G'meinsam durch den Monsun in die Nacht
zurück
wären. So stiegen wir zu dritt ins Auto und fuhren los. Die Fahrt nutzte der
Advokat um uns genau aufzuklären, wie die ganze Aktion gleich ablaufen würde.
Als wir später in Haiderbach in der
Stöcklgasse eintrafen, wurden wir bereits von drei Uniformierten als
‚Meinungsverstärker‘ erwartet, die einschreiten sollten falls Marcos Erzeuger
versuchen würde seinen Sohn am Betreten des Hauses hindern. Gemeinsam schritten
wir zum Seiteneingang, weil sich an der Frontseite nur der Eingang zum Ristorante
befand. Natürlich bekam Herr Stampone mit, was hier gerade passierte. Wild
gestikulierend und schimpfend stürmte er, aus dem Restaurant, direkt auf uns
zu.
„Was will die schwule Sau hier? Ich
habe keinen Sohn mehr!“
Weiter kam er nicht, denn zunächst
versperrten ihm die Polizisten den Weg, dann präsentierte ihm Dr. Schubert das
amtliche Schriftstück und drückte es ihm in die Hand, sodass Marco und ich
unseren Weg unbehelligt fortsetzen konnten.
Gemeinsam betraten wir den gutbürgerlich
eingerichteten, privaten Trakt des Hauses ... über eine Treppe gelangten wir zu
Marcos Zimmer, welches eigentlich mehr einer Zelle in einem Kloster glich mit
seinem winzigen Fenster. Es lief mir eisig kalt über den Rücken, als wir den
Raum betraten, ich kam mir vor wie in einem Albtraum. Es sah wirklich
beschämend aus. Ein schäbiger Holzstuhl, dazu passend der Tisch. Ein
Kleiderschrank ... der nur noch zusammenhielt, weil sich die Holzwürmer
ängstlich aneinander klammerten. Das Bett passend zum Ambiente, lud auch nicht
wirklich zum Verweilen ein. Und über allem hing drohend ein Kreuz mit dem Sohn
Gottes. Hier wollte selbst ich nicht länger sein als unbedingt nötig. Deshalb
packten wir so schnell es uns möglich war die wenigen Sachen, die Marco besaß
in eine alte Reisetasche. Darunter befanden sich auch seine neueste
Errungenschaften, ein tragbarer CD-Player und eine Maxi-Single von einer
deutschen Band mit dem etwas seltsamen Namen TOKIO HOTEL, welche ihm von einem
Freund aus der Messdiener-Gruppe, während eines Kurzaufenthaltes in Deutschland
besorgt worden war.
Wir benötigten noch nicht einmal
zwanzig Minuten, dann konnten wir das Haus endlich wieder verlassen. Giovanni
Stampone stand immer noch da ... allerdings war er doch seltsam still geworden.
Diesem drückte Marco zum Abschied, ohne auch nur ein Wort zu sagen, im Vorbeigehen,
den Hausschlüssel in die Hand. Hernach wandte er sich mir zu ... nahm mich in
den Arm ... schaute mir demonstrativ in die Augen und küsste mich.
Wir standen mindestens
fünf Minuten lang mitten auf der Straße und küssten uns leidenschaftlich. Es
war mir völlig egal, was sich die vorbeigehenden Menschen dabei dachten. Ich
wollte meinen kleinen Triumph richtig auskosten. Mein Erzeuger stand die ganze
Zeit wie versteinert dabei und schüttelte mechanisch seinen Kopf. Dann drehte
er sich um und schlich, mit gesenktem Haupt, ins Ristorante zurück.
Zwischenzeitlich hatte sich auch Herr Schubert wieder zu uns gesellt und die
Polizisten zogen ab. Gemeinsam gingen wir zurück zum Fahrzeug. Meine Sachen
verstauten wir im Kofferraum. Hernach stiegen wir ein und fuhren nach Wienchen
zurück.
Marco saß schweigend da und seine
Augen strahlten wieder. Stahlblau funkelten sie mir entgegen. Aber würde unser
Glück von Dauer sein, würde er wirklich bei mir bleiben dürfen? Schließlich war
er erst 17 Jahre alt. Immer wieder blickte ich fragend nach vorne ... Herr
Schubert suchte über den Rückspiegel Blickkontakt zu mir.
„Ja Sören“, mehr sagte er nicht,
doch ich verstand.
Glücklich strahlte ich Marco an,
mein Herz schlug mir bis zum Hals.
„Ich liebe dich Marco“, mehr konnte
ich nicht sagen, denn mir steckte ein dicker Kloß im Hals.
„Ich liebe dich auch Sören.“
Einen Wimpernschlag später lagen
wir uns in den Armen und küssten uns.
So langsam schien es wirklich
mein Tag zu sein ... statt irgendwo auf der Straße, durfte ich in den Armen
eines tollen Mannes erwachen. Sörens Paten kennenlernen zu dürfen ... der
Augenblick, als ich meinem Vater den Hausschlüssel in die Hand drückte ... die
erlösenden Worte von Herrn Schubert ... und zuletzt Sörens Liebeserklärung. Es
schien mir, als würde sich dies alles nicht mehr Toppen lassen. Wie sehr hätte
ich mir jetzt gewünscht, dieses Glück mit meiner Mutter teilen zu können. Wie
sehr vermisste ich ihre Wärme und Nähe ... sie hätte mich verstanden.
Inzwischen waren wir wieder in
Wienchen angekommen.
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