Götterschild
seelenruhig.
Malun runzelte die Stirn. »Wer sagt das?«, erkundigte er sich in einem Tonfall, der eine merkliche Anspannung verriet.
»Das ist mir so zugeflogen«, erwiderte Arden und musste über seine Anspielung schmunzeln. Eigentlich hatte er den Worten des kleinen Eindringlings namens Rai, der die Gefangenen in dem Heerlager vor Tanduco befreit hatte, zunächst wenig Beachtung geschenkt. Schließlich stammten sie von irgendeinem Unbekannten, der alles Mögliche hätte behaupten können. Doch die Möglichkeit, dass Arton noch am Leben war, konnte Arden fortan nicht mehr aus seinen Gedanken verbannen. Die Reaktion des Citpriesters auf seine Vermutung trug dazu bei, dass Arden Rais Aussage mehr und mehr Glauben schenkte. Was er aber als noch viel bemerkenswerter empfand, war das Gefühl der Erleichterung – die Erleichterung darüber, dass Arton möglicherweise noch am Leben war. Er fragte sich, ob es wohl an seiner Einsamkeit lag, dass ihm selbst die Gesellschaft seines mürrischen Halbbruders verheißungsvoll erschien.
In diesem Moment wurde die Sänfte mit einem Ruck abgesetzt und einer der Träger verkündete vor den zugezogenen Vorhängen der Kabine in unaufdringlicher Lautstärke, dass sie vor dem Cittempel angekommen wären.
»Ich werde diesen Gerüchten natürlich nachgehen«, versicherte Malun, »wenngleich Ihr mir dies erheblich erleichtern könntet, wenn Ihr verraten würdet, von wem Ihr eine solche Behauptung vernommen habt.« Er setzte eine besorgte Miene auf. »Ich will nichts vorwegnehmen, aber ich bin mir doch recht sicher, dass daran kein wahres Wort ist, und in diesem Fall halte ich es für erforderlich, diesem Lügner möglichst rasch Einhalt zu gebieten.«
Arden hob abwehrend die Hände. »Das wird nicht notwendig sein«, meinte er lächelnd, »ich werde mich selbst darum kümmern.« Er schickte sich an, aus der Sänfte zu steigen.
»So wartet doch, bitte! Meine Träger werden Euch selbstverständlich bis zum Palast bringen, Majestät«, bot Malun großzügig an.
»Nun seid nicht albern«, gab Arden zurück und kletterte nach draußen. »Ich muss nur einmal quer über den Platz gehen, dann bin ich beim Palast. Gönnen wir Euren Männern eine Atempause, sie hatten an uns beiden ohnehin schwer genug zu tragen.« Er klopfte dem nächsten Sänftenträger ungezwungen auf die Schulter, was der Mann staunend hinnahm. »Ach, bevor ich es vergesse«, wandte sich Arden noch einmal an Malun. »Wann werden wir denn nun endlich aufbrechen in Richtung Norden?«
»Wir müssen noch auf die Truppen aus Etecrar warten«, antwortete Malun, »die eigentlich in den nächsten Tagen eintreffen sollten. Einige Spezialeinheiten führen Tiere mit sich, die für die Jagd auf Drachen wie geschaffen scheinen. Ihr werdet begeistert sein.«
»Aha«, meinte Arden und zog die Augenbrauen in die Höhe. »Meint Ihr damit vielleicht diese Flugwölfe, die in Kersilon beheimatet sind?«
Mit diesen offenbar unvermuteten Kenntnissen gelang es Arden zu seiner großen Freude, Malun erneut in Staunen zu versetzen. »In der Tat, Eure Majestät«, bestätigte dieser, »ich hatte nicht damit gerechnet, dass Euch diese Kreaturen vertraut sind.«
Arden winkte ab, als wäre das etwas ganz Selbstverständliches. »Hoffen wir nur, dass sich der Drache dann auch aus seiner Höhle herauswagt«, bemerkte Arden spöttisch, »wenn all unsere Truppen davor aufmarschiert sind. Sollten wir diesen großen Schrecken der Lüfte nämlich erst noch in seinem Bau aufspüren müssen, haben wir ganz umsonst auf die fliegende Verstärkung aus Etecrar gewartet!«
Malun schüttelte den Kopf und er wurde ungewohnt leise: »Ich kann Euch versichern, dass das Aufspüren des Drachen kein Problem sein wird, Majestät. Ganz im Gegenteil. Er wird uns finden.«
Arden stutzte. War das Furcht in der Stimme des Priesters? »Habt Ihr den Drachen schon einmal gesehen?«, fragte Arden, dessen Neugier geweckt war.
»Nicht doch, Cit bewahre!«, rief Malun aus. »Aber ich kenne die Überlieferungen und das genügt mir.«
»Ich verstehe«, meinte Arden ein wenig enttäuscht. Sagen und Legenden kannte er selbst genug. »Ihr werdet es mich ja sicherlich wissen lassen, wenn die Etecrari eingetroffen sind. Bis dahin verlasse ich mich auf Euch, dass alle Vorbereitungen zum Abmarsch getroffen werden. Einen schönen Tag noch, Malun.«
»Cit mit Euch, Majestät«, grüßte der Priester sehr viel förmlicher als der König.
Arden nickte ihm zu und machte sich auf den Weg
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