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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Aufgabe, die Befehle seines Vorgesetzten auszuführen, dieses stutzerhaften Gecken, Commander Scott. Emerson würde tun, was man ihm befahl.
    »In welches Gefängnis werde ich gebracht?«
    »Ins Marshallsea.«
    Hunter fand das aberwitzig und musste lachen. »Ich kenne den Oberaufseher vom Marshallsea.«
    »Nicht mehr, leider. Der Oberaufseher ist neu. Einer von Hackletts Männern.«
    »Verstehe.«
    Hunter sagte nichts weiter. Er lauschte den Ruderschlägen im Wasser und sah Fort Charles näher kommen.
    Sobald er in der Festung war, stellte er beeindruckt fest, welche Bereitschaft und Wachsamkeit die Soldaten an den Tag legten. Früher waren von den Wachposten auf den Zinnen von Fort Charles nicht selten etliche betrunken gewesen und hatten schmutzige Lieder gegrölt. Heute Morgen war niemand betrunken, und die Männer trugen alle ordentliche Uniformen.
    Hunter wurde von einem Trupp bewaffneter und aufmerksamer Soldaten in die Stadt geführt, durch die Lime Street, in der es nun ungewöhnlich still war, und dann nach Norden die York Street hinunter, vorbei an dunklen Schenken, in denen um diese Zeit normalerweise warmes Licht brannte. Die Stille in der Stadt, die Leere auf den schlammigen Straßen, war auffällig.
    Marshallsea, das Männergefängnis, lag am Ende der York Street. Es war ein wuchtiges Steingebäude mit fünfzig Zellen auf zwei Stockwerken. Im Innern stank es nach Urin und Kot. Ratten huschten durch die Binsen, mit denen der Boden bedeckt war. Die Männer in den Zellen starrten Hunter aus hohlen Augen an, als er im Fackellicht zu einer Zelle geführt und eingeschlossen wurde.
    Er schaute sich in der Zelle um. Sie war völlig leer; weder Bett noch Pritsche, bloß Stroh auf dem Boden und ein hohes, vergittertes Fenster. Durch das Fenster konnte er eine Wolke sehen, die an der Mondsichel vorbeischwebte.
    Als die Tür klirrend hinter ihm zufiel, drehte er sich um und sah Emerson an. »Wann wird mir wegen Piraterie der Prozess gemacht?«
    »Morgen«, sagte Emerson und wandte sich ab.
     
    Der Prozess gegen Charles Hunter fand am Samstag, dem 18. Oktober 1665 statt. Für gewöhnlich tagte das Gericht nicht an Samstagen, machte bei Hunter jedoch eine Ausnahme. Das erdbebengeschädigte Gebäude war nahezu leer, als Hunter hineingeführt wurde, allein, ohne den Rest seiner Besatzung, und sich einem Tribunal von sieben Männern gegenübersah, die an einem Holztisch saßen. Den Vorsitz hatte Robert Hacklett höchstpersönlich in seiner Eigenschaft als Stellvertretender Gouverneur der Kolonie Jamaika inne.
    Hunter musste aufstehen, während die Anklage verlesen wurde.
    »Hebt die rechte Hand.«
    Er gehorchte.
    »Ihr, Charles Hunter, Ihr und jedes Mitglied Eurer Besatzung werdet durch die Ermächtigung unseres gnädigen Herrschers, Charles, König von Großbritannien, wie folgt angeklagt.«
    Eine Pause entstand. Hunter ließ den Blick über die Gesichter wandern: Hacklett, der ihn finster ansah, mit dem leisen Anflug eines süffisanten Lächelns; Lewisham, Richter der Admiralität, dem sichtlich unbehaglich zumute war; Commander Scott, der sich mit einem goldenen Zahnstocher in den Zähnen pulte; die Kaufleute Foster und Poorman, die Hunters Blick geflissentlich auswichen; Lieutenant Dodson, ein reicher Offizier in der Miliz, der an seiner Uniform herumzupfte; James Phips, Kapitän eines Handelsschiffes. Hunter kannte sie alle, und er sah ihnen an, wie unwohl sie sich fühlten.
    »In offener Missachtung der Gesetze Eures Landes und der hoheitlichen Bündnisse Eures Königs habt Ihr Euch frevelhaft zusammengeschlossen mit dem Ziel, den Untertanen und Besitzungen Seiner Höchst Christlichen Majestät Philipp von Spanien zu Wasser wie zu Lande Schaden und Verdruss zu bereiten. Und Ihr habt Euch mit den bösesten und verderblichsten Absichten zu der spanischen Siedlung auf der Insel Leres begeben, um dortselbst jederlei Schiff, das zufällig Euren Kurs kreuzte, zu plündern und zu brandschatzen und zu berauben.
    Des Weiteren seid Ihr angeklagt, einen gesetzwidrigen Angriff auf ein spanisches Schiff in den Gewässern südlich von Leres verübt und selbiges versenkt zu haben, mit der Folge des Verlustes aller Seelen und Besitztümer, die sich an Bord des Schiffes befanden.
    Und schließlich seid Ihr angeklagt, dass Ihr und Eure Mannschaft bei der Ausführung Eurer frevelhaften Taten von dem Vorsatz geleitet wurdet, besagte spanische Schiffe und Hoheitsgebiete nach Kräften zu bedrängen und anzugreifen und die Untertanen

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