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Glutopfer. Thriller

Glutopfer. Thriller

Titel: Glutopfer. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lister
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darzubringen.«
    Von den Stoffplanen des Erscheinungszelts ist so gut wie nichts mehr übrig, die Holzpfähle des Rahmens sind nur noch verkohlte Stäbe. Sie sehen zu, wie der letzte Rest des Zelts um das Heiligtum verbrennt und den Blick auf Joel freigibt, der in vollem Priesterornat mit brennendem Gewand und lodernder Mitra vor dem Hochheiligen steht.
    »Warum läuft er nicht weg?«, fragt Sam.
    »Vielleicht hat er die ganze Zeit geplant, sich selbst als priesterliche Opfergabe darzubringen«, sagt Daniel. »Vielleicht hat er uns deshalb hierhergelockt.«
    »Wer ist das?«, fragt Ben.
    Sam und Daniel drehen sich erschrocken zu ihm um.
    »Das weißt du nicht?«, fragt er.
    »Joel«, sagt sie.
    »Mein Joel? Ich habe mich schon gefragt, was du mit ›mein Angestellter‹ meintest.«
    »Hast du ihn nicht gesehen, als er dich geholt hat?«
    »Ich weiß nur noch, dass ich in meinem Büro war und hörte, wie jemand das Gebäude betrat«, sagt er. »Ich dachte, du bist das.« Er schüttelt den Kopf. »Danach habe ich einen Filmriss. Joel soll all das getan haben?«
    Nachdem Daniel ihm alles erklärt hat, rauft Ben sich die Haare.
    »Aber sein Großvater war selbst Kapo«, sagt Ben.
    »Dann ist das wohl der Grund, weshalb er sich jetzt selbst als Brandopfer darbringt«, sagt Daniel.
    »Das ist zumindest konsequent«, sagt Sam.

58
    »Ihr müsst hier nicht bleiben«, sagt Sam. »Es wird eine Weile dauern.«
    Nach und nach treffen Polizisten und Kriminaltechniker ein, die darauf warten, dass das Feuer herunterbrennt, damit sie den Tatort begehen, Fotos machen, Vermessungen anstellen, die Katastrophe katalogisieren können – eine Chronik des nachgebildeten Holocaust.
    Sam, Daniel und Ben wurden wegen leichter Verbrennungen behandelt. Die Leichen von Joel und Travis hat man aus dem Gebäude geborgen, zusammen mit drei weiteren, bislang nicht identifizierten Leichen, die das Feuer nur zum Teil verzehrt hat.
    »Sam«, schreit jemand.
    Alle drehen sich um und sehen Stan Winston, der im Anzug aus dem Hi-Rail-Pick-up steigt und auf sie zukommt.
    »Alles okay?«, fragt er, als er sie packt und umarmt.
    Sie erwidert seine Umarmung nicht, tätschelt ihn nur ein bisschen.
    »Gut, Sir«, sagt sie. »Danke.«
    »Klasse Arbeit«, sagt er. »Mordsjob. Ich bin so froh, dass du in Sicherheit bist. Keine Kleinigkeit, was du da gemacht hast. Jetzt wirst du wahrscheinlich Special Agent.«
    »Ohne Daniel hätte ich das nicht geschafft«, sagt sie. »Im Grunde hat er alles herausgefunden und Ben das Leben gerettet.«
    »Wir haben wohl alle dazu beigetragen«, sagt Todd Whitman, der jetzt seinen Kopf hinter Stan hervorreckt.
    Doch Stan reagiert nicht auf ihn, sondern dreht sich zu Daniel um und hält ihm die Hand hin.
    »Wir alle wissen Ihre Unterstützung sehr zu schätzen. Sehr gut, dass Sie wieder dabei sind.«
    »Danke.«
    »Ich bringe die beiden zum Pick-up«, sagt Sam. »Bin gleich wieder da.«
    Als sie unter dem Turm hindurchgehen, wirkt die Zufahrt im Licht der an riesigen Schienen befestigten Halogenlampen wie ein gespenstisches Abbild von Auschwitz.
    »Dankst du ihm dafür, dass er dir das Leben gerettet hat?«, fragt Sam.
    Ben nickt.
    Als sie den Hi-Rail-Pick-up erreichen, steigt Ben ein, während Daniel noch einen Moment bei Sam stehenbleibt.
    »Ich rufe dich später an«, sagt Sam.
    »Okay.«
    »Oder ich komme vorbei, wenn ich hier fertig bin.«
    »Noch besser.«
    Sie küssen sich, dann geht sie zu den anderen zurück.
    Bevor Daniel in das Gefährt steigt, hält er kurz inne, dreht sich um und wirft einen letzten Blick auf Scheol, das Totenreich.
    Irgendetwas stört ihn.
    »Das Foto war nicht alt«, sagt er.
    »Was?«, fragt Ben und lehnt sich aus dem Truck.
    »Gibt es hier draußen Handyempfang?«
    »Wie wär’s, wenn du auf deinem Handy nachsiehst«, sagt Ben. »Warum? Was ist denn?«
    Daniel schaut auf sein Display.
    »Tatsächlich. Ich habe Empfang«
    »Das Bild, das Brian mir vorhin aufs Handy geschickt hat.«
    »Das was?«
    »Es war nicht alt«, sagt er. »Es war aus jüngerer Zeit. Ich dachte, er hat es aus einem Buch, aber er war hier. Er ist es. Er ist der Mörder. Er hat es Joel angehängt. Und ihn wie all die anderen getötet. Diese ganze Scheiße, dass Joel ein Selbsthassjude ist … Er war es, der die Anrufe wegen der Vermissten abgeblockt hat. Er war uns immer einen Schritt voraus. Ich wusste, dass mit diesem Schrankkoffer in der ansonsten makellosen Wohnung etwas nicht stimmt. Ich wette, die Handschrift in den

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