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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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tauchen auf internationalen Auktionen noch immer Beutestücke aus der ominösen Sammlung Hermann Görings auf. Vieles war durch Beschuss oder Nässe schwer beschädigt worden. Ein Drittel der Sammlung entdeckten die Amerikaner noch unversehrt in einem zugemauerten Stollen unter Görings Stabsquartier bei Berchtesgaden. Vier Tage dauerte es, bis ein Zug Pioniere alle Kunstschätze aus dem unterirdischen Versteck geborgen hatte. Die Soldaten trauten ihren Augen nicht, als sie die Gemälde bei Tageslicht in Augenschein nahmen. In einer Baracke stapelten sich Werke von Rembrandt, Botticelli, Velázquez und anderer alter Meister, die in jedem Kunstmuseum der Welt einen Ehrenplatz bekommen hätten. Die aufgefundenen Kunstschätze wurden später den Regierungen der Länder überlassen, aus denen sie stammten, verbunden mit der Auflage, sie ihren rechtmäßigen Besitzern, soweit feststellbar, zurückzugeben. Der Rest ging in den Besitz der Bundesrepublik und insbesondere des bayerischen Staates über.
    Von seinem gesamten Besitz war Göring in Mondorf nur noch das Reisegepäck geblieben. Neben praktischen Dingen, wie seinem Reisenecessaire, Füllfederhaltern und verschiedenen Uhren, enthielt es auch seine Auszeichnungen und 81 268 Reichsmark. Auf Befehl des amerikanischen Kommandanten des »Gefängnishotels«, Oberst Burton C. Andrus, wurden ihm nun auch diese »letzten Habseligkeiten« abgenommen. Besonders schwer traf Göring der Verlust von rund 2000 weißen Tabletten, die die Amerikaner in den Koffern fanden und von denen er, wie er dem Gefängnisarzt erklärte, morgens wie abends je 20 Stück einzunehmen pflegte. Eine Analyse im Labor ergab, dass die Tabletten Codein enthielten – eine Ersatzdroge, die nach Auskunft des Wiener Suchtexperten Professor Albrecht Springer noch heute ehemaligen Morphium- oder Heroinabhängigen verabreicht wird: Die 40 Tabletten, die Göring zu sich nahm, entsprächen ungefähr der Tagesdosis, die ein deutscher Ex-Heroinabhängiger in einem heutigen Substitutionsprogramm erhielte. Offenbar war es Göring gelungen, seine Morphiumsucht durch den Umstieg auf das ungefährlichere Codein in den Griff zu bekommen.

     
    »Er wollte nicht als Kunsträuber dastehen«: Von amerikanischen Soldaten sichergestellte Kunstschätze, die Göring waggonweise gehortet hatte
    Nach der Wegnahme der Tabletten klagte der Gefangene über Schmerzen und Depressionen, seine Bewegungen wurden fahrig und nervös – die üblichen Begleiterscheinungen eines Entzugs, wie Professor Springer erklärt: »Ein Entziehender wie Göring bekommt Durchfall, schwere Schmerzen und vegetative Erscheinungen wie Herzrasen, Schwitzen und Tränenfluss. Und da auch die psychische Beeinflussung durch die Substanz wegfällt, ebendieser euphorisierende Charakter der Droge, kommt es zu einer Art Entzugsdepression. Und dieser Zustand ist ungemein quälend.« Nachdem Göring einen leichten Herzanfall erlitten hatte, erlaubte Oberst Andrus auf Anraten des Gefängnisarztes, dass Göring die Codeintabletten wieder einnahm. Allerdings wurde die Dosis in den nächsten Wochen und Monaten immer weiter heruntergesetzt, bis Göring, wahrscheinlich zum ersten Mal seit der schweren Verwundung von 1923, wieder fast frei von Drogen und Tabletten leben konnte.
    Zeitgleich mit dem Entzug wurde der Reichsmarschall auf Diät gesetzt. »Er wog gut 230 Pfund und das bei einer Größe von nur etwa 1,70 Meter«, erinnert sich der US-Militärarzt Dr. John Lattimer, der Göring kurz nach der Gefangennahme untersuchte: »Er war so fett, dass er grotesk wirkte, eine wabbelnde Masse. Seine Oberschenkel waren so dick, dass sie ständig aneinander rieben und sich die Haut zwischen ihnen ablöste. Er führte Unmengen von Hautcremes mit sich, mit denen er die wunden Stellen zwischen seinen Oberschenkeln einrieb.« Jahrelang waren Görings freiwillige Diätversuche fehlgeschlagen, jetzt, infolge der bescheidenen Gefängniskost, purzelten die Pfunde. Als am 20. November 1945 in Nürnberg der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher eröffnet wurde, gab der Reichsmarschall ein ungewohntes Bild ab: Seit der Gefangennahme hatte er rund achtzig Pfund abgespeckt, die schlichte blaugraue Uniform umschlotterte den einstmals so feisten Körper. Er wirkte frisch wie seit Jahren nicht mehr.
     
    Bereits drei Monate zuvor, am 12. August 1945, war Göring von Mondorf nach Nürnberg verlegt worden. Hier, in der »Stadt der Reichsparteitage«, wollten die vier Siegermächte über die

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