Godspeed Bd. 2 - Die Suche
unterbreche sie. »Ich habe mit den Wissenschaftlern gesprochen. Das Schiff wird nicht über Nacht auseinanderfallen. Es ist genügend Energie für ein paar weitere Generationen da.«
»Und dann?«, fragt Amy herausfordernd.
Und dann die schwarzen Pflaster.
»Du bist der Anführer! Sorg dafür, dass sie mitkommen!«
Ich warte, bis sie aufhört herumzulaufen und mich ansieht. »Amy, ich muss mehr bedenken als nur deine Meinung.«
Sie klappt den Mund zu, als müsste sie ihre Worte schlucken und setzt sich mir gegenüber.
»Wie viele bleiben?«
»Ungefähr tausend.«
»Tausend?« Amy springt wieder auf.
»Ungefähr.«
»Aber das …«
»Ja. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung«, bestätige ich.
»Die wollen lieber in einem Käfig sterben als auf einem Planeten leben?«
»Dies ist ihr Zuhause, Amy«, sage ich. »Ich weiß, dass du nicht verstehen kannst, wie man die Godspeed als Zuhause ansehen kann, aber für uns ist es das.«
Sie setzt sich langsam wieder hin. »Du solltest sie trotzdem zwingen«, fährt sie mich an. »Aber«, fügt sie hinzu, als sie sieht, wie ich widersprechen will, »ich kann verstehen, wieso sie bleiben wollen. Wenn sie nie etwas anderes kennengelernt haben …«
»Amy«, sage ich, »wir müssen sie selbst entscheiden lassen.« Ich berühre sie, damit sie mich ansieht. » Wir werden gehen.«
Auf ihrem Gesicht breitet sich ein zaghaftes Lächeln aus. Sie beugt sich vor und stützt die Ellbogen auf die Knie. »Oh, Junior«, sagt sie und die Worte sprudeln nur so aus ihr heraus, als würde sie erleichtert aufatmen, »du wirst es lieben, in einer Welt ohne Wände zu leben. Da ist so vieles … das du sehen wirst. Bäume – riesige, gewaltige Bäume. Dieser Teich – er ist winzig – und auf dem Planeten gibt es einen ganzen Ozean. Wolken. Den Himmel – den Himmel . Du wirst Vögel sehen. Vögel!«
Ich muss lachen. »Ich kenne Vögel! Wir haben Hühner.«
»Nein!« Amy ist nicht mehr zu bremsen. »Diese Hühner sind ja nicht einmal richtige Hühner. Ich rede von echten Vögeln! Vögel, die so laut zwitschern, dass du morgens schon vor dem Weckerklingeln aufwachst. Vögel, die durch die Luft segeln und fliegen !«
Jetzt springt sie wieder auf, breitet die Arme aus und wirbelt herum. Sie beendet ihren kleinen Tanz und sieht mich mit leuchtenden Augen an. »Du hast keine Ahnung, wie wundervoll das wird!«
Sie sieht Vögel und Freiheit und Ozeane.
Ich sehe das Waffenlager und stapelweise Sprengstoff. Ich höre Orion sagen: Wenn die Godspeed weiterhin dein Zuhause sein kann, wenn es möglich ist, an Bord zu bleiben – dann bleib.
»Ja«, sage ich und lächle, so gut ich kann. »Das wird bestimmt wundervoll.«
Amy lässt sich auf den Stuhl fallen. Sie sieht mich an, als wollte sie sagen Du hast ja keine Ahnung , und alles, was ich denken kann, ist Du auch nicht. Die Zentauri-Erde ist nicht die Erde, von der sie gekommen ist. Sie weiß nicht, was uns dort erwartet – das weiß keiner. Der Einzige, der eine Ahnung hatte, war Orion, und ihn hat die Vorstellung in Angst und Schrecken versetzt.
»Was, wenn er recht hat?« Eigentlich wollte ich es nicht laut aussprechen, aber sie weiß sofort, von wem ich rede.
»Es ist das Risiko wert«, sagt Amy, ohne auch nur darüber nachzudenken.
»Aber …«
»Nein. Es ist so. Was immer da unten ist … Vielleicht ist es zu gefährlich. Vielleicht werden wir nicht überleben. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass ich gehen werde. Ich werde nicht auf diesem Schiff sterben. Ich kann nicht mit diesen Wänden um mich herum leben. Jetzt nicht mehr.«
Nicht mehr, seit der Planet in ihrer Reichweite ist.
»Vielleicht ist es gut, dass so viele hierbleiben«, sagt Amy jetzt viel ernster. »Dann gibt es weniger Ärger.«
Ich sehe ihr in die Augen.
»Orion … er bleibt doch hier, oder? Wir nehmen ihn nicht mit auf den neuen Planeten, richtig?«
»Amy – wir können ihn nicht hierlassen.«
» Was? «
»Orion kommt mit.«
»Wenn wir ihn hierlassen, könnte er aufgetaut werden. Er kann doch hier auf dem Schiff leben.«
Ich sitze ganz still. »Er wird auf jeden Fall aufgetaut. Die Zeituhr kann nicht angehalten werden – nur zurückgestellt.«
Sie tritt ihren Stuhl weg und fängt wieder an, im Raum herumzulaufen. Ihre Haare schwingen ihr bei jedem Schritt um den Kopf wie ein gefährlicher roter Säbel.
»Bartie und ich haben darüber gesprochen. Doc wird hierbleiben und er wird bestraft werden, denn Bartie wird ihm den Prozess
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