Godspeed Bd. 2 - Die Suche
machen.«
Ich habe Bartie nicht gefragt, wie Docs Strafe aussehen soll. An Bord wird immerhin ein Arzt gebraucht, denn Kit kommt mit uns auf die Zentauri-Erde. Aber Bartie hat Victria näher gestanden als ich und deshalb hat Doc eine schwere Strafe zu erwarten.
»So geht das also?«, fragt Amy. »Ihr beide teilt die miesen Typen unter euch auf? Bartie kriegt Doc und du kriegst Orion?«
»So in der Art«, bestätige ich. Bartie braucht Doc, aber keiner von uns wusste, was wir mit Orion anfangen sollten. Wenn er auf dem Schiff bleibt, wird Doc ihn unterstützen und Barties Autorität untergraben. Und wenn er mit uns auf den neuen Planeten kommt, wird er dort Ärger machen. Aber keiner von uns war bereit, den Stecker aus seiner Kryo-Box zu ziehen oder ihn durch die Außenluke zu entsorgen. Also habe ich schließlich eingewilligt, ihn mitzunehmen.
»Das ist nicht fair «, beschwert sich Amy. »Wieso muss er mitkommen? Er wird nur noch mehr Chaos anrichten. Siehst du das denn nicht? Er ist eingefroren und trotzdem werden wegen ihm Leute umgebracht oder irgendwelches Zeug wird in die Luft gesprengt. Stell dir vor, wie das erst wird, wenn er aufwacht.«
Ich schüttele den Kopf. »Aber so war immer der Plan. Er sollte mit den anderen Eingefrorenen aufgetaut werden, damit sie über ihn urteilen können.«
»Du musst sie nicht über ihn richten lassen«, widerspricht Amy sofort. »Du kannst ihn einfach hierlassen.«
Das könnte ich. Es wäre so viel einfacher. Aber auch wenn ich es gern abstreiten würde, sind wir doch miteinander verbunden und deshalb weiß ich … dass auch er gehen will. Er hat diese Hinweise für Amy versteckt und ihr die Entscheidung überlassen … aber allein die Tatsache, dass er überhaupt für diese Hinweise gesorgt und unsere Hoffnungen nicht von vornherein zerstört hat, bedeutet doch, dass er – genau wie ich – die Godspeed verlassen will.
Ich kann ihn nicht zu einem Leben an Bord verdammen, auch wenn er es verdient hätte.
»Ich werde die Eingefrorenen über ihn urteilen lassen und mich an das halten, was sie entscheiden«, sage ich.
Amy presst die Lippen zusammen, bis sich an den Rändern eine feine weiße Linie bildet. »So einfach ist das nicht, das weißt du ganz genau.«
»Er kommt mit auf den Planeten«, sage ich.
Sie bleibt abrupt stehen. »Wenn du das tust, werden die Dinge zwischen uns nie wieder so sein wie vorher. Ich kann nicht glauben, dass du überhaupt daran denkst, Orion mitzunehmen.«
»Und ich kann nicht glauben, dass du irgendjemandem den Planeten vorenthalten würdest, nicht einmal Orion.«
Sie sieht mich an und dann rennt sie ohne ein weiteres Wort zur Schwerkraftröhre.
Ich gehe ins Zimmer des Ältesten. Die Regentenrobe liegt zerknittert auf dem Boden.
Ich lasse sie liegen.
72
Amy
An meinem letzten Tag auf der Godspeed packe ich alles, was ich besitze, in einen kleinen Beutel. Die Sachen, die früher Kayleigh gehört haben, die für das Geheimnis gestorben ist, das Orion nicht bewahren konnte. Das Notizbuch, in das ich Briefe an meine Eltern geschrieben habe, als ich dachte, ich würde sie nie wiedersehen. Meinen Teddybär.
Das dunkelrote Kopftuch lasse ich zurück. Ich werde mich auf dem neuen Planeten nicht mehr verstecken müssen. Während ich den Stoffstreifen zusammenfalte und auf den Tisch lege, sehe ich mich noch einmal in dem Zimmer um, in dem ich in den letzten drei Monaten gelebt habe. Ich dachte, ich müsste den Rest meines Lebens hier verbringen. Oder, dass ich eines Tages zu Junior aufs Regentendeck ziehen würde.
Ich schlucke den schweren Kloß in meinem Hals herunter. Vielleicht hat Junior recht, und Orion hat es nicht verdient, in seiner Kryo-Box zu ertrinken. Aber einen neuen Planeten hat er auf keinen Fall verdient. Ich versuche, mich an alles zu erinnern, was ich an Junior geliebt habe, aber alles, woran ich jetzt noch denken kann, sind sein sturer Gesichtsausdruck und sein Tonfall, als er sich geweigert hat, Orion an Bord zurückzulassen.
Ich habe den Beutel in einer Hand und Harleys letztes Gemälde in der anderen. Das Bild werde ich nicht zurücklassen.
Die Solarlampe geht an, als ich das Teichufer erreiche. Der Grund des Teichs ist mittlerweile unter der Hitze der Solarlampe ausgetrocknet und rissig und die Seerosen sind verwelkt und tot.
Ich bin die Erste, die unten eintrifft. Ich verstaue meinen Beutel und Harleys Bild in einer Ecke der Brücke und setze mich dann in den Stuhl unter dem wabenförmigen Fenster. Jenseits
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