Glut und Asche
der Konstabler dazu ansetzte.
» Konstabler ?«
»Da wäre nur noch eine Kleinigkeit«, sagte Marcus. Dass er es erst tat, nachdem seine beiden Begleiter rechts und links von ihm Aufstellung genommen hatten, war wohl sicher kein Zufall. Beide waren ausgesucht groß und kräftig, bullige Männer mit wenig intelligenten Gesichtern und dafür umso stärkeren Hä n den.
»Ich bin zwar sicher dass es sich um nichts anderes als eine Verwechslung handeln kann, jetzt wo ich Sie persönlich ke n nengelernt habe, Mister Delany , aber ich möchte es nur der Ordnung halber ansprechen.«
»Und was wäre das, Konstabler?« Marcus' Blick bekam e t was Lauerndes. »Es gab heute Morgen einen hässlichen Zw i schenfall, nur ein paar Straßen von hier«, sagte er. »Einige Pa s santen berichten, zwei Männer hätten ein junges Mädchen b e lästigt, das aus einer Kutsche geflohen sei. Auf eine ...« Er räusperte sich und schien mit einem Mal nicht mehr so recht zu wissen, wohin mit seinem Blick, so als wäre ihm das, was er zu sagen hatte, peinlich. D as wiederum, fand Andrej, war ganz außergewöhnlich gut geschauspielert. »... nun ja, ganz b e stimmte Art belästigt. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Andrej sah nicht hin, aber er spürte Miss Torrents empörte Miene beinahe körperlich. »Und?«, fragte er.
»Nun ja, es gibt eine vage Beschreibung der beiden Männer, vor denen das Mädchen geflohen ist«, antwortete Marcus.
»Und sie haben ausgesehen wie wir«, vermutete Andrej.
»Waren Sie es?«, fragte der Konstabler geradeheraus.
»Nein«, log Andrej. »Aber Sie würden diese Frage kaum stellen, wenn Sie es nicht annehmen würden.«
Marcus bemühte sich um ein angemessen verlegenes G e sicht. »Glauben Sie min Mister Delany , ich weiß nur zu gut, wie w e nig man auf die Beschreibung von Zeugen geben kann. Zeigen Sie fünf verschiedenen Leuten ein und dasselbe Gesicht, und Sie erhalten fünf vollkommen verschiedene Beschreibu n gen. Das musste ich zu meinem Leidwesen schon oft genug festste l len, glauben Sie mir. Es ist nur so, dass die Menschen nervös sind, seit diese schrecklichen Verbrechen stattfinden. Und Sie wissen ja, wie die Leute sind. Sie und Ihr Freund sind fremd hier, und man ist schnell damit bei der Hand, Fremde zu verdächtigen. Sie sehen mir nicht aus wie jemand, der sich an e i nem Kind vergeht, Mister Delany . Und Ihr Freund«, fügte er mit einem Blick zu Abu Dun hinzu, »auch nicht.«
Abu Dun sah ganz so aus, als denke er ernsthaft darüber nach, sich an einem gewissen Konstabler zu vergehen, b e herrschte sich zu Andrejs Erleichterung aber Ma r cus wandte sich wieder zu Andrej um und sah ihn durchdringend an. A n drej hätte ihn binnen eines einzigen Moments niederstarren können - welcher Sterbliche hielt schon dem Blick von Augen stand, an denen Jahrhunderte vorübergezogen w a ren? -, aber er hielt es für klüger; den Konstabler in dem Gla u ben zu lassen, er hätte das stumme Duell gewonnen. Er war es, der als Erster den Blick senkte.
»Dann wäre ja alles in bester Ordnung, wie mir scheint«, sagte der Konstabler »Ich nehme an, Sie beabsichtigen, noch eine Weile zu bleiben?«
»Vielleicht ein paar Tage.«
»Das ist gut«, sagte Marcus, indem er sich endgültig zur Tür wandte. »Ich werde mich nach Ihrem Schwert umhören, Mister Delany . Vielleicht sehen wir uns morgen. Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall eine gute Nacht.«
Er ging, dicht gefolgt von seinen beiden Männern, und A n drej sah Abu Dun an, dass er zu einer spöttischen Bemerkung a n setzte, doch er kam nicht dazu. Die Tür war noch nicht ganz hinter den drei Konstablern ins Schloss gefallen, da fuhr Miss Torrent ihn auch schon an, nicht einmal laut, aber sehr en t schieden: »Mister Delany ! Ich erwarte auf der Stelle eine E r klärung! Was hat es mit diesem Mädchen auf sich? Und vers u chen Sie erst gar nicht, mich zu belügen! Ich habe Sie heute Morgen in der Kutsche gesehen. Zusammen mit einem Mä d chen!«
»Und warum haben Sie es dann dem Konstabler nicht g e sagt?«, fragte Andrej kurz angebunden. Er hatte wahrlich keine Lust auf eine Diskussion über Moral und Anstand, und schon gar nicht mit einer selbst ernannten Suffragette.
»Nun, weil ich ...«
»Keinen Ärger mit den Behörden will?«, fiel ihr Andrej ins Wort. Er nickte. »So wenig wie wir, Miss Torrent. Also wäre es vermutlich das Beste, wenn wir bei dem blieben, was der gute Konstabler bisher zu wissen glaubt.«
»Sie ... Sie erwarten von mir, dass
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