Gnadenlos: Auf der Flucht (German Edition)
dazu hatte: Er hatte sie in Gefahr gebracht, sie quer durch den Dschungel geschleppt, sie wäre fast umgebracht worden, er war ihr fast weggestorben, und am Ende hatte er sie verlassen. Es war eine lange und vernichtende Liste.
»Willst du was trinken?« Acadia warf ihm einen Blick über die Schulter zu, während sie ihn in ein Wohnzimmer führte. »Ich habe … Umpf!«
Zak wirbelte sie herum, fuhr mit den Fingern unter ihr seidiges Haar und umschloss ihren Nacken. Ihr Körper verschmolz augenblicklich mit seinem. Sie fühlte sich trügerisch zerbrechlich an, als sie den Mund öffnete, um ihn willkommen zu heißen. Sie fühlte sich schmerzhaft feminin in seinen Armen an, und diesen Teil von ihr liebte er genauso sehr wie ihre Belastbarkeit und Stärke.
Er … liebte sie einfach.
Zak legte alles, was er hatte, in diesen Kuss. Verlangen, Begierde, Bedauern, Entschuldigungen. Er griff in dieses rohe, leere Loch in seinem Herzen und versuchte verzweifelt, ihr ohne Worte mitzuteilen, wie er sich fühlte.
Ihre Lippen wurden weich unter seinen. Ihre Wimpern schlossen sich flatternd, und sie seufzte. Nach wenigen atemlosen Augenblicken hob er widerwillig den Kopf und erblickte dankbar den Schleier in ihren grauen Augen, als sie sich bemühte, wieder klar zu sehen.
Er strich mit dem Daumen über ihre zarte Wange und sagte sanft: »Wie ist es dir ergangen?« Hast du mich genauso vermisst wie ich dich?
»Gut.« Sie fing sich schneller wieder als er. Andererseits, rief er sich ins Gedächtnis, war Pokern ihre Stärke. »Sehr beschäftigt.« Sie wich zurück und erzwang einen Abstand zwischen ihnen, als sie sich mit den Händen die Schenkel hinunterstrich. »Damit, mich in meiner neuen Wohnung einzuleben, mich auf das Studium vorzubereiten. Wie geht es dir?«
»Ich kann nicht schlafen. Ich kann nicht essen. Alles ist grau in grau. Schrecklich … ohne dich«, beendete er den Satz. »Mein Leben ist farblos ohne dich , Acadia.«
»Wirklich?« Sie hob eine Augenbraue. »Und trotzdem habe ich seit drei Monaten nichts von dir gehört?«
»Ich war sehr beschäftigt.«
»Tatsächlich?« Ihre Augen verengten sich gefährlich. »Ich auch. Genau genommen habe ich einen Termin in«, sie sah auf ihre Armbanduhr, »zwanzig Minuten, also sag, was du zu sagen hast, ich muss mich fertig machen.«
»Ich liebe dich.«
Völlig unbeeindruckt fuhr sie fort: »Du hattest ein traumatisches Erlebnis. Du vermisst deinen Bruder …«
»Stimmt. Aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für dich.«
Sie verschränkte die Arme unter der Brust und warf ihm einen niederschmetternden Blick zu. »Ist das alles?«
Zak lachte. »Du gibst auch kein bisschen nach, oder?«
Sie standen gut einen Meter auseinander, mitten in ihrem Wohnzimmer. Zak verspürte ein ungewohntes Gefühl von Panik und Unfähigkeit. Er hatte Symposien vor mehr als zwanzigtausend Leuten gehalten, und trotzdem konnte er nicht wirkungsvoll mit der Frau kommunizieren, der sein Herz gehörte.
»Bloß weil ich dich in einer Bar aufgegabelt und eine Stunde später mit dir geschlafen habe, heißt das noch lange nicht, dass ich dir jederzeit auf Abruf für eine Nummer zur Verfügung stehe. Ich bin wesentlich mehr Mühe wert als ein paar leicht dahingesagte Worte, Zakary Stark.«
Oh, wenn die Worte nur leicht dahinzusagen wären , dachte er voller Selbsterniedrigung. »Von Seattle nach Boston ist es ein ganz schön weiter Weg für eine Nummer.«
»Müsste man meinen.«
Seine Lippen zuckten angesichts der Schroffheit ihrer Stimme. Ihre Augen sagten eines, ihre verschränkten Arme etwas anderes. »Können wir uns setzen?«
»Nein.« Ihr Blick war unbeirrbar, aber er bemerkte, dass sie die Luft ausatmete, die sie offenbar angehalten hatte. »Sag mir, was passiert ist, nachdem ich weg war und du zurückgekehrt bist.«
»Wie …?«
»Ich weiß, dass du Gideon nicht einfach dagelassen hättest, Zak.«
Weil er spürte, dass es nicht zu seinem Vorteil wäre, wenn er sie jetzt berührte, steckte Zak seine Finger in die Gesäßtasche seiner Jeans. »Am nächsten Morgen bin ich bei Tagesanbruch zurückgeflogen. Es war nichts zu finden.« In der Gegend, wo sein Bruder abgestürzt war, waren noch ein paar Teile menschlicher Knochen verstreut. Aber nicht nur Gideon und Jennifer hatten dort ihr Leben gelassen, sondern noch ein Dutzend andere waren an jenem Tag gestorben. Und obwohl er und die Männer, die er dabeigehabt hatte, innerhalb von ein paar Hundert Metern um die Todesstelle herum
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