Glutheißer Höllentrip
Anführer mit der Halbglatze, der Pete genannt wurde, ergriff nun das Wort. „David, du sammelst alle Handys ein. Wir wollen nicht, dass jemand aus Versehen die Notrufnummer wählt. Los, beweg dich.“
Der Braunhaarige nickte langsam, rührte sich jedoch nicht. Stattdessen fragte er: „Warum hast du den Fahrer gleich abgeknallt, Pete? Er hatte sich nicht gewehrt. Das musste wirklich nicht sein.“
Pete rastete beinahe aus. Was fiel diesem Grünschnabel ein, ihn zu kritisieren, und das auch noch vor den Leuten im Bus? Er richtete seine Pistole auf den jungen Mann, hielt sich dann aber doch zurück. „Bist du jetzt Mutter Teresa? Willst du mir vorschreiben, was ich zu tun habe? Wir brauchen den blöden Busfahrer nicht, Jay kann mit der Karre umgehen.“ Ärgerlich fuhr er sich mit der freien Hand über die Stirn, als wollte er dort eine Fliege vertreiben, die es aber nicht gab. „Du hast Glück, dass ich heute gute Laune habe, David. Aber ich warne dich, geh mir nicht länger auf die Nerven. Und jetzt sammle die Handys ein, oder brauchst du eine Extraeinladung?“
Mürrisch nickte der Braunhaarige. Er griff sich eine leere Plastiktüte.
Kathy bewunderte ihn insgeheim dafür, dass er dem Anführer Kontra gegeben hatte. David schien es auch nicht gut zu finden, dass der Busfahrer ermordet wurde. Ob der junge Mann doch nicht so ein übler Kerl war wie seine Kumpane?
Kaum war Kathy dieser Gedanke gekommen, da verwarf sie ihn auch schon wieder. Wie peinlich, David in Schutz zu nehmen! Er war ein gewalttätiger Krimineller, genau wie die anderen Kerle. Jedenfalls machte er mit ihnen gemeinsame Sache. Das war ja wohl genauso schlimm, als wenn er selbst den Abzug betätigt hätte.
Gleich darauf kam David zu Li und Kathy. Er hielt ihnen die Plastiktüte entgegen wie ein Spendensammler. Es war das erste Mal, dass er so dicht an sie herantrat. Kathy erinnerte sich daran, dass Li Psychologie studierte. Wie sie ihn wohl einschätzte? Kathy hätte sie gern nach ihrem Urteil gefragt. Wie kam es, dass ein so nett wirkender Typ sich mit diesen Dreckskerlen einließ? Oder hatte er einfach nur eine überzeugende Fassade und war in Wirklichkeit genauso übel wie Pete und die anderen? Kathy wusste einfach nicht, was sie glauben sollte.
„Okay, ihr habt Pete gehört. Macht keine Schwierigkeiten, und gebt eure Handys ab.“
Davids harte Stimme wirkte auf Kathy wie eine kalte Dusche. Was fand sie nur an ihm? Li und Kathy taten, was er von ihnen verlangte. Unwillkürlich suchte Kathy wieder seinen Blick. David hatte sehr schöne Augen, und seine Hände waren gepflegt, kräftig und geschmeidig zugleich. Für einen Moment berührte sie mit ihrer Hand Davids Fingerspitzen, als sie ihr Mobiltelefon in die Tüte warf. Es war ihr immer schon wichtig gewesen, dass ein Mann tolle Hände hatte. Aber selbst mit diesen schönen Händen war David doch letztlich nichts anderes als ein gemeiner Verbrecher. Wie überaus schade sie das fand!
Während David weiter die Handys einsammelte, übergab Jay seine Waffe auf Petes Befehl an den Mann mit den Kartoffelbrei-Haaren, der offenbar Henry hieß. Jay machte sich am Fahrercockpit zu schaffen. Kathy konnte von ihrem Platz aus nicht sehen, was er machte. Aber nach einigen Minuten hielt er triumphierend einen kleinen Gegenstand in die Luft.
„Was ist das?“, fragte Kathy halblaut und mehr zu sich selbst.
Trotzdem antwortete ihr Li: „Das ist das GPS-Modul des Busses. Die Buszentrale kann das Fahrzeug mithilfe dieses Teils stets orten. Aber jetzt nicht mehr.“
Wie zur Bestätigung warf Jay das GPS-Modul durch die offen stehende Tür hinaus auf den Asphalt. Pete griff nun zum Mikrofon der businternen Lautsprecheranlage. „Okay, jetzt sperrt mal alle eure Lauscher auf“, sagte er launig. „Das hier ist eine Entführung, kapiert? Wir nehmen euch als Geiseln, weil wir ein bisschen Kleingeld für unsere Flucht brauchen. Wenn ihr cool bleibt, dann wird euch kein Haar gekrümmt. Aber falls ihr mir Schwierigkeiten macht – ihr habt ja gesehen, was mit dem Busfahrer passiert ist. Und jetzt machen wir eine kleine Vorstellungsrunde. Ich will wissen, mit wem ich es zu tun habe.“
Pete legte das Mikro zur Seite und schlenderte mit vorgehaltener Waffe durch den Mittelgang. Er blieb zuerst bei Kathy und Li stehen, die auf der linken Seite ziemlich weit vorn saßen. Kathy sah Pete nun zum ersten Mal aus der Nähe. Seine Augen lagen tief in den Höhlen und kamen ihr unergründlich vor. Seine ganze
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