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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Jacobi mit einer großen Tüte in der Hand, ihr gegenüber ein Mann mit einem Megafon. »Achtung, meinName ist Alf Urbich. Ich bin Vorstandsmitglied bei der AlumIn-Terra und ich muss … ich möchte ein Geständnis ablegen!«
    Nicht alle Menschen ringsherum bekamen mit, was da eben geschah, doch einige blieben stehen, stießen sich gegenseitig an, lauschten aufmerksam, zückten die Kameras und filmten. Wencke erkannte den einen oder anderen von ihnen wieder, sie hatten neben ihr in der Hallgrímskirkja und im Hotel Borg gesessen.
    »Es geht um ein Geschäft«, schallte es über die Wasserschlucht hinweg. »Ein Geschäft, das wir vor zwanzig Jahren getätigt haben und auf dem der Reichtum unseres Konzern noch heute im Wesentlichen basiert …«
    War das wirklich alles, worauf es hinauslief? Ein öffentliches Geständnis, mehr nicht? Wencke misstraute dieser Harmlosigkeit ganz und gar. Denn sie hatte auch Jarle dort drüben bei den anderen erkannt. Und sie war sicher, dieser Mann wollte weit mehr als nur ein paar wahre Worte.
    Sie sah sich um. Mist! Es schien wirklich nur diese eine Brücke ganz hinten an der Straße zu geben. Das hieß, sie musste tausend Schritte laufen, um eine Distanz von wenigen Metern Luftlinie zu überwinden. Und sie musste schnell genug sein!
    Sie rannte los, und ihre Beine schmerzten, ihre Arme und der Bauch, eigentlich alles. Kein Wunder, wer noch nie auf einem Pferd gesessen hatte und dann direkt eine halbe Nacht durchritt, um wieder unter Menschen zu sein, bei dem protestierte jeder Muskel völlig zu Recht. Es musste schon nach fünf gewesen sein, als sie endlich einen bewohnten Hof erreicht hatte. Bis das Taxi sie von dort abgeholt und in die nächstgrößere Stadt namens Egilstaðir gebracht hatte, saßen die isländischen Familien bereits an den Frühstückstischen. Zum Glück hatte sie auf dem Höllenritt genügend Zeit gehabt, sich zu überlegen, wohin genau sie eigentlich wollte. Sie hatte das Symposiumsprogrammmit der kleinen Landkarte zum x-ten Mal herausgekramt, weil sie immer mehr fürchtete, sich auf dem Weg ins Nirgendwo zu befinden, da war ihr Blick auf den heutigen Programmpunkt gefallen: Am 17. Juni um 9 Uhr erwartet Sie eine Führung am Goðafoss, jenem sagenumwobenen Wasserfall, an dem einst der Gode Þorgeir seine falschen Götzenbilder den Fluten überließ. Wencke erinnerte sich sofort an die Geschichte, Lena Jacobi hatte sie ihr kurz nach der Ankunft in Island erzählt. Genau dort musste sie suchen! Ein mystischer Ort wie dieser war sicher nach Jarles Geschmack …
    Ihre Schuhe knirschten auf dem steinigen Pfad und sie hatte schon fast die Brücke erreicht – aber auch das Ende ihrer Kräfte. Ihr ging die Puste aus. Sie hatte seit einer Woche kaum geschlafen, hatte ihr Hirn bis zum Zerspringen beansprucht, und jetzt wollte sie auch noch einen neuen Rekord im Querfeldeinrennen aufstellen.
    Urbich erzählte  – soweit Wencke es überhaupt verstehen konnte – stockend von Jans Entführung, Götzes Forderung, der missglückten Übergabe und dem Leichenfund auf dem Charlottensee. »Es war so … eventuell … ja, wir waren schon erleichtert, dass Hüffart seine Pressekonferenz zum Verkauf der Kreuma-Werke nicht abgehalten hat …«
    Fast wäre Wencke gegen das Drehkreuz gerannt, mit dem sie an der Brücke abgebremst wurde. Sie stieß sich den Hüftknochen am Metall, egal, sie rannte weiter. Es würde ohnehin nicht besser werden, selbst wenn sie ab jetzt auf allen vieren kroch, mit ihren offenen Händen und dem Muskelkater in Schultern und Beinen. Vier Stunden festgekrallt an der Mähne eines Pferdes, da ist man einfach wie gefoltert, wie einmal auseinandergerissen und wieder schief zusammengebaut. Also konnte sie auch genauso gut rennen, weh tat es sowieso.
    »Ich gebe zu … Götze als Entführer war so etwas wie … der ideale Bösewicht. Wir hielten ihn auch tatsächlich für den Mördervon Jan, außerdem waren wir froh, schnell einen Täter zu präsentieren …«
    Jetzt war Wencke fast da. Sie erkannte Hüffart in seinem Rollstuhl, Silvie daneben, beide einander zugewandt, als hätten sie mit dem Rest der Welt rein gar nichts mehr zu tun. Sie schienen miteinander zu reden. Zu streiten? Hüffart gestikulierte wild, bis Silvie ihre Hände auf die seinen legte und eindringlich auf ihn einredete, leise und wahrscheinlich unverständlich für die anderen.
    Das war seltsam, wirklich, Wencke fehlte jedoch die Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Das Gelände wurde

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