Goethesturm: Hendrik Wilmuts dritter Fall (German Edition)
»Allerdings. Und wenn das erst mal die Presse mitbekommt, dann wird es
lustig.«
»Zum
Beispiel diese Franziska Apfel… irgendwas.«
»Appelmann«,
ergänzte ich.
»Ach
ja. Und bevor ich es vergesse, ich soll dir noch etwas ausrichten.«
»Wie …
was, von wem?«
»Von
Sophie. Sie hat mich ausdrücklich darum gebeten.«
Ich
runzelte die Stirn. »Sie weiß also, dass du sie in meinem Auftrag ausgefragt
hast?«
»Nein,
aber es ist eine unausgesprochene Abmachung zwischen uns, dass wir unseren
Männern alles weitererzählen, was wir besprechen, na ja, sagen wir: fast
alles.« Sie lächelte.
Ich war
nicht sicher, ob mir das gefiel. »Aha. Und, um was geht es?«
»Benno
wird sich heute Abend mit Liebrich treffen.«
»Warum
das denn?«
»Zu
einem Männerabend. Hat er jedenfalls gesagt.«
Ich
dachte an die vielen Männerabende, die Benno und ich gemeinsam verbracht
hatten. Mit Ehringsdorfer Bier und seinem berühmten Nudelsalat. Mein Hals
fühlte sich plötzlich extrem trocken an. Ich öffnete die Bierflasche aus
unserem kühlen Keller, setzte an und ließ ihren Inhalt in mich hineinlaufen.
Ohne ein einziges Mal abzusetzen.
6. Auf dem Tennisplatz
Der Samstag begann
wolkenverhangen und regenschwanger, sodass Hanna und ich beschlossen, den
Ausflug in den Thüringer Wald auf Sonntag zu verschieben. Wir räumten auf, ich
reinigte meine ECM-4 Espressomaschine und Hanna kramte in zwei alten Kartons,
die ihre Mutter hinterlassen hatte. Gegen 11 Uhr rief Siggi an, um mich für den
Nachmittag auf ein Tennismatch einzuladen. Ich wunderte mich, dass er während
eines so wichtigen Falls Zeit fand, Tennis zu spielen. Doch als Hanna mir ein
Zeichen gab, stimmte ich zu. Siggi und ich einigten uns auf 14 Uhr, um uns
anschließend noch auf die Clavigo-Premiere am Abend vorbereiten zu können.
»Demnach
hast du heute Nachmittag auch etwas vor?«, fragte ich Hanna.
»Ja, ja
…«, murmelte sie.
»Und –
darf ich erfahren, was du vorhast?«, hakte ich nach.
»Ja,
darfst du.« Sie lachte. Wieder dieses umwerfende Sommerlachen. »Ich brauche
unbedingt ein neues Kleid für heute Abend.«
»Aha,
unbedingt …«
»Ja,
genau. Eine Theaterpremiere ist immer auch eine Kleiderpremiere.«
»Da bin
ich ja froh, dass du dich so gut mit dem Theater auskennst!« Sie lächelte und
warf mir einen Kuss zu. Die ECM-4 war wieder betriebsbereit. Somit konnte ich
beginnen, drei neue Espressosorten zu testen, die mir meine Mutter aus
Offenbach geschickt hatte. In Klein-Amsterdam, dem ehemaligen Offenbacher
Hafenviertel, hatte ein neuer Coffeeshop eröffnet, der seltene Kaffeesorten aus
den unterschiedlichsten Ländern anbot. Zuerst probierte ich eine äthiopische
Mischung mit 50 Prozent Robusta-Anteil, eine angesagte Kombination. Ich
veränderte mehrmals den Mahlgrad an der Kaffeemühle, um eine optimale Crema zu
erzielen. Fünf Testtassen mussten herhalten, um eine Aussage treffen zu können.
Die Hälfte der letzten Testtasse kippte um, was allerdings nicht weiter schlimm
war, denn meine Meinung stand bereits fest. Letztendlich war mir diese Mischung
zu kräftig und verursachte einen stumpfen, unangenehmen Abgang im Hals.
Angesagt oder nicht – kein Fall für mich. Ich musste über meine eigene
Formulierung lachen: Kein Fall für mich – weder der äthiopische Kaffee noch der
Fall Pajak. Am besten gefiel mir eine brasilianische Mischung mit 90 Prozent
Arabica-Anteil und einem runden Aroma. Sie schmeckte so gut, dass ich das
Ergebnis dreimal überprüfen musste, um auch wirklich sicher zu sein. Am Ende
sah die Küche ziemlich verwüstet aus, einige Kaffeelachen waren an den
Schranktüren hinuntergelaufen, eine sogar in die Fächer des Schubladenschranks.
Neben der Espressomaschine und rund um den Abschlagbehälter lagen Reste des
Kaffeekuchens, unter meinen Füßen knirschte es. Alle zwölf Espressotassen
türmten sich auf der Spülmaschine, der Tamper und der Siebträger lagen in der
Spüle im Reinigungsbad.
»Musst
du nicht bald los?«, rief Hanna aus dem Wohnzimmer. »Es ist schon halb zwei!«
»Oh ja,
danke!« Ich rannte die Kellertreppe hinab, um meine Tennissachen zu suchen.
Zehn Minuten später schnappte ich meine Jacke von der Garderobe und rief:
»Tschüss, Hanna, ich muss mich beeilen, die Spülmaschine räume ich dann später
ein.«
»Ist
gut, bis später!«
Vor drei Jahren, direkt nach
unserer Hochzeit, hatte mein alter roter Volvo nach über 20 Jahren treuen
Diensten seinen Geist aufgegeben. Er hatte uns gerade
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