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Glut und Asche

Glut und Asche

Titel: Glut und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Konstabler bei. Er seufzte. »Wir bemühen uns, aber manchmal beginne selbst ich mich zu fragen, ob wir der wac h senden Flut von Verbrechen noch Herr werden können.« Er sah Andrej an, als erwarte er Mitleid von ihm oder hätte sogar ein Anrecht darauf. »Haben Sie von diesen geheimnisvollen Mo r den gehört, die es in den letzten Tagen gegeben hat, Mister D e lany ?« Ungefähr seit dem Tag, an dem Sie und Ihr Freund hier angekommen sind? Das sagte er zwar nicht laut, aber A n drej hörte es trotzdem.
    »Nein«, antwortete er.
    »Was war denn so geheimnisvoll an diesen Morden?«, wollte Abu Dun wissen.
    »Bisher sind es sechs Tote«, sagte Marcus, Abu Duns Frage keine Beachtung schenkend und auch weiter an Andrej g e wandt. Seine Augen wurden ein wenig schmaler, und etwas in seinem Blick änderte sich - nicht einmal viel, aber dennoch g e nug, damit Andrej verstand, dass aus der vermeintlich belan g losen Unterhaltung nun endgültig ganz offen ein Verhör g e worden war. »Für eine Gegend wie diese und eine Stadt wie London ist das nicht einmal außergewöhnlich viel, wie ich le i der zugeben muss, aber etwas an diesen Todesfällen beunruhigt die Menschen hier.«
    »Und Sie auch, Konstabler ?«
    Marcus überging auch diese Frage. »Die Opfer wiesen nicht die kleinste Verletzung auf«, fuhr er fort. »Nicht einen einzigen Kratzer, wenn Sie verstehen. Sie waren ... einfach nur tot. Als hätte ihnen jemand das Leben gestohlen.«
    »Vielleicht waren sie ja krank«, vermutete Abu Dun. »Oder ein Vampyr treibt hier sein Unwesen.«
    Marcus verzog keine Miene , aber Miss Torrent sagte scharf: »Ich schätze solches Gerede in meinem Haus nicht, Mister Dun!«
    »Und das mit gutem Grund«, fügte Marcus hinzu, machte zugleich aber auch eine beruhigende Geste in Abu Duns Ric h tung. »Ich muss gestehen, dass es mir ähnlich geht, Sir.«
    »Abu Dun hat nur einen Scherz gemacht, Konstabler«, sagte Andrej rasch.
    »Das ist mir klar«, erwiderte Marcus kühl. »Und würden die Dinge anders liegen, würde ich gern zusammen mit Ihnen d a rüber lachen, Mister Delany . Aber bitte bedenken Sie, dass in dieser Gegend zumeist sehr einfache Menschen leben. Anw e sende natürlich ausgenommen«, fügte er mit einem raschen Blick in Miss Torrents Richtung hinzu. »Aber die Leute hier ... reden bereits. Sie haben Angst, und Geschichten wie diese tr a gen nicht unbedingt dazu bei, die Ruhe auf den Straßen wieder herzustellen.«
    »Selbstverständlich, Konstabler«, sagte Andrej ebenso kühl. »Bitte verzeihen Sie meinem Freund. Es wird nicht wieder vorkommen. Nicht wahr, Abu Dun?«
    »Natürlich nicht, Sahib«, sagte Abu Dun in unterwürfigem Ton. »Bitte verzeih deinem unwürdigen Diener.«
    Marcus zog leicht irritiert die Augenbraue hoch, hob aber dann nur die Schultern. »Nichts für ungut«, sagte er. »Unser aller Nerven sind im Moment wohl etwas angespannt. Ich we r de mich ein wenig bei den einschlägigen Hehlern und Schwarzmarkthändlern umhören, was das Schwert betrifft, das Ihnen gestohlen wurde. Wer weiß - vielleicht findet unser nächstes Treffen ja unter etwas ... günstigeren Vorzeichen statt.«
    Was nichts anderes bedeutete, als dass es ganz bestimmt ein nächstes Treffen geben würde. Andrej zwang sich dennoch zu einem Lächeln, und Marcus kam wohl zu dem Schluss, ihn z u mindest für heute genug eingeschüchtert zu haben.
    »Dann werde ich jetzt wieder gehen«, sagte er. »Ich habe noch sehr viel zu tun.« Er nahm Mantel und Hut vom Stuhl - einen schwarzen Mantel, der eher an ein Cape erinnerte, wie sie schon vor mehr als einer Generation aus der Mode gekommen waren, und einen ebenfalls schwarzen, hohen Zylinder mit e i nem kle i nen Emblem aus Messing - so etwas wie die Uniform der hi e sigen Polizei, vermutete Andrej -, behielt aber beides in der Hand und schnippte mit den Fingern. Die Tür hinter Andrej ging auf, und schwere Schritte hielten auf ihn zu. Andrej wide r stand der Versuchung, sich umzudrehen, erinnerte sich aber gerade noch rechtzeitig genug daran, genau jenes Maß von Überraschung und widerwilliger Anerkennung auf sein Gesicht zu zaubern, das der Konstabler anscheinend erwartete.
    Marcus setzte nun doch seinen Hut auf, berührte mit einem grüßenden Nicken in Miss To rrents Richtung dessen Krempe und wandte sich zur Tür, als wolle er gehen. Er war kein b e sonders guter Schauspielen Andrej wusste, dass er sich noch einmal umdrehen und so tun würde, als wäre ihm noch etwas eingefallen, schon bevor

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