Götterschild
doch eine wichtige Rolle gespielt. Er nahm sich vor, mehr darüber herauszufinden, denn der bevorstehende Feldzug war ihm zwar willkommen, trotzdem hegte er inzwischen ein gewisses Misstrauen dem Citarim und dessen Motiven gegenüber. Arden hatte festgestellt, dass das einzige Mittel, welches ihn davor bewahrte, von den Priestern an der Nase herumgeführt zu werden, die Aneignung zusätzlichen Wissens darstellte. Hierzu empfahlen sich natürlich weitgehend neutrale Quellen, also vor allem Bücher aus der Feder nicht kirchlicher Verfasser.
Arden war jüngst auf einen wahren Schatz solcher Werke gestoßen. Offenbar hatte König Techel, oder wahrscheinlich eher dessen belesener Berater Abak Belchaim, große Mengen an Schriftstücken gehortet. Aufgrund ihrer raschen Flucht aus Tilet nach Techels Entmachtung war es ihnen anscheinend nicht möglich gewesen, die ganze Bibliothek mitzunehmen, und so blieb das meiste davon in den Beraterquartieren zurück. Weil diese Räumlichkeiten in einem abgelegenen Trakt des Palasts von Tilet lagen und noch dazu recht karg eingerichtet waren, hatte sich lange Zeit niemand von den neuen Machthabern dafür interessiert. Arden war dann kurz vor seiner Reise nach Tanduco aus reinem Zufall darauf gestoßen und hatte diese reichlich chaotische Bibliothek in seine Privatgemächer bringen lassen, um sie vor dem priesterlichen Zugriff zu schützen.
Jetzt stellte sie seine wichtigste Waffe dar im Kampf gegen die kirchliche Bevormundung, auch wenn ihm dies selbst gelegentlich recht merkwürdig erschien, da er bislang so gut wie nie freiwillig ein Buch in die Hand genommen hatte. Aber außergewöhnliche Umstände erforderten eben auch außergewöhnliche Methoden, hatte er beschlossen. Arden war sogar bereit, aus Büchern zu lernen, wenn er damit das Gefühl loswerden konnte, wie eine ahnungslose Holzpuppe an unsichtbaren Schnüren umhergezerrt zu werden. Denn das Schlimmste daran, als Marionettenkönig verspottet zu werden, war, dass dieser wenig schmeichelhafte Titel die Wahrheit äußerst präzise wiedergab, wie sich Arden eingestehen musste.
Als Arden die Tore seines Palasts erreichte, stießen die Wachen, sobald sie ihn erkannten, eilig die Türen auf. Er lächelte ihnen freundlich zu. Die Soldaten reagierten zwar nicht auf diese ungewöhnliche Aufmerksamkeit, die ihnen von ihrem Herrscher geschenkt wurde, aber Arden war sich sicher, dass seine Freundlichkeit in solchen Situationen ihre Wirkung auf Dauer nicht verfehlen würde. Denn er hatte es schon immer verstanden, Menschen für sich einzunehmen, und zwar nicht erst, seit er das mächtige Schwert des Ecorim führte. Er brauchte so viele Verbündete wie möglich, wenn er das Gängelband der Kirche abstreifen und ein selbstbestimmter Regent werden wollte. Die einfachen Soldaten boten sich dafür besonders an, denn auf ihre Treue würde er sich verlassen müssen, sollte er eines Tages den Weg des Citarim nicht länger mitgehen wollen. Aber noch war es nicht so weit. Schließlich sah es momentan ganz danach aus, als gedachte der Kirchenfürst Arden Erenor zum mächtigsten Herrscher aller Zeiten zu erheben.
Die beiden Ochsen trotteten gutmütig neben Arton her, während sie den schwer beladenen Wagen die sanft ansteigende Passstraße hinaufzogen. Der Krieger genoss die Ruhe und Abgeschiedenheit dieser Gebirgswälder, durch die er sich gerade bewegte, und er konnte gut verstehen, warum sich die Themuraia hier wohlfühlten. Inzwischen fand er sich in dieser Region des Corthadums schon einigermaßen zurecht, schließlich streifte er schon seit vielen Tagen über die bewaldeten Hochebenen, ständig auf der Suche nach neuen Bauten der Wurzelbälger, die sich hier überall verbargen. Arton schätzte ihre Zahl auf mindestens zehntausend und sobald er sie gefunden und eine Verbindung zu ihnen hergestellt hatte, würde er sie auch aus einiger Entfernung rufen können, sobald die Zeit gekommen war. Die Kreaturen verstanden es, sich weit schneller als jedes Menschenheer durch das unwegsame Gelände zu bewegen, folglich würden sie in nur einem einzigen Tag bis in die Ebene von Arch Themur hinab gelangen können.
Bei dem Weg, dem er gerade folgte, handelte es sich um eine sonst nur von zwielichtigen Händlern und Abenteurern genutzte Passstraße, die eine der wenigen Verbindungen zwischen Skardoskoin, den gesetzlosen Schmugglerhäfen am Nordufer des Quasul-Jak und den endlosen, größtenteils noch unerforschten Gebieten westlich des Corthadums
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