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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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davon auszugehen war, dass eine solche Beflaggung in diesem Teil des Landes weniger Tarnung als ein Grund für unerwünschte Aufmerksamkeit sein würde. Während sie noch unter der Sonne Etecrars gehörig ins Schwitzen geraten waren, hatte es hier oben im Norden der noch junge Frühling gerade einmal geschafft, Land und Wasser von seinem Mantel aus Eis zu befreien und dem Boden das erste Grün zu entlocken. Das bisher einzige Mal in seinem Leben war Rai deshalb in den Genuss gekommen, auf dem Meer treibende Eisschollen zu bewundern.
    Belena konnte die Aufregung wegen des sehnlich erhofften Wiedersehens mit ihrer Tochter kaum noch verbergen und lehnte sich bisweilen so weit über die Reling, dass Rai schon befürchtete, sie wolle vor lauter Ungeduld ins Wasser springen, um an Land zu schwimmen. Meatril und Targ machten dagegen einen eher reservierten Eindruck, was Rai angesichts der traurigen Umstände, unter denen sie heimkehrten, gut verstehen konnte. Erfreulich für Rai war, dass auch Selira wieder an Deck erschien, denn sie hatte sich während der Überfahrt sehr rar gemacht und war die meiste Zeit in ihrer Kajüte geblieben. Offenbar zog sie es immer noch vor, mit ihren Problemen alleine fertig zu werden, aber vielleicht war es auch etwas voreilig von Rai zu erwarten, dass sie bei der Bewältigung der zurückliegenden Ereignisse auf seine Unterstützung vertrauen würde. Immerhin hatte es zwischen ihnen seit dem Besuch in Nalesch keinen einzigen Streit mehr gegeben, was einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt darstellte. Rai musste eben abwarten, wie sich ihre Beziehung weiter entwickelte, allerdings gehörte Geduld nicht gerade zu seinen Tugenden, besonders nicht, wenn es um Selira ging.
    »Dort hinten hat die Kriegerschule gestanden«, erklärte Meatril und wies in die entsprechende Richtung. »Bevor sie abbrannte, konnte man sie schon vom Hafen aus sehen.« Bedauernd schüttelte er den Kopf. »Ich hatte gehofft, das Gebäude wäre wieder aufgebaut worden, aber offensichtlich hat sich dort, seit wir von hier fort sind, nicht viel getan.«
    »Ich hätte auch vermutet, dass sich Daia und Tarana darum gekümmert haben«, pflichtete ihm Targ bei. »Die nötigen Geldmittel aus Maralons Nachlass waren doch vorhanden, oder nicht? Tarana wird ja wohl kaum immer noch im Ratsgebäude wohnen und ihr Kind dort großziehen.«
    Meatril warf seinem Schwertbruder einen sorgenvollen Blick zu. »Bisher sind wir immer davon ausgegangen, dass Tarana sich von ihrer Verwundung bei Königswacht gut erholt hat. Was, wenn das nicht stimmt?«
    Targs Augen weiteten sich. »Daran darfst du nicht denken«, entgegnete er energisch. »Wir haben schon zu viele Gefährten verloren, Tarana ist sicher wohlauf. Sonst hätten wir davon erfahren, meinst du nicht? Daia hätte uns bestimmt eine Nachricht zukommen lassen.«
    »Daia wusste nicht, wo wir sind«, widersprach Meatril, »und schließlich haben auch wir unsere schlechten Nachrichten bis jetzt für uns behalten.«
    Targ begann, nervös mit den Fingern auf der Reling herumzutrommeln, und sah zum Kai hinüber, so als hoffe er, dort vielleicht Daia und Tarana zu entdecken. Da fiel sein suchender Blick plötzlich auf einen eleganten kleinen Segler, der etwa drei Bootslängen entfernt vertäut lag.
    »Da ist ja die Ecorimsstolz!«, rief er voller Überraschung und deutete auf das Schiff. Gleich draufmachte sich Bestürzung auf seinem Gesicht breit. »Seht ihr, was da für eine Fahne am Schiff unserer Kriegerschule hängt? Das ist blanker Hohn!«
    Alle folgten mit den Augen Targs Finger zur Spitze des Masts. Dort prangte auf einem schneeweißen Leinen das goldene, vierstrahlige Sonnensymbol der Citkirche.
    »Ich habe so das Gefühl«, ließ sich Rai vernehmen, »euer Seewaith ist nicht mehr ganz so, wie ihr es verlassen habt. Auch hier scheint der Einfluss der Citpriester erheblich gewachsen zu sein.«
    »Trotzdem kann die Kirche doch nicht einfach das Schiff der Kriegerschule Ecorim konfiszieren«, grollte Targ. »Mit welcher Begründung?«
    »Seit der Citarim sozusagen mit Arden auf dem Thron sitzt«, erwiderte Meatril verbittert, »haben es die Priester des Himmelsauges offensichtlich nicht mehr nötig, sich für irgendetwas zu rechtfertigen. Sie tun einfach, was ihnen gefällt, denn wer würde es wagen, sich ihnen zu widersetzen? Ich hätte allerdings nicht gedacht, dass sie auch hier in Seewaith schon so präsent sind. Das bedeutet, dass wir sehr vorsichtig sein müssen.«
    »Glaubst du

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