet sich ab, als wäre die Szene, die er gerade miterlebt hat, zum Verzweifeln. Ich knipse die Lampe aus. Ich versuche, Robert aus dem Zimmer zu schieben. Aber Robert bleibt. Er will die mütterliche Schroffheit ausgleichen. Er will die Harmonie im verzauberten Zimmer der Kindheit wiederherstellen. Ich sehe, wie er sich über Simon beugt und ihn auf den Nacken küsst. Dann setzt er sich, in einem Halbdunkel, das ich noch dunkler mache, indem ich die Tür zuschiebe, auf Antoines Bett, deckt ihn zu, zieht die Steppdecke zurecht, steckt Doudine fest, damit sie nicht wieder wegrutscht. Ich höre, wie er zärtliche Worte murmelt, und frage mich, ob er da nicht mit einer kleinen Geschichte über den Wald von Maître Janvier angefangen hat. Früher brachen die Männer auf, um Löwen zu jagen oder Länder zu erobern. Ich warte auf der Schwelle, bewege gelegentlich die Tür, um deutlich zu machen, wie genervt ich bin, auch wenn meine marmorstarre Haltung schon vielsagend genug ist. Endlich erhebt sich Robert. Schweigend gehen wir wieder in den Flur. Robert betritt das Bad, ich das Schlafzimmer. Ich lege mich wieder hin. Setze die Brille auf. »Pal saß hinter seinem Schreibtisch. Die feisten Hände auf der schmutzigen Schreibunterlage. An jenem Morgen, teilte er Gaylor mit, hatte Raoul Toni die Garage betreten ...« Wer ist Raoul Toni ? Mir fallen die Augen zu. Ich frage mich, was Robert im Bad macht. Ich höre Schritte. Er kommt. Er hat die Hose
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