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Göring: Eine Karriere (German Edition)

Göring: Eine Karriere (German Edition)

Titel: Göring: Eine Karriere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Knopp
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vor und will Mittag essen. … Nachher spreche ich Dönitz wegen der Verhaftung von Göring an. Er sei, antwortet er mir, überzeugt, dass Göring an sich das Beste gewollt habe. Doch beendet er damit gleich das Gespräch und vertröstet mich auf ›nach Tisch‹.« Niemand wollte sich an dem heißen Eisen »Göring« die Finger verbrennen. Enttäuscht und ergebnislos reiste Koller wieder ab.
     
    In den frühen Morgenstunden des 28. April schob sich eine Wagenkolonne über die Zufahrt nach Schloss Mauterndorf, 60 Kilometer südlich von Salzburg. Hier, in der einstigen Residenz seines Paten, wo er als Kind glückliche Zeiten erlebt hatte und die nun ihm gehörte, wollte Göring die letzten Tage des Krieges als Staatsgefangener des von ihm mitgegründeten »Dritten Reichs« verbringen. Die ehrenvolle Unterbringung verdankte Göring offenbar der heimlichen Fürsprache Himmlers, der sich gegenüber Koller so reserviert verhalten hatte. Auf Anfrage Franks, wohin er Göring angesichts der zu erwartenden amerikanischen Besetzung von Berchtesgaden bringen solle, hatte der Kommandostab des Reichsführers-SS ihm erlaubt, die Wahl des Ortes Göring zu überlassen. Noch einmal kletterte Göring in seinen Maybach, eine Sonderanfertigung, und wurde gemeinsam mit Frau und Kind sowie einem Tross von fünfzig Mann an den Ort unbeschwerter Kindertage eskortiert. Exquisite Weine, Spirituosen und eine Kiste mit Zigarren ließen ein wenig von seiner früheren Jovialität zurückkehren. Während Göring sich hinter dicken Mauern noch einmal im Jagdkostüm dem alten Traum von Fürstenherrlichkeit hingab und das Wachpersonal rund um SS-Standartenführer Ernst Brausse mit flotten Sprüchen unterhielt, wurde ein anderer Traum ausgelöscht. Vor seiner Abreise aus Berlin hatte er bestimmt, seine Residenz Carinhall zur Sprengung vorzubereiten. Nichts von all der Pracht sollte in die Hände der Roten Armee fallen. Als deren Truppen am Morgen des 28. April in der Nähe auftauchten, zündete das Sprengkommando die Ladungen. Von Carinhall blieb nur ein Trümmerfeld.
    Zu diesem Zeitpunkt stand die Rote Armee lediglich einen Steinwurf entfernt von der Reichskanzlei, wo Hitler in zehn Metern Tiefe seinem Ende entgegensah. Solange er noch Hoffnung hatte, Leben und Macht zu retten, war eine Ehe für ihn nie infrage gekommen. In seine Selbststilisierung als berufener »Führer« des deutschen Volkes hatte die Vorstellung eines privaten Ehelebens keinen Platz. Erst jetzt, unter dem Eindruck des Todes, gewährte er seiner Geliebten Eva Braun jenen Status, den sie sich viele Jahre lang erträumt hatte. Kurz nach Mitternacht, in den ersten Stunden des 29. April, erfolgte eine schmucklose und improvisierte Eheschließung. Während die Gäste noch auf das Brautpaar anstießen, diktierte Hitler seiner Sekretärin Traudl Junge sein politisches Testament. In ihm rechnete Hitler endgültig mit seinem einstigen zweiten Mann ab: »Ich stoße vor meinem Tode den früheren Reichsmarschall Hermann Göring aus der Partei aus und entziehe ihm alle Rechte, die sich aus dem Erlass vom 29. Juni 1941 sowie aus meiner Reichstagserklärung vom 1. September 1939 ergeben könnten.« An Görings Stelle ernannte Hitler Großadmiral Dönitz, den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, zum Reichspräsidenten und obersten Befehlshaber der Wehrmacht. Einen Tag später, am 30. April gegen 15.30 Uhr, setzte Hitler seinem Leben durch einen Schuss in die Schläfe ein Ende.
    Die Öffentlichkeit erfuhr von seinem Tod erst am Abend des 1. Mai 1945. Gegen 22.30 Uhr lief die Meldung beim Großdeutschen Rundfunk ein. Der Text, den der Sprecher Elmar Banz kurz darauf verlas, erwähnte mit keinem Wort den Selbstmord des »Führers«. Adolf Hitler sei »in seinem Befehlsstand in der Reichskanzlei, bis zum letzten Atemzuge kämpfend, für Deutschland gefallen«, hieß es in der letzten Lüge des Regimes. Die Nachricht traf Göring in Mauterndorf wie ein Schlag ins Gesicht. »Und jetzt kann ich mich nicht mehr rechtfertigen; ich kann ihm nie mehr ins Gesicht sagen, dass er mir Unrecht getan hat und dass ich ihm treu war«, stöhnte Göring in einem Zustand »geistig-seelischer Ohnmacht«, der seine Frau Emmy fürchten ließ, ihr Gatte verliere den Verstand. Trotz aller Unbill der letzten Tage hatte er sich nicht von Hitler gelöst, bis zuletzt gehofft, sich vor seinem »Führer« rechtfertigen zu können. Die Nachricht von Hitlers Tod sorgte auch bei Görings Bewachern für Unruhe. SS-Standartenführer

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